Klagenfurt: Blau-rote Koalition geplatzt

Politischer Paukenschlag in Klagenfurt: Vizebgm. Marie-Luise Mathiaschitz (SPÖ) hat das Arbeitsübereinkommen mit der FPK gekündigt. Grund sei die Unfähigkeit von Bgm. Christian Scheider (FPK). Nun suchen beide Parteien nach neuen Partnern.

Maria-Luise Mathiaschitz-Tschabuschnigg kündigte die 2009 geschlossene Koalition - und zwar per Zeitungsinterview in der Sonntag-Ausgabe der „Kleinen Zeitung“. Mathiaschitz übt massive Kritik an Bürgermeister Christian Scheider von der FPK. Grund für ihren Rückzug sei die völlige Unfähigkeit Scheiders, Politik zu machen. Die Landeshauptstadt brauche einen Bürgermeister, der Dinge umsetzen könne, das sei in den vergangenen Jahren nicht der Fall gewesen.

Leidtragende der Entscheidungsunfähigkeit sei immer die Bevölkerung. Auf diese würden Belastungen zukommen, wenn die Stadtpolitik ihre Hausaufgaben nicht mache: „Wir sind gewählt, um Probleme zu lösen. Es ist unsere Pflicht, Wege die nicht zum Ziel führen, vorzeitig zu verlassen.“

„Extreme Selbstverliebtheit“ des Bürgermeisters

Die Entscheidung sei kein Schnellschuss gewesen, so Mathiaschitz im ORF-Interview. Vor drei Jahren habe man die Zusammenarbeit begonnen, zur Halbzeit habe die SPÖ Bilanz gezogen. Das Ergebnis: „Offene Baustellen wohin man schaut“, sagt die Vizebürgermeisterin. Scheider sei „eindeutig überfordert, gekoppelt mit extremer Selbstverliebtheit.“

Kein Weiterkommen bei „Großbaustellen“

Für die anstehenden Projekte - Eishalle, Hallenbad und Stadion - brauche es ein anständiges Projektmanagement, statt dessen gebe es reine Ankündigungspolitik. Bei der Eishalle gebe es – trotz anders lautender Verkündigungen des Bürgermeisters - kein offizielles Projekt der Stadt, keinen Beschluss im Aufsichtsrat und keine Berechnung der Folgekosten. Der KAC, der die neue Eishalle will, werde in Geiselhaft genommen, das sei eine politische Vereinnahmung.

Maria Luise Mathiaschitz

ORF Kärnten

Vizebgm. Marie-Luise Mathiaschitz

Beim Hallenbad gebe es ebenfalls keine ernsthaften Bemühungen, ein Projekt zu entwickeln. Es würden nur „Beruhigungspflaster“ verteilt, etwa, dass es ohnehin eine Arbeitsgruppe gibt: „In Wahrheit liegt das Projekt Hallenbad auf Eis.“ Auch beim Stadion sei der Bürgermeister überfordert, er müsse in Wien mehr Lobbying betreiben, kritisierte Mathiaschitz.

Mathiaschitz will keine Neuwahlen

Mathiaschitz betont aber auch, dass Neuwahlen sinnlos wären. Diese würden nichts ändern: „Die Bevölkerung möchte, dass die anstehenden Probleme gelöst werden. Mit anderen Konstellationen wird es Lösungen geben.“

Vielmehr will die Politikerin jetzt versuchen, neue Mehrheiten zu suchen. Mit dem Spiel der freien Kräfte und wechselnden Mehrheiten will Mathiaschitz etwas weiterbringen. Schon am Sonntag werde sie Gespräche mit den anderen Parteien führen. Dies könnte sich allerdings schwierig gestalten, denn zu den bekannten Großprojekten gibt es derzeit höchst unterschiedliche Standpunkte.

