HCB in Milch: Warnung bekräftigt

Die Landesregierung hat am Freitag die bestehende Warnung vor dem Verzehr von Lebensmitteln aus dem Görtschitztal bekräftigt. Greenpeace hatte zuvor bekanntgegeben, dass Milch mit zu hohem HCB-Wert in den Handel geraten sei.

Die nun bekanntgewordenen Proben von Greenpeace wurden nach Angaben der Umweltschutzorganisation Ende November in einem Geschäft in Friesach gekauft und von der Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) Klosterneuburg untersucht. Greenpeace erhielt nach eigenen Angaben am Freitag die Testergebnisse. Von den drei Milch- und Topfenproben, die am 29. November gekauft worden seien, sei in zwei Proben Hexachlorbenzol (HCB) nachgewiesen worden. Greenpeace kritisierte, dass der Bevölkerung von den Behörden vermittelt wurde, es seien keine kontaminierten Milchprodukte in den Handel gekommen.

Grenzwert um das Doppelte überschritten

Konkret wurde HCB in einer Frischmilch der Marke Sonnenalm und in einer Topfenprobe desselben Herstellers nachgewiesen. Der Wert in der Milchprobe lag bei 0,021 mg/kg. Das ist das Doppelte des Grenzwertes von 0,01 mg/kg, heißt es in der Aussendung von Greenpeace. In der Topfenprobe lag der Wert bei 0,023 mg/kg. Frischmilch ist nicht lange haltbar, sie wurde also erst nach Bekanntwerden des HCB-Skandals abgefüllt", sagte Herwig Schuster, Chemiker von Greenpeace. Nur im Schärdinger Erdbeertraum aus der Bergland-Molkerei in Klagenfurt konnte kein HCB nachgewiesen werden.

Schuster zeigt sich von der Überschreitung der Grenzwerte überrascht. „Wir sind davon ausgegangen, dass in unseren Proben HCB nachweisbar ist, aber mit einer Grenzüberschreitung haben wir nicht gerechnet“, erklärte der Chemiker. Greenpeace fordert von der Kärntner Landesregierung, im Sinne des Vorsorgeprinzips den Verkauf aller Milchprodukte aus der betroffenen Region so lange zu stoppen, bis sichergestellt ist, dass sie verlässlich deutlich unterhalb des Grenzwerts mit HCB belastet sind.

LH Kaiser: Auf Entwarnung warten

Nach einer Krisensitzung am Freitagabend mit Regierungsmitgliedern und Fachbeamten, sagte Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), dass seit der ersten Krisensitzung am Montag von der Landesregierung alles Menschenmögliche getan worden sei. Seines Wissens sei die betroffene Charge schon zuvor in den Handel gelangt. „Was wir festgestellt haben, ist, dass wir die Warnung erneuern, dass keinerlei Lebensmittel - egal welcher Art - aus dem Görtschitztal in dieser Region konsumiert werden sollen, bis es nicht von den Experten der Landesregierung eine deutliche Entwarnung gibt.“

Auf die Frage, was man Kunden sagen könne, die das betroffene Produkt im Handel kaufen können, sagte Kaiser, dass das Produkt „im Zweifelsfall nicht zu konsumieren ist“. Kaiser wies darauf hin, dass die Proben, die bisher gezogen wurden „im wesentlichen okay seien“, Proben der verdächtigen Betriebe seien entsorgt worden.

