Kritik und Rücktrittsforderungen

Auf die Aussage Harald Dobernigs (FPK), wonach Mitglieder der slowenischen Volksgruppe keine „echten Kärntner“ seien - und die Ortstafellösung keine „Einstiegsdroge“ sein dürfe - folgten am Sonntag massive Kritik und Rücktrittsforderungen.

Kritik von allen Seiten gab es am Sonntag für die beim Festkonzert des Kärntner Abwehrkämpferbundes (KAB) getätigten Aussagen von FPK-Landesrat Dobernig zur Stellung der slowenischen Volksgruppe in Kärnten und der Lösung der Ortstafelfrage.

Dobernig hatte den Kärntner Slowenen laut der aktuellen Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ abgesprochen, „echte Kärntner“ zu sein und die Ortstafellösung als „Einstiegsdroge“ bezeichnet. Vertreter von SPÖ, ÖVP, Grünen, BZÖ und den Slowenen-Vertretern übten daraufhin scharfe Kritik - zum Teil inklusive Rücktrittsaufforderungen und dem Ruf nach Neuwahlen.

Schlagabtausch mit Slowenien

Der slowenische Botschafter in Wien, Aleksander Geržina, sah sich zu einem drastischen Vergleich veranlasst. „Diese Aussagen machen mich sprachlos. Dobernig und seine Kampftruppe verbreiten das Gedankengut einer Massenbewegung, die in den 30er-Jahren erfolgreich war“, sagte Geržina zur „Presse“ (Montag-Ausgabe).

Als Reaktion forderte FPK-Parteibomann Kurt Scheuch am Montag den Rücktritt Geržinas. Er sprach von „größter Frechheit“ eines offiziellen Vertreters eines anderen Landes, die Freiheitlichen in Kärnten mit einem totalitären Regime zu vergleichen. Scheuch forderte seinerseits eine Besserstellung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien.

Außenminister erbost

Am Montag meldete sich auch Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) zu Wort und sagte, von einem „Provinzpolitiker“ lasse er sich nicht das Verhältnis zu Slowenien schlecht machen. Spindelegger fährt am Dienstag zu einer länger geplanten Reise nach Slowenien und werde dort eine Klarstellung treffen, wenn das gewünscht werde.

Für Verteidigungsminister Darabos „rücktrittsreif“

Für Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) ist der Kärntner FPK-Landesrat nach dessen Aussagen zu den Kärntner Slowenen „rücktrittsreif“. Derartige Ansichten hätten „in einer Demokratie nichts verloren“, meinte Darabos am Montag in einer Aussendung.

Menschen ihrer Zweisprachigkeit wegen als „echte“ oder „unechte“ Angehörige einer Gemeinschaft zu klassifizieren, gehe in eine „überaus problematische Richtung“, betonte Darabos. „Die Qualität einer Demokratie misst sich mitunter an ihrem Umgang mit Minderheiten und Volksgruppen.“ Politische Repräsentanten einer Demokratie hätten daher die wichtige Aufgabe, diese Werte zu vermitteln und dafür zu werben.

Dobernig bekräftigte „Drogen“-Vergleich

Die FPK mit Obmann Kurt Scheuch und Klubobmann Gernot Darmann stärkte Dobernig den Rücken und nannte die Kritik „völlig überzogen“ und „scheinheilig“. Am Sonntag bekräftigte Dobernig seinen „Drogen“-Vergleich im Radio Kärnten Mittagsjournal, distanzierte sich aber von seiner Aussage, es gebe Slowenen und „richtige Kärntner“ - Mehr dazu in: Entrüstung: Dobernig rudert zurück.

LH Dörfer meldete sich vorerst nicht zu Wort

Den Ortstafelkompromiss hatte Landeshauptmann (LH) Gerhard Dörfler immer als einen seiner größten politischen Erfolge bezeichnet. Als Ende September eine Sondermünze mit der Aufschrift „Kärnten/Koroska“ erschien, empörte sich Dobernig, dass damit der Eindruck entstünde, ganz Kärnten sei zweisprachig.

Dörfler machte daraufhin dem zehnjährigen Kind, das mit dem Entwurf zur Sondermünze einen Wettbewerb gewonnen hatte, zu dessen Geburtstag seine Aufwartung. Eine Reaktion von Dörfler auf Dobernigs Aussagen gab es am Sonntag nicht.

Ostermayer: „Lernen Sie Geschichte, Herr Dobernig“

Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ), der ebenfalls Chefverhandler der Kärntner Ortstafellösung war, stellte sich am Sonntag „vehement gegen die menschenverachtenden Aussagen“ des FPK-Landesrates. „Die Ortstafellösung als ‚Einstiegsdroge‘ zu bezeichnen, ist an Absurdität nicht zu überbieten“, kritisierte er gegenüber der APA.