Scheider: SPÖ ist nun im Schießstand

Bürgermeister Christian Scheider wurde Sonntagfrüh beim Lesen der Zeitung mit den Vorwürfen der Vizebürgermeisterin konfrontiert. Für ihn sei die Attacke der SPÖ ein reines Ablenkungsmanöver. Überrascht sei er trotzdem nicht, dieser Schritt habe sich in den vergangenen Monaten bereits abgezeichnet. In den vergangenen Monaten sei die Zusammenarbeit zunehmend schwieriger geworden.

Mathiaschitz habe stets einerseits die Verantwortung reklamiert und zugleich als Opposition agiert. Die Klagenfurter SPÖ-Chefin sei vor dem Problem gestanden, im Gemeinderatsklub und in der SPÖ einer gespaltenen Partei gegenüberzustehen. Zudem habe Mathiaschitz viele interne Kritiker. Nun habe sie die Flucht nach vorne angetreten: „Die SPÖ hat sich in den Schießstand verabschiedet.“

Christian Scheider, FPK

ORF

Bgm. Christian Scheider (FPK)

Auch Scheider sparte nicht an Kritik. Er warf Mathiaschitz im Gegenzug vor, sich grundsätzlich nicht an Vereinbarungen zu halten: „Man macht etwas aus, einige Stunden später kommt per Presseaussendung das Gegenteil.“ Die Entscheidung für ein Aus der Koalition hält Scheider für unüberlegt: „Das war ein Schnellschuss der SPÖ. Man entscheidet drei Jahre mit und agiert dann wie die Opposition. Da fehlt einem der Glaube.“

Auch Scheider sucht neue Partner

Den Vorwurf von Mathiaschitz, er bringe nichts weiter, kann Scheider nicht nachvollziehen: „Das Großprojekt Stadion steht im Finale, beim Gas-Dampfkraftwerk ist nicht die Politik am Zug. Und beim Thema der neuen Eishalle haben wir uns dazu bekannt, das Geld aufzubringen, das Hallenbad ist aufgeschoben, weil man nicht alles zugleich machen kann.“

Scheider will nun ebenfalls sowohl mit ÖVP als auch mit den Grünen reden. Erster Ansprechpartner für ihn sei jedenfalls die ÖVP, auch wenn er mit beiden eine gute Gesprächsbasis habe. Man werde jedenfalls eine „konstruktive Sachpolitik“ fortsetzen, auch ohne die SPÖ. Für wichtige Themen und Entscheidungen werde man Mehrheiten finden.

Klagenfurter ÖVP ist „gesprächsbereit“

ÖVP-Stadtrat und Stadtparteichef Peter Steinkellner meinte auf APA-Anfrage, das Platzen der Koalition habe ihn nicht überrascht. Zu den Schuldzuweisungen von Mathiaschitz meinte er trocken: „Es gehören immer zwei dazu.“ Über das Scheitern der blau-roten Koalition zu jubeln wäre verantwortungslos, das freie Spiel der politischen Kräfte habe zwar durchaus seinen Reiz, die Erfahrung habe aber gezeigt, dass das immer die teuerste Variante gewesen sei. Jetzt sei einmal der Bürgermeister am Zug.

Er sei jedenfalls gesprächsbereit, die ÖVP habe aber ihre Eckpunkte, von denen man „keinen Millimeter“ abweichen werde. Jedenfalls müsse sich der Stil grundsätzlich ändern. So fordert er ein, Stadtrecht, Verfassung und Gesetzeslage müssten künftig genauestens eingehalten werden: „Das war in den vergangenen Jahren leider nicht immer so.“

Martinz: Ende der rot-blauen Blockier-Genossenschaft

Positiv sieht Landes-ÖVP-Obmann Josef Martinz das Aus für die Klagenfurter Koalition: „Das Ende der rot-blauen Blockier-Genossenschaft eröffnet für Klagenfurt die Möglichkeit, den Reformstau endlich aufzulösen." In Klagenfurt gebe es viele offene Baustellen, das sei die dürftige Bilanz des „gemeinsamen und gegenseitigen Blockierens“.

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