TDDL: Lob für den „Käfersammler“

Am letzten Lesetag der „37. Tage der deutschsprachigen Literatur“ (TDDL) waren noch vier Autoren an der Reihe. Für den Text über einen pubertierenden Käfersammler von Benjamin Maack fand die Jury durchwegs Lob.

Am letzten Lesetag ging es um ein Kind ohne Augen (Hannah Dübgen), eine Apokalypse (Roman Ehrlich) einen wohlwollend angenommenen Text über einen pubertierenden Käfersammler (Benjamin Maack) und Würmer im Essen (Nikola Anne Mehlhorn). Mehlhorn war die letzte Autorin der TDDL 2013 und wurde von Jury Steiner nominiert. Sie las den Text „Requiem der Vierzigjährigen“, der von der Jury sehr verrissen wurde.

Nikola Anne Mehlhorn

ORF/Johannes Puch

Nikola Anne Mehlhorn

Der Romanauszug beschreibt eine frustrierte Ehefrau und Mutter, die ihrem vegetarischen Ehemann heimlich Regenwürmer in die Spaghetti schummelt. Sie hatte als Musikerin begonnen und wurde dann Hausfrau, auch, weil sie keine Jobs mehr fand. Die Idylle des Grauens wird abrupt unterbrochen, als der Sohn bei einem Ausflug aus dem Kindergarten verschwindet. Ob er entführt wurde oder davongelaufen ist, wird wohl erst geklärt, wenn der Roman erschienen ist - mehr dazu in Diskussion Mehrhorn.

Nachmittag im Zeichen der Käfer des Dr. Mabuse

In „Wie man einen Käfer richtig fängt“ von Joachim Kaltenbach erzählt Benjamin Maack von einem Buben, der einerseits gerne Käferforschungen betreibt, andererseits gerade beginnt, seine Sexualität zu entdecken. Er geht in die Schule, gibt den abgeklärten Forscher, zugleich schleicht er sich auf die Mädchentoilette, um dort den gebrauchten Tampon eines Mädchens aus dem Mistkübel zu klauben und in seinem Käferglas zu verstecken. Das bringt ihn völlig durcheinander, er begräbt das Glas schließlich im Wald und glaubt, eine schlimme Tat begangen zu haben. Das Problem löst sich allerdings letztlich in Wohlgefallen auf.

Damit holte sich Maak große Zustimmung seitens der Juroren - mehr dazu in Diskussion Benjamin Maack.

Benjamin Maack

ORF/Johannes Puch

Benjamin Maack

Dübgen über ein Kind ohne Augäpfel

Hannah Dübgen und Roman Ehrlich hatten am dritten Lesevormittag bei den 37. Tagen der deutschsprachigen Literatur ihre Texte präsentiert. Dübgen (D) lebt in Berlin und studierte Philosophie, Literatur- und Musikwissenschaft in Oxford, Paris und Berlin. Als Dramaturgin arbeitete sie am Theater und an der Oper.

Hannah Dübgen

ORF

Hannah Dübgen

Die Autorin wurde von Juri Steiner zum Wettlesen um den Ingeborg Bachmann-Preis eingeladen und machte am Samstagvormittag den Leseauftakt mit ihrem Text „Schattenlider“ über ein kleines Mädchen, das durch einen Chromosomenfehler ohne Augäpfel auf die Welt kommt und welche Gedanken sich ihre Mutter macht. Als Form wählte sie die direkte Rede der Mutter an die Tochter.

Alle Videos „on demand“:

  • Die ausführliche Analyse der Juroren zu den einzelnen Texten, sowie die Autorenporträts und die Videos der Lesungen und Diskussionen finden Sie unter bachmannpreis.eu.
  • Auch das Video des Eröffnungsabends finden Sie „on demand“ unter bachmannpreis.eu

Die Jury fand die Geschichte anrührend, war sich aber ziemlich einig, dass die Du-Form, die direkte Ansprache der blinden Tochter durch die Mutter nicht funktioniert - mehr dazu in Diskussion Hannah Dübgen.