„Ich rate dem Landesrat: ‚Lernen Sie Geschichte, Herr Dobernig, und zeigen Sie mehr Respekt vor der Verfassung.‘“ Die Kärntner Slowenen seien „selbstverständlich Kärntner, jedoch mit dem großen Vorteil der Zweisprachigkeit und der Verankerung in zwei Kulturen“, so Ostermayer.

Integrationsstaatssekretär: „Wirklich dumm“

Für Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) sind die Aussagen des FPK-Landesrates „wirklich dumm“. „Sie sind schädlich für das Zusammenleben in Kärnten und auch in ganz Österreich - und ich frage mich wirklich, wer solche Aussagen braucht“, kritisierte er am Sonntag gegenüber der APA.

Waldner: „Schadet Ruf Kärntens extrem“

„Diese FPK-Aussagen, die zwiespältige Haltung mit Dobernig und Dörfler, schadet dem Ruf Kärntens extrem - und damit auch der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie beweisen die Notwendigkeit für Neuwahlen und einen Neustart in Kärnten“, sagte ÖVP-Landesrat Wolfgang Waldner - mehr dazu in ÖVP zu Dobernig: Horizont endet an Karawanken.

Obernosterer: „Erneuter Versuch, Kärnten zu spalten“

Laut Parteichef Gabriel Obernosterer sei es traurig, dass die Freiheitlichen immer noch nicht begriffen hätten, in welche Situation sie Kärnten gebracht hätten. „Und das Einzige, was ihnen für den Wahlkampf einfällt, ist wieder zu versuchen, die Menschen im Land zu spalten.“

ÖVP-Staatssekretär Lopatka: „Unentschuldbar“

Für Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) hat sich FPK-Landesrat Dobernig mit seinen „unentschuldbaren Äußerungen“ zur slowenischen Volksgruppe in Kärnten „völlig diskreditiert“. „Die Ortstafellösung in ein schlechtes Licht zu rücken, die Zweisprachigkeit negativ zu beurteilen, die slowenische Volksgruppe abzuwerten und damit unsere ausgezeichneten Beziehungen mit unseren Nachbarn aufs Spiel zu setzen, ist nicht vertretbar“.

SPÖ-Kaiser: „Erschreckend“ und „beschämend“

Als Erster zu den Aussagen Dobernigs zu Wort gemeldet hatte sich Kärntens SPÖ-Landesparteivorsitzender Peter Kaiser, der diese als „erschreckend“ bezeichnete. Die „wirtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen“ Kärntens mit Slowenien und auch Italien dürften nicht „leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden“, so Kaiser.

In einer SPÖ-Aussendung hieß es: „Es ist beschämend für Kärnten und ganz Österreich, wenn ein junger Mensch derart rückwärtsgewandt in der Politlandschaft fuhrwerkt - und offenbar darauf aus ist, jene Grenzen, die in der Realität längst niedergerissen wurden, zumindest in den Köpfen aufrechtzuerhalten.“

Grüne legten Dobernig Rücktritt nahe

Als „furchtbar scheußlich und völlig jenseitig“ bezeichnete Grünen-Landtagsabgeordneter Rolf Holub die Aussagen des FPK-Landesrates. Dobernig habe „bereits mit der Ablehnung einer zweisprachigen Münze bewiesen, wie eng sein politischer Horizont“ sei. Holub weiter: „Solche Aussagen haben 2012 in Kärnten nichts mehr verloren. Genauso wie die Bevölkerung wollen wir gemeinsam in die Zukunft gehen. Solche Aussagen haben in Kärnten keinen Platz mehr“. Er legte dem FPK-Landesrat den Rücktritt von allen Funktionen nahe.

Auch die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, meldete sich zu Wort. Die Aussagen Dobernigs seien nicht nur eine Attacke gegen die slowenische Volksgruppe, sondern gegen alle Kärntnerinnen und Kärntner, für die die Lösung der Ortstafelfrage ein Schritt in die richtige Richtung gewesen sei.

Slowenen-Vertreter: „Dieser Mann ist rücktrittsreif“

Ebenfalls mit Rücktrittsaufforderungen haben am Sonntag Vertreter der slowenischen Volksgruppe reagiert. Marjan Sturm vom Zentralverband der slowenischen Organisationen bezeichnete die Aussagen Dobernigs auf APA-Anfrage als „absurd“. „Dieser Mann ist rücktrittsreif. Mehr kann ich dazu nicht sagen, der muss zurücktreten“, so Sturm. Der Slowenen-Vertreter und Anwalt Rudi Vouk sagte: „Es ist erstaunlich, dass jemand, der so borniert ist, Landesrat sein kann. Es ist höchste Zeit für einen Rücktritt - sei es, weil ihn die Justiz dazu zwingt, sei es wegen solcher Aussagen. Kärnten hat sich etwas Besseres verdient als Politiker mit so dicken Brettern vor dem Kopf.“

