Asylwerberheim Saualm - eine Chronologie

Am 5. Oktober hat das Land Kärnten bekanntgegeben, dass der Vertrag mit der jetzigen Betreiberin der Sonderasylanstalt auf der Saualm wegen „Vertrauensverlusts“ gekündigt wurde. Damit bleibt das Heim wohl dauerhaft geschlossen, das Ende einer endlosen Causa.

Das einsam gelegene Heim auf 1.200 Meter Seehöhe für straffällige Asylwerber und solche, die besondere Betreuung benötigen, war ein Vermächtnis des damaligen Landeshauptmannes Jörg Haider (BZÖ). Eröffnet wurde es nur wenige Tage nach seinem Unfalltod im Herbst 2008 von seinem Nachfolger Gerhard Dörfler (FPK).

25. November 2008: Die „Sonderanstalt“ für straffällig gewordene Asylwerber wurde von Dörfler offiziell eröffnet. Man trage damit dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung, so Dörfler damals. Die eingeladenen Journalisten wurden von privaten Security-Mitarbeitern empfangen. Zumindest zwei Sicherheitsleute machten künftig in dem Heim rund um die Uhr Dienst - sie sollten laut Dörfler das Objekt und die Betreuer schützen. Psychologen, Sozialarbeiter und Krankenschwestern sollten sich um die straffällig gewordenen Asylwerber auf der Saualm kümmern. Dörfler sprach von einer „Art Therapie“, um die Asylwerber weg von der Gewalt hin auf einen normalen Weg zu bringen.

20. Jänner 2009: Ein Parteiengespräch zur Saualm ging ohne konkrete Ergebnisse zu Ende. An der Gesprächsrunde, die auf Einladung der Grünen zustande kam, nahmen auch Vertreter von SPÖ und ÖVP teil. Das BZÖ lehnte den „Saualm-Gipfel“ ab, die FPÖ bekundete zwar Interesse, entsandte letztlich aber keinen Vertreter. Damals befanden sich nur zwei Asylwerber in dem umstrittenen Heim. Vor Weihnachten hatte eine Gruppe von 16 Personen auf eigene Faust die Saualm verlassen, die Betroffenen sind nach wie vor bei Privatpersonen untergebracht.

29. Jänner 2009: Die damalige Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) äußerte sich positiv über das Heim. Sie war zu Besuch auf der Saualm und sagte, „was als Jugenderholungsheim gedacht war, kann nicht unzumutbar sein“. Die Unterbringung von Asylwerbern sei allerdings Angelegenheit der Länder. Da werde sie sich nicht einmischen

12. Februar 2009: Sechs der 14 Asylwerber, die auf der Saualm untergebracht waren, waren - entgegen Aussagen des Landes - nie straffällig geworden, bestätigte damals die Staatsanwaltschaft. Ein Anwalt brachte Klagen wegen Amtsmissbrauchs ein. Prüfen ließ das das „Aktionskomitee für mehr Menschlichkeit und Toleranz“. Dieses Komitee fragte bei der Staatsanwaltschaft für 14 Asylwerber konkret nach, ob gegen sie etwas vorliege, gegen sechs gab es nicht einmal eine Anzeige. Schon zu diesem Zeitpunkt wurden Vorwürfe laut, wonach die Asylwerber nicht ausreichend medizinisch versorgt würden.

18. Februar 2009: Die Zukunft des umstrittenen Auffanglagers steht in den Sternen. Der Pachtvertrag wurde gekündigt. Die Arbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeverbände (AVS) hatte das ehemalige Jugendheim mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten an die Steiner GmbH verpachtet, weil das Heim seit Sommer nicht mehr gebraucht wurde. Danach wurde es zum Asylheim. Dörfler kündigte sogar an, ein Heim „Saualm II“ gründen zu wollen.

23. Februar 2009: Dörfler rückte nicht vom Asylwerberheim Saualm ab. Obwohl der Pachtvertrag für das Heim für mutmaßlich straffällige Asylwerber ausläuft, wollte Dörfler, dass das Land die Liegenschaft pachtet oder kauft. Acht Asylwerber waren zu diesem Zeitpunkt im Heim untergebracht, darunter drei, gegen die keine Anzeige vorlag. Dörfler sagte, nicht nur straffällig Gewordene würden dort untergebracht, sondern auch andere „Auffällige“. Auf die Frage, wie er denn an die Informationen über Straffälligkeiten gekommen war, konnte Dörfler nicht ausschließen, dass die Daten aus dem EKIS-System der Polizei kamen.

15. April 2009: Der Betreiber der Saualm, eine private Gesellschaft, wollte Ende April aufhören, weil die Arbeit zu aufwendig sei und es zu wenig Einnahmen gebe. Damals waren nur vier Asylwerber in der Sonderanstalt untergebracht. Zahlreiche Heiminsassen hatten die Unterkunft - mit dem Hinweis auf Standort und Ausstattung der Sonderanstalt, weitab vom Ballungsraum - binnen kurzer Zeit wieder verlassen.
Dörfler wollte dennoch daran festhalten. Weil immerhin 40 Euro pro Person und Tag für die Betreuung von Asylwerbern auf der Saualm gezahlt werden, wollte das Land den Pachtvertrag mit Eigentümer AVS verlängern und einen neuen Betreiber suchen.

