HCB-Bluttests: 25 Menschen über Referenzwert

Das Land hat am Freitag den Endbericht zu den HCB-Blutuntersuchungen im Görtschitztal veröffentlicht. Von 135 Getesteten haben 84 Prozent (rund 113) mehr HCB im Blut als der durchschnittliche Österreicher. Bei 25 Personen, darunter acht Kindern, wurde der Referenzwert überschritten.

Der Endbericht wurde vom Institut für Umwelthygiene an der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung des Umweltmediziners Michael Kundi erstellt und vom Umweltbundesamt, von Global 2000 und von Greenpeace begleitet. Dem Endbericht zufolge bieten die lebensmittelrechtlichen HCB-Grenzwerte keinen ausreichenden Schutz für bereits belastete Personen. Die Einzelbefunde wurden allen Betroffenen bereits im März übermittelt.

Referenzwert

Der Referenzwert ist jener Wert, der von 95 Prozent der Bevölkerung unterschritten wird. Er ist ein statistisch ermittelter Wert, der die Grundbelastung kennzeichnet. Er dient zur Beurteilung, ob Personen oder Personengruppen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung mit einem Schadstoff besonders stark belastet sind. (Quelle: Greenpeace).

135 Menschen wurden getestet

Insgesamt konnte festgestellt werden, dass die Werte bei 84 Prozent der 135 getesteten Menschen über dem österreichischen Durchschnittswert lagen. Die Notwendigkeit von weiteren Bluttests bei Kindern und jungen Erwachsenen, die Erkenntnis, dass die lebensmittelrechtlichen HCB-Grenzwerte für bereits belastete Personen keinen ausreichenden Schutz bieten, sowie konkrete Empfehlungen für die Betroffenen sind die wichtigsten Schlussfolgerungen des Reports.

HCB wurde über Nahrung aufgenommen

„Nach Auswertung aller Daten lassen sich ganz klare medizinische Aussagen treffen: Die betroffene Bevölkerung weist, auch wenn man die Hintergrundbelastung einrechnet, deutlich erhöhte HCB-Werte im Blut auf. Diese Aufnahme erfolgte fast ausschließlich über die Nahrung, sagte der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Signifikant erhöhte HCB-Werte haben sich sowohl bei Personen gezeigt, die in einem Abstand bis zu sieben Kilometer zum Zementwerk wohnen, als auch bei jenen, die häufig Produkte aus dem Görtschitztal konsumiert hatten.“

Endbericht zum Downloaden

Der Bericht steht auf der Homepage des Landes Kärnten unter Kärntner Landesregierung als Vollversion zum Download zur Verfügung.

Auf Basis der HCB-Messdaten in Futter- und Lebensmitteln und den nun vorliegenden Ergebnissen der Blutuntersuchungen kann ein eindeutiger Zusammenhang der festgestellten Belastungen mit den HCB-Emissionen bei Wietersdorfer hergestellt werden.

Keine akute Gesundheitsgefährdung zu befürchten

„Obwohl aufgrund der vorliegenden Messergebnisse eine unmittelbare, akute Gefährdung der Gesundheit nicht zu befürchten ist, haben Studien gezeigt, dass HCB als hormonell wirksamer Fremdstoff auch in niedrigen Konzentrationen bereits die Regulationsfähigkeit des Organismus einschränken und zu einer Belastung der Entgiftungs- und Stoffwechselvorgänge führen kann“, sagte Kundi und hielt fest: „Oberste Priorität aus medizinischer Sicht liegt deshalb darin, sicherzustellen, dass keine weitere HCB-Belastung der Menschen im Görtschitztal erfolgt.“

Zudem wird zu einer möglichen Unterstützung der beschleunigten Ausscheidung die Einnahme von Pflanzenölen wie Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Rapsöl, Olivenöl und Nussöl empfohlen. Die Ausnahme bildet wie bekannt Kürbiskernöl, vor dessen Konsum zum Zwecke der vermehrten Ausscheidung abzuraten ist.

Umweltreferenten-Tagung: Konsequenzen beim Bund

Der HCB-Skandal war am Freitag auch Thema bei der Tagung der Umweltreferenten mit Umweltminister Andrä Rupprechter in Pörtschach. Das Land Kärnten verlangt, dass die HCB-Grenzwerte in Nahrungsmitteln gesenkt werden. Außerdem sollen die Richtlinien für die Verbrennung von gefährlichen Abfällen in Industrieanlagen neu überdacht werden. Kärntens Umweltreferent Rolf Holub von den Grünen sagte nach der Tagung. „Wir haben jetzt eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich die gesamte Thematik ansieht, bei Industrieanlagen im Bereich der Ersatzrohstoffe: Sprich, was kommt da hinein, was gibt es für Grenzwerte? Aber auch bei Ersatzbrennstoffen – hier müssen unter Umständen die Bescheide konsolidiert werden. Ich darf erinnern: Bei Wietersdorf und Donauchemie haben wir an die 150 Bescheide und bis zu 1.000 Auflagen und wenn das nicht erneuert wird, gibt es immer wieder die Möglichkeit, hier Fehler zu machen.“

Aus den Fehlern der Kärnten HCB-Causa werde aber auch der Bund seine Konsequenzen ziehen, sagte Umweltminister Andrä Rupprechter von der ÖVP. „Wir werden das Thema sehr klar evaluieren müssen, wo wir auch auf Bundesebene Verbesserungsbedarf haben.“

Aktuelle HCB-Grenzwerte nicht sicher

„Der Bericht hat auch deutlich gemacht, dass die EU-weit geltenden HCB-Grenzwerte für Lebensmittel ganz und gar nicht sicher sind“, hieß es zuvor von Helmut Burtscher, er ist Umweltchemiker von Global 2000. Er forderte gemeinsam mit dem Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster die Bundesregierung auf, für eine Absenkung der bestehenden EU-Grenzwerte – insbesondere bei Milch und Fleisch – einzutreten. Es müsse sichergestellt werden, dass zum Schutz der Menschen im Görtschitztal nur HCB-freie regionale Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden. Derzeit weisen zumindest Milchprodukte aus anderen Teilen Österreichs keine HCB-Belastung auf, wie laufende Greenpeace-Beprobungen ergeben haben.

„Wie etwa aktuelle Butteranalysen zeigen, ist bei Milchprodukten aus anderen Teilen Österreichs HCB nicht nachweisbar. Das gilt auch für die Produkte der Sonnenalm-Molkerei, die vorerst Rohmilch aus der Steiermark bezieht und sich laufend Prüfungen unterzieht. Diese Produkte können auch von Personen mit erhöhten HCB-Werten im Blut bedenkenlos konsumiert werden“, sagte Schuster.

Prettner: Weitere Tests bei Erwachsenen und Kindern

„In einem weiteren Schritt wird ein laufendes Monitoring der bereits auf HCB getesteten Personen installiert, um Rückschlüsse auf den Abbau von HCB im menschlichen Organismus ziehen zu können“, erklärte Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ). „Zudem sollen nach einem positiven Votum der Ethikkommission auch zusätzliche Proben gewonnen werden, dies vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen“, so Prettner.

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