Caffè Sacher Triest innen
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Kultur

Altwiener „Salotto“ für Triestiner und Touristen

Unlängst hat Triest mit dem „Tallero“, einem riesengroßen Taler zu Ehren von Kaiserin Maria Theresia von Österreich, ein neues Wahrzeichen bekommen. Nun hält ein weiteres Stück österreichischer Kultur in der Hafenstadt Einzug: Eine Zweigstelle des legendären Cafè Sacher – Inbegriff der Altwiener Kaffeehaustradition. Ein „Salotto“ wie anno dazumal.

Mit Papier verklebte Schaufenster und kein Einblick, was genau im Inneren geschieht. Viele, die in den letzten Monaten in der Via Dante Nummer 1 vorbeigegangen sind, fragten sich, wann es bald eröffnet: Das Sacher. Kaffeehaustradition, die auch in der ehemaligen k&k-Metropole Triest nicht fehlen darf.

Die Wahl fiel nicht durch Zufall genau auf diesen Standort, erzählt Dizzi Alfons, der sich freut, dass sein „Herzensprojekt“, wie er es nennt, geglückt sei: „Man kann die Sacher-Identity in keinen Neubau stecken und nichts Neues kreieren, es muss eine Patina da sein.“

Ehemaliges Schuhgeschäft mit Flair

Genau die hatte das ehemalige Schuhgeschäft in der Via Dante, was die Arbeiten allerdings nicht unbedingt erleichterte: „Schwierig auf der einen Seite, weil das ganze Lokal unter Denkmalschutz steht. Das heißt auch, wir durften nichts anrühren – im Gegenteil. Wir haben Auflagen gekriegt, wie wir das restaurieren müssen und dürfen. Mit sehr viel Aufwand. Mussten aber auf der anderen Seite 2023 hier hereinbringen, sprich Kaltluft, Warmluft, Abluft. Alle möglichen Geschichten, wie zum Beispiel eine Küche neu bauen, die es in einem Schuhgeschäft natürlich nicht gab, auch Toiletten dem heutigen Standard nach.“

Normalerweise würde jeder Spezialist wie ein Architekt oder Ingenieur sagen, lass die Hände davon. Man brauche die Liebe dafür, so ein Projekt anzugehen, sagt der Architekt, der den Traum hatte, einen „Salotto“ für die Triestiner zu erschaffen, den sie so noch nicht gesehen haben.

Dizzi Alfons
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Dizzi Alfons

Strenger Denkmalschutz verzögerte Projekt

Italienischen Medienberichten zufolge hätte die Eröffnung schon längst stattfinden sollen. Bereits gegen Ende des Vorjahres wurde über eine mögliche Eröffnung rund um Weihnachten gerätselt. Die strengen Regeln des italienischen Denkmalschutzes verzögerten die Arbeiten allerdings, sagt der Betreiber.

„Wir haben geschaut, dass wir so gut wie möglich in der Zeit bleiben. Haben dann im Zuge der Übernahme hier ein Geschäft vorgefunden, das 75 Jahre in einer Familie war. Es war sozusagen ruiniert. Es wurde nicht sehr liebevoll damit umgegangen. Alle Details, die wir heute hier wieder wunderbar sehen, waren entweder ganz zerstört oder teilweise zerstört oder schlichtweg auch verschwunden. Die Auslagen, die wir hier sehen, sind die Originalauslagen von 1913, sprich die letzten vier Generationen von Triestinern haben diese Auslagen nicht mehr gesehen, weil die waren zugemauert mit Samtkissen aus den 1960er Jahren.“

Gemütlichkeit wird groß geschrieben

Denn: Seit 1913 befand sich hier ein Schuhgeschäft – einst das Modernste der Stadt, weil es den sogenannten „Fließbandschuh“ im Angebot hatte: „Nach dem Fließband-Auto, dem Ford, kam der Schuh. Von einem Wiener Architektenbüro aus Margarethen wurde das Interieur entworfen. Man sieht es auch an den Details – es ist nicht italienisch, nicht triestisch, es ist Secession.“ Josef Hoffmann-Entwurfslampen ergänzen das spezielle Ambiente. Diese Lampen gab es auch im Graben-Cafè in Wien.

Sacher-Rot gepolsterte Sitzmöbel, schwarze Marmortischchen und prunkvolle Porzellanvasen sorgen für einen gemütlichen Eindruck. „Wir haben zum Teil noch alte Stücke gefunden und haben dann von einem Tiroler Tischler die Leisten nachmachen lassen. Er war der Einzige, der noch im Stande war, diese alten Dinge zu machen. In der Auslage haben wir 80 Spiegel.“

Fotostrecke mit 8 Bildern

Caffè Sacher Triest innen
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Wappen Luster Sacher Triest
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Sachertorte in Caffè Sacher Triest
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Erste Gäste im Caffè Sacher
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Kaffeezubereitung im Caffè Sacher Triest
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Vase und Luster im Caffè Sacher Triest
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Mojitos
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Cocktailzubereitung Caffè Sacher Triest
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Es ist ein Soft-Opening, ohne aufsehenerregende Eröffnungszeremonie, bei dem das Triestiner Sacher am vergangenen Wochenende nun für die Laufkundschaft seine Pforten geöffnet hat. Es handelt sich um das erste Kaffeehaus der alteingesessenen Wiener Marke außerhalb von Österreich.

Kaffee im Weinglas

Die meisten werden wohl kommen, um hier einen Kaffee und ein Stück der legendären Sacher-Torte zu probieren, die übrigens extra aus Wien angeliefert wird. Beim Genießen ist Zeit zum Verweilen gefragt. Schnell schnell, so wie es oft in Italien zugeht, wo der Kaffee am liebsten im Stehen, direkt an der Theke eingenommen wird ist nicht gefragt. Im Cafè Sacher soll die typische österreichische Gemütlichkeit gepflegt werden.

