2011 - das Jahr der Ortstafellösung

Politisch war das Jahr 2011 von der Ortstafellösung geprägt. 56 Jahre nach Abschluss des Staatsvertrages gelang es, eine Lösung unter Mitwirkung aller Betroffenen zustande zu bringen. Für FPK-Chef Uwe Scheuch wird das Jahr 2011 zum bisherigen Tiefpunkt seiner politischen Karriere.

Es gibt in der jüngeren Landesgeschichte kein Ereignis, das derart lange für Konflikte gesorgt hat, wie die jahrzehntelang ungelöste Ortstafelfrage.

Am 26. April 2011 kam es in den späten Abendstunden zur historischen Vereinbarung: Bundes- und Landespolitik und die Volksgruppenvertreter einigten sich auf ein Memorandum als Grundlage für ein neues Volksgruppengesetz.

„Staatsvertrag wurde nun erfüllt“

LH Gerhard Dörfler (FPK) und Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) zitierten im Anschluss Politiker vergangener Generationen. Dörfler: „Bruno Kreisky meinte damals, der Staatsvertrag ist erfüllt. Ich meine, dass er heute erfüllt wurde.“ Und Ostermayer sagte: „Vor knapp 56 Jahren wurde der Staatsvertrag unterzeichnet. Damals hat Leopold Figl gesagt, ‚Österreich ist frei‘. Wir können jetzt sagen: ‚Kärnten ist frei vom Ortstafelkonflikt‘.“

Valentin Inzko vom Rat der Kärntner Slowenen meinte: „Die Volksgruppenorganisationen sind bereit, diese Regelung mitzutragen und an ihrer Verwirklichung aktiv teilzunehmen.“ Bernhard Sadovnik von der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen hob hervor, man habe nun die Möglichkeit geschaffen, „dass beide Volksgruppen gemeinsam für Kärnten arbeiten.“ Marjan Sturm vom Zentralverband sagte: „Ich bin sehr froh, bei dieser historischen Entscheidung dabei gewesen zu sein.“

Ortstafel von St. Michael

APA/Gert Eggenberger

Nach der Aufstellung der neuen zweisprachigen Ortstafeln kam es in Kärnten zu einigen „Schmieraktionen“ - mehr dazu in Wieder Ortstafeln beschmiert (kaernten.ORF.at; 19.10.2011).

Monatelange Verhandlungen im Vorfeld

Der Einigung gingen monatelange, intensive und auch sehr harte Verhandlungen voraus. Vor allem der Rat der Slowenen mit Valentin Inzko an der Spitze distanzierte sich mehrmals von bereits getroffenen Vereinbarungen.

Am 16. August fand dann im Wappensaal des Landhauses ein Festakt zur Ortstafellösung statt, an dem auch der slowenische Regierungschef Boruth Pachor und Bundeskanzler Werner Faymann teilnahmen. Noch am gleichen Tag wurden die ersten neuen zweisprachigen Ortstafeln aufgestellt.

Bis Mitte September stehen in Kärnten 164 zweisprachige Ortstafeln in den Bezirken Völkermarkt, Klagenfurt-Land, Villach-Land und Hermagor.

Scheuch in erster Instanz verurteilt

Uwe Scheuch, FPK

ORF

FPK-Chef Uwe Scheuch

Einen Tiefpunkt in seiner politischen Laufbahn erlebt 2011 FPK-Chef Uwe Scheuch. Am 2. August wird er in der so genannten „part of the game“-Affäre in erster Instanz zu einer nicht rechtskräftigen Haftstrafe verurteilt - mehr dazu in Causa Scheuch: Verhandlung im Frühjahr (kaernten.ORF.at; 7.12.2011).

Scheuch geht in Berufung und blieb trotz Rücktrittsaufforderungen im Amt. Nach dem Urteil kritisierte Scheuch das Gericht: „Ein krasses, fatales Fehlurteil. Wenn es nicht gelingt, dass man durch Wählerstimmen Erfolg hat, wird eben die Justizkeule gezogen.“

Koalitions-Eis schmolz rasch wieder

Auch ÖVP-Chef Josef Martinz wurde nach dem Scheuch-Urteil kritisiert, weil er die Koalition mit Scheuch nicht auflöst, sondern lediglich „auf Eis legt“. Das Eis schmolz jedoch bald, hinter den Kulissen funktioniert die Zusammenarbeit weiterhin. Spätestens bei der Budgeteinigung im Dezember war wieder alles beim Alten - mehr dazu in Traute Koalitions-Einheit beim Budget (kaernten.ORF.at; 6.12.2011).

Josef Martinz, ÖVP

ORF

ÖVP-Chef Josef Martinz.

