Kärnten trauert um Udo Jürgens

Der Tod des Kärntner Sänger und Komponisten Udo Jürgens hat in ganz Kärnten tiefe Betroffenheit ausgelöst. LH Peter Kaiser würdigte Jürgens als Weltbürger, der immer für „Unterhaltung mit Hirn“ gestanden habe. Ab Montag liegt im Klagenfurter Rathaus ein Kondolenzbuch aus.

Trotz sofortiger Wiederbelebungs-Maßnahmen sei er nach der Überführung im Krankenhaus in Münsterlingen (Kanton Thurgau) drei Monate nach seinem 80. Geburtstag verstorben, teilte Jürgens Management per Aussendung mit - mehr dazu in Udo Jürgens an Herversagen gestorben (news.ORF.at). Das Management- und Tourneeteam von Jürgens sei „geschockt und in großer Trauer“, hieß es in der Aussendung von Jürgens’ Manager Freddy Burger am Abend. Erst vor knapp drei Wochen hatte Jürgens den Auftakt seiner Österreich-Tournee „Mitten im Leben“ in der Salzburgarena gefeiert.

Bruder Manfred Bockelmann geschockt

Der in Kärnten lebende Bruder von Jürgens, der Maler Manfred Bockelmann, reagiert bestürzt über das Ableben seines Bruders. „Ich kann nicht fassen, dass es so plötzlich passiert ist“, sagte er am Sonntagabend der Austria Presse Agentur. Die Nachricht sei „ein großer Schock für die Familie“. Jürgens hatte Manfred Bockelmann mit seinem Lied „Mein Bruder ist ein Maler“ 1977 ein Denkmal gesetzt.

Kaiser: Unterhaltung mit Hirn

LH Peter Kaiser (SPÖ) zeigte sich Sonntagabend tief betroffen von Jürgens Ableben: „Ein Kärntner von Weltformat, ein einzigartiger Botschafter des Landes hat uns verlassen. Die Bühne war sein Leben, nun hat er sie für immer verlassen“. Mit Jürgens sei Kärntens international bekanntester Künstler und der größte Entertainer deutscher Sprache gestorben. Bis zuletzt sei der Weltbürger künstlerisch aktiv gewesen und habe den Menschen so viel Freude und Nachdenklichkeit geschenkt.

Udo Jürgens tot

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„Seine Lieder sind ohne Ablaufdatum, sie begleiten und begeistern mittlerweile schon fünf Generationen“, so Kaiser. Udo Jürgens sei immer für Unterhaltung mit Hirn gestanden, in seinen Liedern bekannte er immer Farbe. Oft habe er so den Finger auf Wunden gelegt und bittere Wahrheiten aufgezeigt. „Seine Werke sind eine Mischung aus ernster Nachdenklichkeit und ins Ohr gehender Melodien, sie treffen sehr oft mitten ins Herz“, sagte Kaiser.

Udo Jürgens tot

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Jürgens am 01.09.2014 bei der ZDF-Jubiläumsgala „Udo Jürgens - Mitten im Leben“ in Freiburg.

„Ein großer Verlust für Kärnten“

Von vielen Seiten gab es am Sonntag in Kärnten betroffene Reaktion über Jürgens plötzlichen Tod. So meinte ÖVP-Kulturlandesrat Christian Benger, Kärnten habe einen Menschen mit Star-Format verloren: „Seine Musik hat Generationen begleitet. Er ist unvergesslich!“ Jürgens habe Musikgeschichte geschrieben und sei sich und seinem Stil immer treu geblieben. Ein großer Kärntner Musiker und Humanist habe die Augen für immer geschlossen, sagte Rolf Holub von den Grünen. Jürgen habe sich auch stets für die Menschenrechte eingesetzt.

FPÖ-Obmann Christian Ragger würdigte Jürgens als herausragenden Künstler und Sympathieträger: „Sein Tod ist für Kärnten ein unermesslich großer Verlust. Er ist mit seinen Liedern in die Herzen von Millionen Menschen vorgedrungen.“ Team Stronach-Landesrat Gerhard Köfer sagte "Merci, für über tausend Lieder, die bleiben werden. Merci, für viele schöne Augenblicke. Udo Jürgens ist zwar gegangen, sein Werk wird aber bleiben.“ Die BZÖ-Abgeordneten Johanna Trodt-Limpl und Willi Korak sagten: „Ein außergewöhnlicher Musiker, Komponist und Kärntner, der mit seinen Texten und Melodien Generationen bewegte, hinterlässt eine tiefe Kerbe im Kulturgut von Kärnten und Österreich.“

Udo Jürgens tot

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Jürgens im Februar 1997 während eines Konzertes in Zürich.

