Experten-Kritik an hohen Haftstrafen

Strafrechtsexperten halten die Schuldsprüche im Birnbacher-Prozess für angemessen, kritisieren aber die hohen Haftstrafen für Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz und die beiden Landesholding-Vorstände Megymorez und Xander.

Speziell was die fünfeinhalbjährige Haftstrafe für Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz betrifft, kommt Kritik vom Innsbrucker Strafrechtler Klaus Schweighofer. „Vier Jahre Freiheitsstrafe wäre das höchste, was ich als angemessen für einen unbescholtenen Mann mit ordentlichen Lebenswandel beurteilen würde.“ In Innsbruck, glaubt Schweighofer, wäre das Urteil nicht so hoch ausgefallen.

Hoher Schaden: Martinz-Strafmaß „angemessen“

Der Linzer Strafrechtler Alois Birkelbauer hält fünf Jahre wegen des hohen Schadens von fast sechs Millionen Euro für angemessen. Denn laut Strafgesetzbuch wäre schon ab einen Schaden von 50.000 Euro einen zehnjährige Haftstrafe denkbar. „Wenn man davon ausgeht, dass der Schaden mehr als das Hundertfache für den Strafsatz ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe beträgt, kann man diese fünf Jahre als angemessen ansehen.“

Kritik an unbedingter Haft für KLH-Vorstände

Skeptisch sehen die beiden Strafrechtler die unbedingt verhängten Haftstrafen von drei, bzw. zwei Jahren für die beiden Landesholdingvorstände. Klaus Schweighofer sagte: "Ich sehe da vor allem den massiven Milderungsgrund, dass die beiden unter massiven politischen Druck von Haider und Martinz gestanden sind und fast marionettenhaft ihre Anordnungen umgesetzt haben.“

Auf den Einwand, dass Richter Herrnhofer mit dem Urteil offenbar eine Präventionswirkung erreichen wolle, damit solche Vorfälle bei staatsnahen oder ländernahen Betrieben in Zukunft nicht mehr vorkämen, sagte der Rechtsexperte „Ein Warnschuss für die Manager wäre mit Sicherheit auch eine teilbedingte Freiheitsstrafe“, so Schweighofer.

Alois Birkelbauer kritisiert einen Teil der Urteilsbegründung des Richters: „Wenn es heißt, das sind hochkarätige Manager gewesen und insofern könne man hier keine bedingte Strafen verhängen, dann hat das einen schalen Beigeschmack. Es klingt nach einem Spezialstrafrecht für Manager, was vom Gesetz her nicht gedeckt ist."

Birnbacher klassischer Fußfessel-Kandidat

Dietrich Birnbacher, der als einziger eine teilbedingte Haftstrafe von zwei Jahren bedingt und einem Jahr unbedingt bekommen hat, sehen beide Strafrechtler als klassischen Fußfessel-Kandidat. Birbelbauer: „Nachdem das Gericht kein Fußfesselverbot in erster Instanz ausgesprochen hat wäre es denkbar, diese Freiheitsstrafe im elektronisch überwachten Hausarrest zu vollziehen".

Letztlich wird der OGH entscheiden, ob die Urteile von Manfred Herrnhofer halten - Staatsanwalt und Verteidiger haben Nichtigkeitsbeschwerden angekündigt. Eines wird man Richter Manfred Herrnhofer jedenfalls nicht absprechen können: während dieses Prozesses sind Dinge ans Tageslicht gekommen, die bis dahin noch nicht bekannt waren.

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