5. Mai 2009: In einer anonymen Anzeige wurde behauptet, dass etliche behördliche Auflagen nicht eingehalten würden. Die Anzeige wurde Ende April gegen Dörfler und Flüchtlingsreferent Gernot Steiner als Betreiber eingebracht. Angeblich wurden in dem Heim, das derzeit vom Land selbst betrieben wird, nachdem die Betreibergesellschaft das Handtuch geworfen hatte, feuerpolizeiliche, gewerberechtliche, bauliche und wasserrechtliche Auflagen nicht eingehalten. So fehlten ein Fluchtweg und ein Dichtheitszertifikat für die Senkgrube, die Gefährdung des Trinkwassers könne nicht ausgeschlossen werden.

16. November 2011: Das Büro von Dörfler bestätigte, dass die Einrichtung seit Monaten geschlossen ist, er sprach allerdings von einer vorübergehenden Schließung, bis Renovierungsarbeiten abgeschlossen seien. Nach Abschluss der Renovierung werde das Heim unverzüglich wieder aufgesperrt. Die Asylwerber wurden vorübergehend anderen Quartieren zugewiesen. Nicht richtig sei, dass ein Streit zwischen dem Land und der Betreiberin des Heimes der Schließungsgrund sei. Auch gebe es keinen Streit mit dem Security-Dienst. Es sei ein Konzept für sämtliche Kärntner Asylwerberquartiere ausgearbeitet worden, dieses werde bereits umgesetzt.

13. Jänner 2012: Das Heim wurde wieder eröffnet. Zu den Kosten sagte Dörfler, die Betreiberin des Asylwerberheimes erhalte den österreichweiten Satz für „besonders betreuungsbedürftige Asylwerber“, das sind 40 Euro pro Tag und Asylwerber. Platz werde es für bis zu 30 Personen geben. Bisher mussten seit 2008 allein für die Bewachung der „Sonderanstalt“ laut Landesrechnungshof 411.000 Euro bezahlt werden.

13. Juni 2012: In der Gemeinde Griffen lief eine Unterschriftenaktion für die Schließung des Heimes. Begründung: Es gebe unzumutbare Zustände, zu wenig Essen und schlechte hygienische Verhältnisse. Vorwürfe, die die Besitzerin als unwahr zurückwies. ORF-Fernsehaufnahmen im Heim lehnte sie ab.

20. Juni 2012: Um das Heim gab es Gerüchte über menschenunwürdige Unterbringung. Seit August 2011 läuft ein Verfahren, weil verschimmelte Lebensmittel ausgeteilt worden sein sollen. Die 79-jährige Betreiberin ließ diesmal ein ORF-Kamerateam ins Haus, um zu zeigen, dass wieder alles in Ordnung sei.

3. September 2012: Wieder wurden schwere Vorwürfe über die Behandlung der Insassen des Asylwerberheims durch die Heimbetreiberin und die private Wachgesellschaft erhoben. Ihnen würden Medikamente verweigert, sie würden am Beten gehindert, wurde behauptet. Der örtliche Pfarrer hatte gemeinsam mit Gemeindebürgern zu einem interkonfessionellen Fest des Friedens geladen. Diese Veranstaltung lief aus dem Ruder. Weil keine Asylwerber gekommen waren, begaben sich die Gäste zur Saualm. Dort wurde ihnen allerdings der Zutritt verwehrt. In verbalen Auseinandersetzungen mit der Heimleiterin und der Security wurden Vorwürfe gegen die Betreuung erhoben. Demnach sollen den Insassen Medikamente verwehrt worden sein.

6. September 2012: Nach Vorwürfen wegen angeblicher Missstände bei der medizinischen Versorgung wurde das Asylwerberheim wegen Sanierungsarbeiten vorübergehend geschlossen.

24. September 2012: Nun beschäftigt das Heim auch die Justiz. Unter anderem geht es um die Finanzierung des Heims, und es sind mehrere Anzeigen wegen des Verdachts der Untreue eingegangen. Dörfler wird Amtsmissbrauch vorgeworfen - er bezeichnete die Vorwürfe als „haltlos“. Wie der Sprecher der Klagenfurter Staatsanwaltschaft, Helmut Jamnig, bestätigte, gingen mehrere Anzeigen wegen des Verdachts der Untreue und des Amtsmissbrauchs ein. Diese wurden wenige Tage zuvor an die Korruptionsstaatsanwaltschaft übermittelt.

26. September 2012: Das Asylheim soll wieder aufsperren, vereinbarten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Dörfler. Zuvor müssten alle Vorwürfe geklärt und Missstände beseitigt werden. Danach werde die Situation neu beurteilt.

5. Oktober 2012: Das Heim bleibt geschlossen, das Land kündigte den Vertrag mit der Betreiberin. Die neue Flüchtlingsbeauftragte Barbara Gutsche, die Gernot Steiner nachfolgte, nannte Vorwürfe und Anzeigen gegen die Betreiberin und den daraus entstandenen Vertrauensverlust als Gründe für die Kündigung durch das Land.

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