Zur „Eiszeit“ meinte Dörfler: „Angekündigte Eiszeiten finden nicht statt.“ Und SPÖ-Chef Peter Kaiser sagte: „Das Eis war noch gar nicht gefroren, da war es schon wieder geschmolzen.“ Auch Martinz räumte ein: „Scheuch hin oder her, es kann nicht zum Stillstand kommen.“

Causa Birnbacher wird neu aufgerollt

Auch Martinz hatte es 2011 erneut mit dem Gericht zu tun: Die Ermittlungen um die Birnbacher Millionen werden wieder aufgenommen, ein Vorhabensbericht liegt im Justizministerium - mehr dazu in Neues Birnbacher-Gutachten teilt „Persilschein“ aus (kaernten.ORF.at; 14.12.2011). Martinz rechnet nicht mit einer Anklage. „Ich betone noch einmal, es hat keine Parteienfinanzierung gegeben, keinen einzigen Cent“, sagte er. Ob es zur Anklage kommen wird, blieb 2011vorerst unbeantwortet.

Um das Millionenhonorar an Birnbacher und die Vorgänge rund um den Verkauf der Hypo-Bank geht es auch im Untersuchungsausschuss des Landtages.

Politische Schlammschlachten im Landtag

Abgesehen vom Hypo-Ausschuss erlebt der Landtag 2011 Debatten die eher den Ausdruck Schlammschlachten verdienen würden - auch als die „Moral in der Politik“ Thema war.

SPÖ-Klubobmann Reinhart Rohr damals: „Wenn ich jemanden von euch mit dem Umbringen bedrohe und diese Tat nicht begehe, bin ich kein Täter und gerichtlich nicht verfolgbar. Da läuten für mich die Alarmglocken.“ FPK-Klubobmann Kurt Scheuch erwiderte: „Sie sind die Verkörperung einer absoluten Wahlverlierers.“ ÖVP-Klubobmann Stephan Tauschitz dazu: „Die SPÖ skandalisiert die Landesschulden, dabei hat die SPÖ die Explosion der Landesschulden in der Chianti-Koalition verursacht.“ Grünen-Chef Rolf Holub sagte damals zur politischen Moral im Landtag: „Das ist so wie mit Phantomschmerzen. Es gibt sie nicht.“

Kärntner Landtag

ORF Kärnten

Aufregung um Sozialausgaben

Kurz vor Weihnachten wurde wieder begonnen, den Teuerungsausgleich auszuzahlen - mehr dazu in Hunderte holten sich Teuerungsausgleich (kaernten.ORF.at; 26.11.2011). Auch die SPÖ stimmte heuer in der Regierung dafür. Ein Rechtsanspruch auf den Teuerungsausgleich sei der Grund dafür, argumentierte Parteichef Peter Kaiser die Zustimmung: „Statt Almosenpoltik gibt es nun einen Rechtsanspruch.“

Gemeinsame Aktionen wie der Teuerungsausgleich blieben die Ausnahme. Kurz vor den Feiertagen empört die Streichung der Weihnachtszulage für NS-Oper - mehr dazu in Naziopfer-Zuwendung: Ragger verteidigt Streichung (kaernten.ORF.at; 21.12.2011). Kaiser damals dazu: „Diesen Menschen 75 Euro abzuschmutzen, ist politisch das Letzte.“

Zwei neue Bürgermeister

Obwohl 2011 kein Wahljahr war, kam es doch zu einigen personellen Veränderungen und kleineren Urgengängen: Im März trat Gerhard Seifried aus familiären Gründen in Wolfsberg zurück. Die Bürgermeisterdirektwahl gewann Hans-Peter Schlagholz von der SPÖ. In Hermagor trat Vinzenz Rauscher sein Bürgermeisteramt aus gesundheitlichen Gründen zurück. SPÖ-Kandidat Siegfried Ronacher konnte die Stichwohl für sich entscheiden - mehr dazu in Ronacher neuer Bürgermeister von Hermagor (kaernten.ORF.at; 8.10.2011).

Anfang November wählten die Bauern ihre Standesvertretung neu. Der ÖVP-Bauernbund behielt die absolute Mehrheit, Präsident bleibt Johann Mössler - mehr dazu in LW-Kammer: Bauernbund behält Absolute (kaernten.ORF.at; 6.11. 2011).

Führungswechsel bei den Grünen

Holub, Frey

ORF

Neuwahl und einen Führungswechsel gab es bei den Grünen: Rolf Holub bleibt im Landtag, Parteichef wird aber Frank Frey - mehr dazu in Grüne: Holub tritt ab - Frey neuer Obmann (kaernten.ORF.at; 17.12.2011). Frey will dafür sorgen, dass die Grünen in den Gemeinden mehr punkten: „Wir können uns nur von der Basis für die nächsten Landtagswahlen rüsten.“ Wer die Grünen in die nächste Landtagswahl führen wird, ist noch nicht entschieden.