Auch die Bundesregierung zollte dem Sänger Respekt und Anerkennung. Bundeskanzler Werner Faymann sagte, Jürgens sei nicht nur ein Botschafter Österreichs gewesen, er hätte auch stets politische Haltung bewiesen, indem er sich immer für die Demokratie stark gemacht habe.

Kondolenzbuch für Jürgens im Rathaus

Udo Jürgens war auch Ehrenbürger von Klagenfurt. Montagvormittag wird im Rathaus ein Kondolenzbuch für den verstorbenen Künstler aufgelegt. „Jürgens war nicht nur ein weltbekannter und einzigartiger Künstler, er war vor allem auch ein großartiger und von Toleranz geprägter Mensch“, sagte der Klagenfurter Bürgermeister Christian Scheider. Seine Heimat Klagenfurt und den Wörthersee habe er nie vergessen.

Erste Erfolge mit „Je t’aime“ und „Jenny“

In Klagenfurt wurde Jürgens als Udo Jürgen Bockelmann am 30. September 1934 geboren. Im elterlichen Schloss Ottmanach in der Gemeinde Magdalensberg wuchs er auf. Mit zehn Jahren wollte er der Hitlerjugend beitreten, „weil es geheißen hat, die Lehrer dürfen einen dann nicht mehr schlagen“. Doch sein Gastspiel bei der HJ blieb kurz, der zarte Bub war den Vorgesetzten nicht männlich genug. Bleibende Erinnerung an diese Zeit hatte er trotzdem, die Ohrfeige eines Jugendschaftsführers bescherte ihm am linken Ohr einen deutlichen Hörverlust.

Seine musikalische Laufbahn begann Udo Jürgens als Fünfjähriger mit einer Mundharmonika, schon als Zwölfjähriger beschloss er, dass er Musiker werden wollte und schrieb sich am Konservatorium in Klagenfurt ein. 1950 gewann er bei einem Komponisten-Wettbewerb des Österreichischen Rundfunks unter 300 Einsendungen mit dem Lied „Je t’aime“ als jüngster Teilnehmer den 1. Preis. 1959 erzielte er einen ersten Achtungs-Erfolg mit „Jenny“.

Udo Jürgens tot

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Udo Jürgens mit Sepp Prager in der ORF-Sendung „Prominente spielen ihre Lieblingsmelodien“.

Die Schattenseiten des Erfolges

Schon bald wurden Plattenfirmen und Manager auf das Songwriting-Talent aufmerksam. Er komponierte unter anderem für Shirley Bassey und Frank Sinatra. Sein Siegeszug als Solo-Künstler in der deutschsprachigen Musiklandschaft begann in den Sechzigern. „Merci Cherie“ machte ihn praktisch über Nacht zum Star. Der Erfolg stürzte ihn aber auch in eine tiefe Krise. Auch als Frauenheld machte sich der Schlagerstar einen Namen.

Sein musikalischer Erfolg blieb von seinen Eskapaden unberührt, bis zuletzt verkaufte er an die 100 Millionen Tonträger. Rund 1.000 Lieder komponierte Jürgens im Laufe seiner Karriere. Die Liste seiner Hits scheint unendlich lange, von „Griechischer Wein“ über „17 Jahr, blondes Haar“ und „Aber bitte mit Sahne“ bis zu „Es wird Nacht, Senorita“ und „Buenos dias, Argentina“ reicht die Palette. Dabei blieb er sich selbst bis heute treu, seine Kompositionen blieben weitgehend unberührt von Trends und Zeitgeist. Der Grundtenor seiner Texte war fast immer sozialkritisch, auch wenn einige seiner Lieder zu Bierzelt-Hymnen mutierten.

Udo Jürgens tot

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Jürgens im Februar 1968 bei den Proben zur Fernsehshow „Variete-Zauber“.

Seit 1977 lebte Udo Jürgens in Zürich, 2007 nahm er zudem die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Seine Heimat Kärnten besuchte er dennoch regelmäßig, auch seines Bruders Manfred Bockelmann wegen.