Causa Hypo: Wie alles begann

Am 10. Oktober 2016 hat der Kärntner Abwicklungsfonds bekanntgegeben, dass das Angebot an die Hypo-Gläubiger angenommen wurde. Damit ist Kärnten elf Mrd. Euro an Landeshaftungen los. Hier eine Chronologie:

1992: Die Kärntner Hypo wird unter Wolfgang Kulterer in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die Grazer Wechselseitige Versicherung (GRAWE) als Miteigentümerin geholt. Mehrheitseigentümer bleibt das Land Kärnten. Die Bilanzsumme liegt bei 1,87 Mrd. Euro. Die Expansion auf dem Balkan beginnt, gestützt von Haftungen des Bundeslandes Kärnten.

2005: Die Bilanzsumme liegt schon bei 24,23 Mrd. Euro, es kommt zur risikoreichen Kreditvergabe an Styrian Spirit unter Einfluss des FPÖ-Chefs Jörg Haider.

2006: Swap-Verluste werden bekannt. Die Bilanz von 2004 erweist sich im Nachhinein als negativ. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) zeigt den Bankvorstand (Kulterer, Günter Striedinger, Thomas Morgl) wegen Bilanzfälschung an. Kulterer wird Aufsichtsratschef. Die Investorengruppe rund um den deutschen Investor Tilo Berlin tritt mit 125 Mio. Euro ein.

2007: Verkauf von gut 50 Prozent der Hypo-Anteile an die BayernLB. Die GRAWE hält 26,45 Prozent, das Land 20 Prozent, die Hypo-Alpe-Adria-Mitarbeiterstiftung 3,33 Prozent und Berlin & Co. 0,22 Prozent. Ende November muss die BayernLB erstmals in ihre Kärntner Tochter gut 440 Mio. Euro frisches Kapital pumpen, die GRAWE knapp 160 Mio. Euro.

Später wird bekannt, dass der Steuerberater Dietrich Birnbacher als Gutachter beim Hypo-Verkauf an die BayernLB zwölf Mio. Euro kassieren sollte (später auf sechs Mio. Euro halbiert), die zu je einem Drittel an Birnbacher, ÖVP und FPÖ fließen sollten. Am Höhepunkt der Hypo-Expansion liegen die Landeshaftungen bei 24,7 Mrd. Euro, zuletzt bei 12,5 Mrd. Euro.

2008: Am 28. Oktober beginnt der erste Hypo-Prozess in Klagenfurt. Kulterer bekennt sich der Bilanzfälschung schuldig. Hypo erhält erstes Hilfspaket über 900 Mio. Euro vom Staat. Honorarverteilung wird publik. Der Anteil des Landes sinkt weiter und liegt nur noch bei 12,42 Prozent. Die BayernLB besitzt nun mehr als 67 Prozent.

2009: Berlin scheidet aus, Ex-ÖVAG-Chef Franz Pinkl übernimmt. Hausdurchsuchungen in Bayern und Kärnten: Die Münchner Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass die BayernLB um 400 Mio. Euro zu viel für die Hypo gezahlt hat. Die Hypo kündigt für das Jahr 1,5 Mrd. Euro Kapitalbedarf an. Die Hypo geht per Verstaatlichungsbeschluss an Österreich zurück. Ein zweites Hilfspaket von Kärnten wird gefordert. Nettoverlust 2008: 520 Mio. Euro. Es kommt zur Gründung der CSI Hypo.

2010: Nettoverlust 2009: 1,6 Mrd. Euro. Gottwald Kranebitter übernimmt von Pinkl den Vorstandsvorsitz. Der Untersuchungsausschuss zum BayernLB/Hypo-Debakel im bayrischen Landtag nimmt seine Arbeit auf.

2011: Um einen weiteren Milliardenverlust (2010) abzubauen, gibt es einen Kapitalschnitt. Der Bund muss einen Teil der Staatshilfen schon abschreiben. Erste Anklagen gegen Ex-Chefs der Bank. März: Beginn Styrian-Spirit-Prozess in Klagenfurt (Kulterer, Gert Xander und Albin Ruhdorfer) - Freispruch. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt veröffentlicht ein Gutachten: Das Birnbacher-Honorar sei 30-fach überhöht gewesen.

