Podiumsdiskussion zum „Tango Korrupti“

Bei einer prominent besetzen Podiumsdiskussion wurde Dienstagabend an der Uni Klagenfurt über das Problem der Korruption in Österreich diskutiert. Der durch Korruption angerichtete Schaden für die Volkswirtschaft soll 2010 25 Milliarden Euro betragen haben.

Nach Strasser, Grasser, Meischberger, Mensdorf-Poully und Scheuch muss sich am Mittwoch Haiders ehemaliger Protokollchef Franz Koloini vor Gericht verantworten. Österreichs Politiker geraten immer mehr ins Zwielicht, ein Korruptionsskandal scheint den anderen zu jagen.

Darüber diskutierten Dienstagabend unter der Leitung von ORF-Chefredakteur Bernhard Bieche an der Universität Klagenfurt namhafte Vertreter verschiedenster Disziplinen unter dem Motto „Steht die Rechtsstaatlichkeit im Schatten der Politik?“.

„Kaskade von Korruptionsfällen“

Österreich laut EU auf Platz 15
Ein Bericht der Europäischen Kommission stellt Österreich in Sachen Korruption jedenfalls kein gutes Zeugnis aus. Im internationalen Vergleich wird es dort auf Platz 15 gelistet, gleich neben Ländern wie Katar oder Chile - und Deutschland.

Ob Telekom-Skandal oder Buwog, Part of the Game-Affäre oder Hypo-Alpe-Adria-Verkauf: Dem Normalbürger scheint es, als würde Österreich mehr und mehr in einem Sumpf aus Korruption und Skandalen versinken.

Täuscht dieser Eindruck oder befindet sich Österreich wirklich auf dem Weg zur Bananenrepublik? Charles Ritterband, Schweizer Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung, sieht es so: „Ich müsste übertrieben höfflich sein, wenn ich sagen würde, ich bin nicht schockiert über diese Kaskade von Korruptionsfällen.“

Der entscheidende Unterschied zu Südamerika sei wohl, dass eine Aufklärung der Skandale dort weitgehend hoffnungslos sei. In Österreich bestehe zumindest die Hoffnung, dass die „Justiz jetzt die Sachen an die Hand nimmt.“

„25 Milliarden Euro Schaden“

Allein im Jahr 2010 lag der durch Korruption angerichtete Schaden für Österreichs Volkswirtschaft bei 25 Milliarden Euro, rechnete der Klagenfurter Wirtschaftswissenschaftler Reinhard Neck vor: „Das ist schon beträchtlich. Das ist ein Betrag, der einige Bankenrettungspakete umfasst. Es ist da noch einiges zu tun.“

„Österreich Modelfall der Parteienherrschaft"“

Die Ursachen für Korruption wären oft im System selbst zu finden, sind sich die Wissenschaftler einig. Auch das Nahverhältnis der Politik zu praktisch allen Machtinstitutionen im Land sei problematisch, so der Politikwissenschaftler Reinhard Heinisch von der Universität Salzburg: „Wir sind ein Parteienstaat und Parteien sind in Österreich dominant.“

Alle Institutionen – auch in der Wirtschaft - würden von Parteien dominiert, so Heinisch. In Deutschland würden große Konzerne mit ihrer Wirtschaftslogik ein Gegengewicht bilden und die Schweiz etwa sei viel stärker dezentralisiert. Österreich sei da ein Spezifikum, „ein internationaler Modelfall für Parteienherrschaft.“

Rechtsstaat ist noch intakt

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Die Missachtung verfassungsgerichtlicher Urteile und Verbalattacken gegen die Justiz bei Verurteilungen würden neben dem Vertrauen der Menschen in die Politik auch das in die Justiz untergraben, so der Tenor der Diskussion.

Der Rechtsstaat in Österreich sei aber im globalen Vergleich noch so intakt, dass er seine Selbstreinigungskräfte mobilisieren könne, sagte der Wiener Rechtswissenschaftler Stefan Hammer. Und das auch, wenn er in Bedrängnis geraten sei.

Lösungsmöglichkeiten sehen die Wissenschaftler in mehr direkter Demokratie - doch dafür bräuchte es Reformen. Aber auch in der Verantwortung des Einzelnen liege es, mehr Zivilcourage und Verantwortung an den Tag zu legen. Der Druck der Öffentlichkeit sei letztendlich immer Garant für Änderungen.