Ehrlich: Gibt es die Apokalypse?

Ebenfalls in Berlin lebt Roman Ehrlich (D), der zweite Autor, der am dritten Lesetag seinen Text vor Jury und Publikum präsentierte. Er studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin und wurde von Juror Paul Jandl nach Klagenfurt eingeladen. Er las einen Auszug aus „Das kalte Jahr“.

Die Apokalypse ist vorüber. Doch gab es überhaupt eine? Was es war, das die Welt so kalt gemacht hat, scheint aus dem Bewusstsein der Menschen in Roman Ehrlichs Text wie ausgelöscht. Der Ich-Erzähler nimmt einen kleinen Jungen namens Richard bei sich auf, der nicht über seine Herkunft redet, aber ständig an etwas Hochtechnischem herumbastelt. Eine Rohrbombe vielleicht? Das einzig eindeutige in dieser vielstimmigen Diskussion war laut Moderator Christian Androwitsch, dass die Jury - wie in den Tagen zuvor - kaum zu bremsen war. Ehrlichs Auswahl für Klagenfurt gefiel vielen Jury-Kollegen ausnehmend gut, wenn es auch Gegenstimmen gab - mehr dazu in Diskussion Roman Ehrlich.

Roman Ehrlich

ORF/Johannes Puch

Roman Ehrlich

Große Preisverleihung am Sonntag

Damit waren die 14 Lesungen abgeschlossen, Moderator Christian Ankowitsch dankte Jury und Publikum, und unter den Zuschauern begannen die Diskussionen über mögliche Preisträger. Klarheit darüber wird die Jurysitzung am Sonntag bringen. Ab 11.00 Uhr werden die Preisträger ermittelt. Auch die Verleihung wird live in 3sat übertragen.

Am Samstag konnten die Zuseher auf der Internetseite von 3SAT ihre Stimme für den Publikumspreis online abgeben. Das Ergebnis wird am Sonntag im Rahmen der Preisverleihung bekanntgegeben.

Tag 2: Positives Echo für Petrowskaja und Helle

Der zweite Lesetag bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2013 hat auch der zweiten Österreicherin im Bewerb, Cordula Simon, kein Glück gebracht. Gut angenommen - zumindest vom Publikum - wurde der Vortrag von Zé do Rock. Von der Jury viel gelobt wurde der Deutsche Heinz Helle.

Katja Petrowskaja kam als Letzte des zweiten Lesetages mit „Vielleicht Esther“ dran. Ihre Geschichte über eine Babushka wurde von der Jury durchwegs gelobt. Sie gilt als eine der möglichen Favoriten - mehr dazu in TDDL: Klare Favoritin am zweiten Tag.

Zwei Favoriten am ersten Lesetag

Am Donnerstag, dem ersten Lesetag, ging es um bayrisch-deftige Erbschleicherei, den Drang, ein Buch zu stehlen und Frauenfreundschaften. Die Jury zeigte sich angetan vom Text des Schauspielers Joachim Meyerhoff, auch Verena Günter fand viel Zuspruch - mehr dazu in TDDL: Zwei Favoriten am ersten Lesetag.

Jury

ORF/Johannes Puch

Eröffnung im Zeichen der Einstellungs-Diskussion

Die Debatte um die mögliche Einstellung des Wettbewerbs dominierte die Eröffnung der 37. Tage der deutschsprachigen Literatur am Mittwochabend im Klagenfurter ORF-Theater. In allen Wortmeldungen wurde das Weiterleben beschworen. Der Autor Michael Köhlmeier übte in seiner Klagenfurter Rede zur Literatur ausführlich scharfe Kritik am Wettlesen, um dann doch „gegen die Abmurksung“ zu protestieren, „so heftig ich nur kann“ - mehr dazu in Der 37. Ingeborg Bachmann-Preis ist eröffnet.

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