Dizzi Alfons will sich als „Kulturvermittler“ behaupten und serviert in seinem Sacher den „Capo in B“ aus Triest in einem untypisch kleinen Glas: „Warum im Glas? Weil die kleinen Tassen mit den kleinen Hänkelchen die Arbeiter nicht fassen konnten, weil die hatten große Hände. Sie haben gesagt sie brauchen was, das sie anfassen können. Dann war natürlich nichts da außer ein Glas und somit hat der Barmann irgendwann mal gesagt: dann mache ich es dir im Glas. So wurde dieser Capo in B geboren. Ich habe das typische Wiener Achtel-Weinglas für den Capo in B gewählt, also wieder eine Vereinigung zwischen Wien und Triest.“

Gulasch, Schinken oder Toast-Hawaii

Vom Angebot her unterscheidet sich die Speisekarte der Franchising- Zweigstelle in Triest wenig von jener des Stammhauses in der österreichischen Bundeshauptstadt. Das bedeutet, dass auch salzige Speisen wie Gulaschsuppe, Kalbsrahmgulasch – natürlich nach Original Sacher-Rezept – und Würstel, serviert mit frischem Kren, Senf und einer handgemachten Semmel, nicht fehlen dürfen.

Sendungshinweis:

„Servus, Srecno, Ciao“, 20.5.23

„Dann werden wir sieben verschiedene Schinkensorten: Von Istrien den berühmten Prosciutto, der dem Patanegra sehr ähnlich ist, dann den gekochten Schinken aus Triest. Außerdem haben wir getrockneten Schinken aus den Höhlen des slowenischen Karstes. Schinken aus San Daniele und dann – den König unter den Schinken – Culatelllo di Zibello. Nicht fehlen darf auch der gekochte Schinken vom Sacher und der Wiener Beinschinken.“

Auch verschiedene Toast-Varianten werden angeboten, mit Sacher-Schinken, Schinken-Käse oder Toast Hawaii: eine mutige Entscheidung, wie Dizzi Alfons schon gemerkt hat: „Den muss man haben in einem Wiener Cafè. Die Italiener sagen natürlich: Oh wie schrecklich. Erst einmal was ist denn das und dann mit einer Scheibe Ananas aus der Dose – wie schrecklich das ist. Mittlerweile lieben sie es. Toast Hawaii geht mittlerweile weg wie die warmen Semmeln.“

Vergessene Spezialitäten aus der Kindheit

Besonders stolz ist Dizzi Alfons auf einige Spezialitäten aus seiner Kindheit und Jugendzeit, die er ebenfalls seinen Gästen schmackhaft machen will: „Gemüsemayonnaise, Schinkenrolle, das russische Ei: also all die Dinge, die so am Verschwinden sind.“ Dazu gehört auch „lackierter Lachs“, also gedünsteter Lachs, lackiert auf einem Bett von Gemüsemayonnaise.

Dieses Kaffeehaus-Konzept sei für die Hafenstadt etwas Neues, so Alfons. „In Triest gibt es entweder die Pasticceria mit einem Stück Pizza dazu oder salzige ‚Tartine‘, also ein Brötchen. Das gibt es schon, aber in dieser Form, dass es so kombiniert wird, das ist typisch österreichisch oder wienerisch.“ Auch sonst lege man Wert auf ein exklusives Angebot.

Erste Gäste im Caffè Sacher
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Die ersten Gäste waren begeistert

Eine der ersten Gäste war Elisabeth Himmer-Hirnigel aus Wien. Ihr Resümee: „Die Symbiose von Sacher und von Triest und dieser wunderbaren altösterreichischen, habsburgerischen Zeit oder Stadt will ich sagen ist einmalig. Es hat in Triest bis jetzt gefehlt und dann hab ich natürlich auch die wunderbaren Bilder der Madame Sacher gesehen, die man von Wien kennt. Natürlich als gebürtige Wienerin bin ich auch eine Anhängerin vom Sacher, nicht nur der guten Torten wegen, sondern auch von dem ganzen Ambiente. Wunderschön.“

Auch der gebürtige Mailänder Mauro Maloberti, der seit 13 Jahren in Wien lebt, aber immer wieder gerne nach Triest kommt, war begeistert. Er sagte, er habe sich schon beim Betreten des Cafes wie in Wien gefühlt.

Maskottchen Caffè Sacher Triest Hund
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Der vierbeinige „Hausherr“ des Triestiner Sachers

Ausdrücklich willkommen sind im Sacher auch vierbeinige Gäste, so Alfons, dessen Hund schon jetzt als heimliches Maskottchen des Triestiner Sachers gilt und sich auch bereitwillig mit seinem Spielzeug im Maul fotografieren lässt, wenn man ihn bei seinem Kontrollgang durch das Gastzimmer über den Weg läuft.

Tradition und Moderne

Anna Sacher, die Gründerin des Sacher in Wien, hätte ihre wahre Freude daran, galt sie selbst auch als große Hundeliebhaberin, wie ein Bild mit zwei Bulldoggen zeigt, das in Triest über der Theke hängt. In der Bar wird nicht nur Kaffee, sondern auch der eine oder andere Cocktail zubereitet.

„Offen für Neues müssen wir immer sein, vor allem in Zeiten wie diesen, wo Triest gerade einen wahnsinnigen Boom erlebt. Am besten man kombiniert die Vergangenheit mit der Zukunft“, so Dizzi Alfons. Was den Ruhetag anbelangt hält er es mit der Tradition: Am Montag, wie es in vielen Geschäften und Lokalen in Triest üblich ist, wird auch das Sacher geschlossen bleiben.