Früher war vor allem der Salzhering auch in der Nachbarregion Friaul Julisch Venetien weit verbreitet. Er galt als Arme-Leute-Essen und war wohl deshalb sehr beliebt. Er wurde – in Salz eingelegt – in großen Fässern angeliefert. Die Zubereitung ist nach wie vor aufwendig. „Zuerst wird der Fisch gesalzen, dann getrocknet und dann kann man ihn frittieren und essen“, sagt Wirtin Carla Pietrella.

Frittierter Hering: Vom Arme-Leute-Essen zur Delikatesse
Wenn die „aringa“, wie der Hering auf Italienisch genannt wird, in kinderreichen Bauernfamilien auf den Tisch kam, sorgte er für willkommene Abwechslung während der Fastenzeit, so die Wirtin: „Es ist Tradition. Die Kirche erlaubte es, dass man diesen Fisch isst und die Bevölkerung konnte ihn sich leisten. Deshalb war er hier in der Gegend weit verbreitet, überhaupt in Istrago.“
Man sagt, dass eine zehnköpfige Familie damit zu Mittag satt wurde. „Es wurde Polenta für jeden gemacht, die dann in den Geschmack des salzigen Herings annahm, wenn jeder seinen Teil eintunkte.“

Gäste kamen von weither zum Heringsschmaus
Wer es sich leisten konnte, besuchte die Trattoria „Agli Amici“ für den Heringsschmaus am Aschermittwoch: „Sie kamen mit ihren Pferdewagen aus Spilimbergo und Umgebung, um hier den Hering zu essen. Den Brauch hat mein Vorgänger, Romeo de Rosa, eingeführt“, so Carla Pietrella.
Heute ist der Hering ein Nischenprodukt. Während er früher einmal ausschließlich am Aschermittwoch zubereitet wurde, ist er bei Carla nach Vorbestellung auch zwei, drei Tage später auf der Speisenkarte zu finden.

Alte Rezeptur für Stockfisch noch heute gefragt
Eine weitere Spezialität während der Fastenzeit ist der „baccalà alla vicentina“, also Stockfisch, wie er in Vicenza zubereitet wird. Eigentlich ist es aber mehr ein baccalà alla triestina – denn der Koch, von dem Carla das Rezept übernommen hat, hatte lange Zeit in Triest gelebt. Es unterscheidet sich nur durch die Art, wie der Fisch zerkleinert wird und die Gewürzmischung vom Original.

Venezianischer Händler brachte Stockfisch ins Landesinnere
Merluzzo, Kabeljau, wird der Stockfisch auch genannt. Wer sich fragt, wie dieser Meeresfisch seinen Weg ausgerechnet ins Landesinnere fand muss weit in der Geschichte zurückblicken, weiß Marina Del Colle zu berichten – in eine Zeit, als Spilimbergo unter venezianischer Herrschaft stand: „Ein venezianischer Händler geriet einst in den Lofoten, am nördlichen Polarkreis, in Seenot und wurde von Fischern gerettet. In ihrem Dorf erfuhr er dank eines Pfarrers, der Latein sprach, über die Konservierung dieses dort verbreiteten Fisches.“
Sendungshinweis:
„Servus, Srecno, Ciao“, 4.3.23
Als der Doge von Venedig davon erfuhr, ließ er auch in seinem Reich den Fisch auf diese Weise haltbar machen. Während des Konzils von Trient zwischen 1545 und 1563 sollen die Päpste dann auch Baccalà gegessen haben, was zu seiner Weiterverbreitung führte.

Als dann später während der Fastenzeit kein Fleisch, sondern nur Fisch erlaubt war, wurde auch in Friaul Julisch Venetien aus einer Not eine Tugend gemacht und so hielt er Einzug in den hiesigen Küchen. „Je nachdem, ob er Luftgetrocknet oder in Salz konserviert wird, wird er Stockfisch oder Baccalà genannt“, erklärt Marina Del Colle.
Pökelzunge: Delikatesse für Fleischliebhaber
Insgesamt nimmt man es hier nicht so genau mit der Fastenzeit bzw. dem kompletten Verzicht auf Fleisch. So gibt es bei ihr auch „lingua salmistrata“, also Pökelzunge – für den, der sie mag und der nicht – wie in unseren Breiten – bis zum Ende der Fastenzeit warten möchte wohl eine wahre Delikatesse. „Sie wird mit Salz und Gewürzen gepökelt, dann gekocht und in eine Form gegeben. Dann wird sie wie ein Aufschnitt in feine Scheiben aufgeschnitten und mit eingelegtem Gemüse serviert“, so die Köchin.

Zum Dessert Fasten-Kekse „Colâs“
Dazu gibt es noch den salzigen Asìno-Weichkäse aus der Gegend und auch auf Süßes muss nicht erst bis Ostern gewartet werden. „Unsere Colâs sind die typische Süßspeise der Fastenzeit. Es gibt ja gewöhnlich keine Frittelle, Polsterzipfel oder Süßigkeiten mit Creme mehr. Diese Kekse machen wir mit Nüssen so wie früher, als es noch keine Mandeln gab. Sie werden mit einem Dessertwein serviert – heutzutage zum Beispiel mit Zibibbo oder Moscato, der etwas leichter ist“, so Carla Pietrella.

Früher wurden die Colâs-Kekse übrigens auch Kindern am Tag ihrer Erstkommunion überreicht.