Umweltamt zu HCB: Leichte Entwarnung

Wie gefährlich ist die Belastung von Lebensmitteln mit dem Umweltgift Hexachlorbenzol im Görtschitztal tatsächlich für den Menschen? Vom Umweltbundesamt heißt es dazu, dass ausgehend von allen bisher vorliegenden Daten die Gefahr für die Bevölkerung nicht groß sei.

HCB und das Görtschitztal – eine Kombination, die österreichweit traurige Berühmtheit erlangt hat. Je mehr über den Umweltskandal publik wird, umso unverständlicher und verwirrender werden die Vorgänge rund um die Ursachen und Auswirkungen. Politik und Umweltbundesamt sind jedenfalls weiter bemüht, die Bevölkerung zu beruhigen: Die Auswirkungen der HCB-Belastung seien aus heutiger Sicht nicht gesundheitsgefährdend. Die Landessanitätsdirektion unter der Leitung von Elisabeth Oberleitner sammelt zur Zeit Befunde, Messergebnisse und Probenauswertungen. Diese werden laufend an die medizinische Universität in Wien geschickt. Dort ist Michael Kundi vom Institut für Umwelthygiene für die Risikoanalyse von HCB im Görtschitztal zuständig. Kundi erstellt im Auftrag des Landes ein Gutachten, in dem sowohl das Akut- als auch das Langzeitrisiko für die Bevölkerung eingeschätzt wird. Dieser Risikobericht soll nächste Woche fertig sein.

HCB: „50 Liter Milch am Tag wären gefährlich“

Zum momentanen Zeitpunkt sieht Kundi keine große Gefahr für die Menschen, denn der höchste gefundene Wert pro Kilogramm Milch sei 0,04 mg HCB gewesen. Kundis Schlussfolgerung: „Sie müssten davon ungefähr 50 Liter pro Tag trinken, damit eine gesundheitliche Gefährdung unmittelbar gegeben wäre. Das heißt jetzt nicht, dass man weiter so vorgehen kann, dass man nichts tut. Sondern es muss versucht werden, die Belastung der Bevölkerung zu minimieren.“

Die Sorge um die eigene Gesundheit ist in der Bevölkerung im Tal nach wie vor groß. Groß angelegte Untersuchungen aller Görtschitztaler hätten laut Umweltbundesamt keinen Sinn. Kommende Woche sollen erste Untersuchungen von Landwirten und deren Familien starten. Landessanitätsdirektorin Elisabeth Oberleitner sagte dazu: „Was vorrangig für uns wichtig ist, werden Beratungsgespräche sein. Denn diese werden es weisen, ob wir dann anschließend für jene Bürger, die danach noch Restängste nach den Gesprächen haben, Blutuntersuchungen anbieten.“ Bei Säuglingen oder Kleinkindern soll HCB in Urin- oder Stuhlproben nachgewiesen werden. Groß angelegte Untersuchungen aller Görtschitztaler machen laut Umweltbundesamt keinen Sinn.

Angrenzende Gemeinden werden untersucht

Nun wird vom Land abgeklärt, wie sehr Gemeinden außerhalb des Görtschitztals von HCB-Belastungen betroffen sein könnten. Der Untersuchungsbereich wurde vom Görtschitztal auf umliegende Gebiete ausgedehnt. Die akuten Untersuchungen gehen beinahe bis zum Klagenfurter Becken, sagte Albert Kreiner, der Krisenkoordinator des Landes: „Selbstverständlich ziehen wir in der Gemeinde Guttaring, Kappel am Krappfeld und Hüttenberg Lebensmittelproben. Hier soll die entsprechende Sicherheit entstehen, wir verändern unseren Beprobungsraster immer wieder aus Sicherheitsgründen. Es kommen immer wieder Randgebiete von anderen Gemeinden hinzu.“

Bodenzustand: Andere Regionen stärker belastet

Andere Regionen sollen stärker mit dem Umweltgift HCB (Hexachlorbenzol) belastet sein als das Kärntner Görtschitztal. Das sagte Landesveterinär Holger Remer am Dienstag. „Nicht im Görtschitztal wurden aktuell die höchsten HCB-Werte gemessen“. Um Vergleichswerte zu bekommen, werde nun auch andernorts die HCB-Belastung im Boden im Rahmen einer Bodenzustandsinventur kontrolliert. Welche Werte konkret im Görtschitztal oder anderswo gemessen wurden, werde derzeit nicht öffentlich bekannt gegeben, sagte Kreiner.

Das Zementwerk Wietersdorfer und Peggauer gilt als Haupt-Verursacher der kontaminierten Lebensmittel-Proben im Görtschitztal. Ob der Industriebetrieb jedoch der einzige Grund für die kontaminierten Lebensmittel ist bleibt unklar. Laufende Untersuchungen und Bodenproben sollen in den nächsten Tagen Klarheit bringen.

Politisches Hick-Hack zwischen Parteien

Politisch entwickelt sich der Umweltskandal jedenfalls zu einem Hickhack im Land, sowie auch zwischen Land und Bund. Bereits vor einigen Tagen wurde aus dem Umweltministerium und auch aus dem Landwirtschaftsministerium Kritik am Krisenmanagement des Landes Kärnten laut. Nun schießt die Grünen Chefin Eva Glawischnig nach. Sie kritisiert das Krisenmanagement, jedoch nicht ihren Landesrat Rolf Holub. „In so einer Situation passieren wahrscheinlich immer gewisse Fehler, es ist aber schon bemerkenswert, dass die Beamten nicht früher informiert haben. Ich denke aber, dass er jetzt mit dem Untersuchungsausschuss und auch mit der Schwerpunktsetzung, was die Beprobungen betrifft, einen guten Teil dazu beitragen kann, dass so etwas nie wieder passiert.“

Umweltlandesrat: Enttäuscht von eigener Abteilung

Holub bekräftigte am Montagabend einmal mehr, über die undurchschaubaren Vorgänge im Land und in seiner Umweltabteilung enttäuscht zu sein. „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich umfassend informiert worden bin und dass alle mir die Wahrheit sagen. Deshalb gibt es auch einige Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft und wurde natürlich auch ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Wir werden dann draufkommen, was alles passiert.“

Sonderkommission prüft Einhaltung der Bescheide

Am Dienstag traf sich eine Sonderkommission mit dem Umweltlandesrat zu einem Lokalaugenschein. Rund zehn Bedienstete der Landesregierung kontrollieren die Einhaltung der Bescheide der Altlastendeponie „K 20“ der Donau Chemie südlich von Brückl und jene der Deponie „K 5“.

Holubs Eindruck von der Deponie „K 20“ sei ein guter, sagte er der APA: „Es gibt ein klares Bild, wie was wann wo geliefert worden ist und welche Untersuchungen es gegeben hat. Jeder Kilo (HCB-haltiger Blaukalk, Anm.) wird gemessen, es war für mich sehr nachvollziehbar.“ Die abfallrechtliche Überprüfung der Bescheide durch die Experten werde noch etwas dauern. Nach der Deponie der Donau Chemie werde man sich das Zementwerk Wietersdorf anschauen, „wie die mit den Bescheiden umgegangen sind“. In Wietersdorf ist der Blaukalk verbrannt worden und dadurch offensichtlich das HCB (Hexachlorbenzol) in die Umwelt gelangt. Die politische Verantwortung wird der Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag zu klären haben. Die strafrechtliche Dimension wird das Gericht beschäftigen.

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