Landesrat Christian Benger (ÖVP) hatte bisher ausgeschlossen, dass verseuchte Milch in den Handel gelangt sei. Auch die betroffene Molkerei versicherte stets, ihre Milch sei immer sauber gewesen. Nun sagte Benger, die betroffene Milchlieferung sei offenbar vor den amtlichen Proben des Landes in den Handel gekommen: „Ein bedauerlicher Fall. Dem müssen wir weiter nachgehen. Die Sache kann heute nicht vollständig geklärt werden, aber offenkundig ist, dass sie passiert ist.“

Bundesregierung um Unterstützung gebeten

Im Rahmen des Krisengipfels stellte Kaiser unmissverständlich klar, dass „schleunigst alles zu tun sei, um den Menschen im Görtschitztal Sicherheit und Vertrauen zu geben“. Um die Schlagzahl erhöhen zu können, wird Kaiser die Bundesregierung offiziell um Unterstützung bitten. „Wir brauchen zusätzliche Infrastrukturen, beispielsweise Messgeräte, ebenso auch mehr Personal“, so Kaiser, der die Probennahmen so weit wie irgend möglich ausdehnen will.

Umweltlandesrat Rolf Holub (Grüne) sagte: „Wir arbeiten Tag und Nacht, wir messen alles, wir brauchen jetzt auch Hilfe von außen. Wir haben zu wenig Personal, die Mitarbeiter werden schön langsam müde. Meine persönliche Einschätzung ist, dass das Schlimmste vorbei ist, das sind jetzt noch Altlasten. Wenn wir das Futter ausgetauscht haben werden, wird das Problem meiner Meinung nach - und das ist eine Meinung - beseitigt sein.“

Zusätzlich werden alle zur Verfügung stehenden Betriebsbücher der Donau Chemie AG ebenso wie der Wietersdorfer Zementfabrik genau geprüft, um zu ergründen, seit wann wie viel Blaukalk an-, bzw. abgeliefert und verbrannt wurde, sagte Kaiser. Auch Fichtennadelproben sowie Asche aus den Biomasseheizwerke, Fische und Klärschlamm werden verstärkt untersucht.

Blutuntersuchungen werden vorbereitet

Weiters wird auf Anordnung des Landeshauptmannes hin unter anderem ein Untersuchungskonzept für die verunsicherte Bevölkerung erarbeitet. „Das umfasst beispielsweise Blut- und Muttermilchtests aber auch Beratungsgespräche“, so Kaiser. Die Untersuchungen an Ort und Stelle sollen Anfang nächster Woche zur Verfügung stehen. In dem Bereich wird gerade an einer Koordination zwischen Bezirkshauptmannschaften, Amtsärzten, der KABEG sowie der AVS gearbeitet.

Gesundheitsreferentin Beate Bretter (SPÖ) kündigte für die kommende Woche zusätzliche ärztliche Untersuchungen im Görtschitztal an: „Unsere Schwerpunkte sind natürlich Mütter, die stillen, und Kinder, bei denen Sorge besteht, dass es zu Kontaminationen gekommen ist. Aber es betrifft die gesamte Bevölkerung. Jeder, der Angst hat, kann diese Untersuchungen machen lassen.“ Die Untersuchungen sollen gemeinsam mit Experten der Medizinuni Wien erfolgen.

FPÖ-Ragger: Experten einbinden

Eine erste politische Reaktion kam am Freitag von FPÖ-Landesparteiobmann Landesrat Christian Ragger. Er forderte den Rücktritt der zuständigen Landesräte Beate Prettner (SPÖ) und Rolf Holub (Grüne). Ragger sagte, es sei nun notwendig, externe Experten in das Krisenmanagement einzubinden. Jetzt gehe es schlichtweg um die Gesundheit der Kärntner Bevölkerung. Man müsse nun auch endlich großflächige biomedizinische Untersuchungen durchführen, sagte Ragger.

Team Kärnten: Details auf den Tisch

Landesrat Gerhard Köfer (Team Kärnten) sagte in einer Aussendung am Freitagabend, nun gehörten alle Details auf den Tisch. „Die Bevölkerung ist mündig genug, um die Gesamtheit des Skandals zu erfahren.“ Es gehe um einen „Umweltskandal und Politskandal, der nicht zu toppen ist“. Am Samstag verlangte auch Köfer die Einsetzung einer unabhängigen, externen Kommission, bestehend aus Experten des Gesundheits- und Umweltministeriums.

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