Kritik an politischer (Un)Kultur in Kärnten

Weil die FPK laut SPÖ Landesrätin Beate Prettner „beschimpfte“ ist die Wortwahl in der Politik wieder Thema. Persönliche Angriffe hätten in der Politik nichts verloren, meint Medienfachmann Matthias Karmasin. Von einer Klage will die SPÖ absehen.

Die SPÖ hatte am Dienstag die Regierungssitzung aus Protest verlassen, weil ihre Landesrätin Beate Prettner von Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) laut SPÖ beschimpft worden sei – es sollen die Worte „perfide Lügnerin“ und „fachliches Hascherl“ gefallen sein. Der Landeshauptmann bestritt Untergriffe in der Wortwahl, die Kritik an Prettner bekräftigte er hingegen – mehr dazu in Eklat: SPÖ-Landesrätin laut FPK „Hascherl“ (kaernten.ORF.at, 19.6.2012). Nicht zum ersten Mal stehen damit Umgangsformen im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung.

Keine Klage der SPÖ

Eine Klage gegen den Landeshauptmann, wie am Dienstag von der SPÖ noch erwogen, wird es aber nun doch nicht geben, meinte SPÖ-Parteichef Peter Kaiser am Mittwoch. Die SPÖ werde Dörfler nicht klagen. Begründung: Charakter könne man nicht einklagen, den habe man oder auch nicht, so Kaiser. Die SPÖ macht ihre charakterliche Einschätzung des Landeshauptmannes davon abhängig, ob Dörfler doch noch einlenkt und Prettner um Entschuldigung bittet.

Ob Dörfler Prettner, wie von der SPÖ behauptet, als „perfide Lügnerin“ bezeichnete oder Prettner habe in „perfider Form“ die Unwahrheit gesagt, wird damit nicht vor Gericht geklärt. Inkriminierend wäre der Ausdruck Lügnerin, nicht das Adjektiv perfide, also treulos oder unzuverlässig.

Dass es von der FPK keine Entschuldigung geben werde, ezuge von mangelndem „Unrechtsbewusstsein“, kritisierte SPÖ-Frauenvorsitzende Ana Blatnik am Mittwoch. Das Verhalten der FPK gegenüber Frauen würde sich „am Mittelalter orientieren“.

Karmasin: Politiker haben Vorbildfunktion

Das Klima in der Landespolitik verschlechterte sich mit dem Vorfall am Dienstag jedenfalls. Persönliche Angriffe haben in der politischen Auseinandersetzung keinen Platz, meint Kommunikationswissenschaftler Matthias Karmasin von der Uni Klagenfurt. Politik könne oder müsse teilweise polarisieren, aber auch dabei sollte man immer bedenken, dass Politiker eine Vorbildunktion hätten, sagt Karmasin im ORF-Interview.

Dass Politikerinnen eher Opfer von Beschimpfungen sind, glaubt Karmasin nicht: „Wenn die Stimmung aufgeheizt genug ist, dann kann jeden treffen.“ Politiker sollten sich aber so weit im Griff haben, dass es dazu nicht kommt.

Richter als „Kröte“ landet vor Gericht

In der Tat sind auch schon männliche Politiker als „Hascher“ bezeichnet worden. So bezeichnete der damalige ÖVP-Stadtrat Dieter Jandl seinen Landesparteichef Josef Martinz als „Hascher“. Die Klagenfurter SPÖ-Chefin Marie-Luise Mathiaschitz löste die Koalition mit den Freiheitlichen auf und nannte Bürgermeister Christian Scheider (FPK) „unfähig“, „entscheidungsschwach“, „überfordert“ und „selbstverliebt“.

Vor Gericht landete in den letzten Monaten nur ein Fall von schlechter Wortwahl: Die angebliche Beschimpfung der Erstrichters in der „Part-of-the-game“-Affäre. Der Richter wurde vom freiheitlichen Klubobmann Kurt Scheuch als „Kröte“ bezeichnet. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

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