Inzko fordert Rücktritt: Dem Amt nicht gewachsen

„Mit Entsetzen“ reagierte auch Valentin Inzko vom Rat der Kärntner Slowenen: Er wies auf die lange Siedlungsgeschichte von Slawen im Gebiet des heutigen Kärnten hin, diese seien also zweifelsohne „echte Kärntner“. Dass sich Dobernigs Name vom slowenischen „dob“, was übersetzt „Eiche“ bedeute, ableite, bemerkte Inzko nebenbei. Der FPK-Politiker habe mit seinen Attacken einmal mehr bewiesen, dass er das Land spalten wolle. Dobernig sei seinem Amt nicht gewachsen und solle zurücktreten, so Inzko in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

„Weiteren Schritte des Zusammenlebens“

Bezüglich der von Dobernig befürchteten über die Ortstafellösung hinausgehenden Forderungen der slowenischen Volksgruppe verwies Inzko auf das von Landeshauptmann Gerhard Dörfler 2011 unterzeichnete Memorandum. Dieses beinhalte „weitere Schritte im Sinne des Zusammenlebens“. Dort sei etwa auch eine systemische Finanzierung der kärntnerisch-slowenischen Musikschulen vorgesehen, gegen die Dobernig aktiv arbeite, so Inzko.

KHD-Feldner: Kein „einmaliger Ausrutscher“

Als „keinesfalls einmaligen Ausrutscher“ bezeichnete Josef Feldner die „gegen die slowenische Volksgruppe gerichteten Aussagen“ Dobernigs. Der Obmann des Kärntner Heimatdienstes erinnerte daran, dass Dobernig „die Kärntner Konsensgruppe als Nonsensgruppe verhöhnt“ und dem Heimatdienst für seinen Kurs in einer Aussendung „Verrat an den heimattreuen Kärntnern“ vorgeworfen habe. Während Dobernig den Abwehrkämpferbund -der die Ortstafelregelung ablehne - „als einzigen wahren Heimat- und Traditionsverband“ ansehe, verweigere man dem gesprächs- und konsensbereiten KHD seit 2009 die vom Landtag beschlossene Förderung, so Feldner.

BZÖ: Nicht mehr ernst zu nehmen

Massive Kritik an den Aussagen kam auch vom BZÖ: Wenn sich Dobernig „in diesen schweren Zeiten“ nur damit beschäftige, „wer ein echter Kärntner“ sei und wer nicht, könne man „diesen Politiker nicht mehr ernst nehmen“. „Die Kärntner haben genug von sinnlosem Streit über Volksgruppen und Ortstafeln, sie wollen Visionen für das Land“, so BZÖ-Bündnis-Obmann Josef Bucher zu Dobernigs „Kampfaufruf gegen die slowenische Volksgruppe“.

FPK-Chef stärkt Dobernig den Rücken

FPK-Obmann Kurt Scheuch stärkte seinem Parteifreund den Rücken und nannte die Kritik an Dobernig „völlig überzogen“ und „scheinheilig“. Scheuch griff dabei vor allem die SPÖ Kärnten an. Der freiheitliche Parteiobmann bezeichnete die Aussagen „des SPÖ-Moralapostels Peter Kaiser“ als „kaum noch zu ertragen“. „Anstatt dass Kaiser endlich einmal auch offen und geradlinig die Probleme der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien anprangern würde, übt sich die linke Einheitspartei Kärntens darin, den erfolgreichen Finanzlandesrat Dobernig in völlig überzogener Art und Weise zu attackieren.“

Scheuch: „Bewusste Provokationen“

Aus Sicht der FPK hat es gegenüber der Volksgruppe „ein großes Entgegenkommen in der Ortstafelfrage, aber auch in vielen anderen Bereichen“ gegeben. Nun sei es an der Zeit, dass „vonseiten Sloweniens und auch vonseiten der Kärntner Slowenen eine längst überfällige Unterstützung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien erfolgen würde“.

Die Freiheitlichen sowie ihr Parteiobmann Kurt Scheuch stünden „voll und ganz“ hinter Dobernig. „So kann es wohl nicht funktionieren, wenn andauernd bewusste Provokationen rund um den Landesfeiertag am 10. Oktober erfolgen“, so Scheuch.

Darmann: Nicht „ganz Kärnten“ zweisprachig

In dieselbe Kerbe, wonach es rund um den 10. Oktober „schon wieder Inszenierungen und bewusste Provokationen“ gebe, schlug auch FPK-Klubobmann Gernot Darmann: „Es ist eine Tatsache, dass von radikalen Slowenen-Vertretern auch nach der Ortstafellösung immer neue Forderungen erhoben werden - und dass immer kurz vor dem Landesfeiertag am 10. Oktober Dinge inszeniert werden, die das Gefühl vermitteln, ganz Kärnten sei ein zweisprachiges Land. Das wollen aber die Kärntnerinnen und Kärntner nicht.“

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