Borreliose auf dem Vormarsch
Jahrelanges, oft unerträgliches Leid und von Medizinern als psychisch krank abgestempelt - das verbindet viele Borreliose-Patienten. Es gibt nur wenige Ärzte in Österreich, die sich intensiv mit der Krankheit, die hauptsächlich von Zecken übertragen wird (selten auch von Stechmücken oder Bremsen), beschäftigen. Impfung für Menschen gibt es noch keine, es wird aber daran geforscht.
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Vielschichtige Symptomatik
Typisch für Borreliose ist eine Hautrötung, die nach einem Insektenstich auftritt. Doch das ist nur bei rund 50 Prozent der Betroffenen der Fall. Greift die Krankheit weiter, kann sie jedes Organ betreffen.
Das Krankheitsbild der Borreliose ist oft diffus und umfasst Gelenkschmerzen, Sehschwierigkeiten, Herz-Rhythmus- und Gefühlsstörungen bis hin zu Lähmungen, die auch durch eine Entzündung des zentralen Nervensystems ausgelöst werden können.
Behandlung mit Antibiotika und Naturheilmitteln
Der Borreliosekongress in Klagenfurt wird von der internationalen Gesellschaft ILADs veranstaltet, die sich seit Jahren mit der gefährlichen und von Zecken und anderen Insekten übertragenen Krankheit, ihren Folgen und neuen Behandlungsmethoden beschäftigt.
Laut den internationalen Ärzten, die in Klagenfurt sind, ist die Krankheit nur mit langen Antibiotikatherapien und dann als Nachbehandlung mit neuen Präparaten aus der Naturheilkunde bekämpf- und heilbar. Kurze Antibiotikatherapien werden als nicht wirksam angesehen.
Obiltschnig: Aus eigener Erkrankung viel gelernt
Einer der führenden Borreliosespezialisten in Österreich ist der Klagenfurter Unfallchirurg Albin Obiltschnig. Er hatte selbst Borreliose mit schwerer Nervenbeteiligung, einem Herzstillstand und Blindheit auf einem Auge. Für ihn ist Borreliose dennoch heilbar.
„Ich bin das beste Beispiel dafür. Mein Zustand war sehr schlecht und ich konnte zwei Jahre lang nicht arbeiten. Wenn man die Krankheit rechtzeitig erkennt und richtig behandelt ist sie heilbar. Je später man mit der Behandlung beginnt, desto schwieriger wird es zwar. Aber meiner Meinung nach ist die Krankheit auf jeden Fall heilbar“, so Obiltschnig.
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„Betroffene dürfen nicht aufgeben“
Einige Patienten wollen nun eine Selbsthilfegruppe gründen, überall sonst in Europa gibt es soetwas schon.
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Annette Kohlmayr leidet seit 20 Jahren immer wieder unter Krankheitsschüben, immer wieder kommen Schmerzen – vor allem in der Nacht. Sie hat viele kurzfristige Behandlungen hinter sich und hofft nun - durch die beim Kongress aufgezeigten Behandlungsmethoden - auf ein Ende ihres Leidensweges.
„Ich finde es schade, dass eine Krankheit, die jetzt schon so lange bekannt ist, von den Ärzten derart ignoriert wird. Es verlangt eine hohe Eigeninitiative von den Patienten. Sie sollen einfach nicht aufgeben, dranbleiben und weitersuchen, bis sie wirklich Hilfe bekommen.“
Initiatoren wollen Sensibilisieren
Die Teilnehmer an dem dritten europäischen Borreliosekongress in Klagenfurt hoffen, dass dieser nun endlich ein Umdenken bei den Kollegen auch in Österreich auslöst, auch wenn diesmal beispielsweise kein einziger Arzt der Landeskrankenhäuser anwesend war.
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Albin Obiltschnig hat mittlerweile rund 2.000 Patienten behandelt: "Ich glaube, die Patienten interessieren sich sehr für die Borreliose und sie informieren sich weiter. Auf uns Ärzte kommt ein gewisser Druck zu. Sie Patienten fordern die besten Therapien und wollen sich nicht mehr vertrösten oder sich sagen lassen, dass sie psychisch krank sind.“
Bislang nur in Speziallabors nachweisbar
Während in Österreich andere von Zecken übertragene Krankheiten einen sehr hohen Stellwert in der öffentlichen Wahrnehmung haben, wird die Borreliose vielfach vernachlässigt. „Ich glaube, das Problem wird immer größer“, so Obiltschnig. Die bakterielle Infektion ist in Österreich bislang nur in Speziallabors nachweisbar. Auch hier ist die Forschung in anderen Ländern viel weiter.