2012: Dritter Hypo-Prozess wegen Untreue in Liechtenstein-Geschäften (Kulterer, Striedinger, Gerhard Kucher und Hermann Gabriel): Es kommt zur Verurteilung zu drei bis vier Jahren Haft. Juni: Der Prozess gegen sieben ehemalige Vorstandsmitglieder der BayernLB (Landgericht München) beginnt - mit dem Vorwurf der Zahlung eines zu hohen Preises beim Kauf der Hypo Alpe-Adria.

Im Oktober werden Birnbacher, Martinz und die Vorstände der Kärntner Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, verurteilt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigt die Schuldsprüche zwei Jahre später. Martinz muss aber nur für viereinhalb statt fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Die Strafe des geständigen Birnbacher bleibt bei drei Jahren, zweieinhalb statt vorher zwei davon auf Bewährung. Megymorez und Xander müssen wie vom Landesgericht Kärnten geurteilt drei bzw. zwei Jahre ins Gefängnis.

Im Dezember erklärt die Bank Großkredite der einstigen Mehrheitsaktionärin BayernLB zu „Eigenkapital“. Die Hypo stellt die Tilgungen ein und eröffnet eine neue juristische Front mit den Bayern. Vor Weihnachten erhält die Hypo wieder 1,5 Mrd. Euro Steuergeld, um eine von den Aufsehern ermittelte Kapitallücke zu decken.

2013: EU-Kommission droht mit der Schließung der Hypo-Bank. Als Reaktion wird ein Abbauplan geliefert. Im Mai wird eine Taskforce für die Hypo installiert, für die Österreich-Bank wird mit indischen Investoren ein Käufer gefunden. Kranebitter tritt per August zurück.

2014: Am 10. Februar beschließt die Regierung, für die Hypo eine „Bad Bank“ („Anstaltslösung“) einzurichten. Eine Insolvenz der Bank wird nicht angestrebt, aber auch nicht ausgeschlossen.

Im Oktober ist die Hypo Geschichte, aus der alten Hypo wird eine ebenfalls staatliche Abwicklungsgesellschaft mit Namen Heta - mehr dazu in Als Bank begraben (news.ORF.at).

1. März 2015: Das österreichische Finanzministerium gibt bekannt, dass die „Bad Bank“ der Hypo abgewickelt wird. Alle Schuldenzahlungen wurden bis zum 31. Mai 2016 eingestellt. Davon sind neben der BayernLB auch zahlreiche andere Banken in Deutschland betroffen. In Österreich bangen die anderen Landes-Hypos und dadurch Bundesländer um Millionen.

Im Jahr 2016 folgen erste Klagen gegen diesen Schuldenschnitt - mehr dazu in Startschuss für Klagen (news.ORF.at). Experten raten Kärnten zu einem Konkursgesetz, die Insolvenz des Bundeslandes hängt im Raum und wird diskutiert.

März 2016: Ein erstes Angebot an die Gläubiger wird von der Mehrheit abgelehnt. Das Land wollte sich mit 1,2 Mrd. Euro an Bundeskrediten beteiligen - mehr dazu in Kaiser: Heta-Ablehnung „unverständlich“. Der Bund rückt deutlich von Kärnten ab und sagt, man sei aus dem Spiel.

Es kommt zu Gesprächen mit den Gläubigern und einem nachgebesserten Angebot, bei dem die Gläubiger bis 90 Prozent zurückerhalten. Kärnten bleibt bei einem Anteil von 1,2 Mrd. Euro - mehr dazu in Eckpunkte der Heta-Einigung mit Gläubigern. Mehr könne das Land nicht stemmen, so die Regierungskoalition. Der Rest kommt vom Bund. Am 10. Oktober steht fest, das nun für die Gläubiger bessere Angebot wird von den Gläubigern angenommen - mehr dazu in Heta: 98,71 Prozent Zustimmung der Gläubiger. Kärnten ist die Landeshaftungen los.