Glöckner Glockenschlagen Zuglio Scampanotadors
ORF
ORF

Glöckner-Nachwuchs in Karnien

Auch bei den südlichen Nachbarn erklingen Kirchenglocken, um die Uhrzeit bekanntzugeben, Gläubige zum Gebet einzuladen oder um auf wichtige kirchliche Ereignisse aufmerksam zu machen. In Zuglio in der Region Karnien gibt es einen Verein, der Interessierten die alte Technik beibringt. An Nachwuchs mangelt es nicht.

Oft klingt das weithin hörbare Glockenläuten wie ein kleines Konzert. Längst sind die meisten Kirchtürme mit einem automatischen Schlagwerk ausgestattet und nur noch Wenige beherrschen die alte Technik des Glockenschlagens. Für die, die es beherrschen, sind die Glocken wie ein Musikinstrument, mit dessen Klang sie auch Stimmungen und ihren Gefühlen Ausdruck verleihen. So ist das auch für Renato Miotti.

Renato Miotti
ORF
Renato Miotti

Als Kind erste „Gehversuche“ als Glöckner

Der 78-Jährige ist Glöckner aus Leidenschaft und das schon fast sein ganzes Leben lang: „Schon als Kind gefiel mir der Klang der Glocken. Es war aber nur den ältesten Dorfbewohnern erlaubt, auf den Glockenturm hinauf zu gehen.“ Er habe sich dennoch hinaufgeschlichen, hinter dem Uhrwerk versteckt und den Erwachsenen zugesehen. Als sie ihn entdeckten wagten sie es nicht, ihn wegzuschicken, also spornten sie ihn zum Mitmachen an. „Mit acht, neun Jahren war ich damals aber zu klein, um ordentlich am Seil zu ziehen, also bekam ich einiges zu hören. ‚Zieh, zieh, zieh‘ – ich habe bis heute ausgehalten“, so der Glöckner-Lehrer über seine persönlichen Anfänge.

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao; 18.6.2022

Nachwuchs-Glöckner werden immer jünger

„Scampanotadôrs“ werden auf Friulano die Glöckner genannt. Ein eigener Verein widmet sich dem Erhalt dieser Tradition. Auf dem Gelände von „La Polse di Cougnes“, hoch über Zuglio, gibt Renato Miotti regelmäßig sein Wissen an Interessierte weiter. An die 300 Schüler hatte er in den vergangenen 20 Jahren.

Mit Stolz sagt er, dass die Kursteilnehmer im Durchschnitt immer jünger werden: „Zu Beginn waren Anfänger 58, heute sind sie 21, 22 Jahre alt. Derzeit haben wir 19 Schüler“, sagt Renato Miotto.

Übungs-Glockenturm in Zuglio
ORF
Übungs-Glockenturm in Zuglio

Übungs-Glockenturm hoch über Zuglio

Geübt wird auf einem eigenen Glockenturm, hoch über Zuglio. Dort können die Schüler nach Herzenslust üben, ohne jemanden zu stören. „Wenn du mitten im Dorf üben würdest würden dich die Leute fragen, ob du verrückt bist. Man muss respektieren, dass nicht jeder den Lärm mag. Dieser Glockenturm dient ausschließlich Ausbildungszwecken“, sagt Renato Miotto.

Glöckner Glockenschlagen Zuglio Scampanotadors
ORF
Einschulung der Nachwuchs-Glöckner

Begeisterte Jung-Glöckner

Auf einem weiteren Miniatur-Glockenturm können in Zuglio schon Kinder im Volksschulalter die Technik des Glockenschlagens erlernen. Federico Vuerich ist einer von ihnen, der hier erste Erfahrungen damit sammelte. Vor zwei Jahren ging er das erste Mal mit auf echte Kirchtürme gegangen. „Dort habe ich zugesehen und dabei viel gelernt“, sagt er. Seit eineinhalb Jahren spiele ich selber dort. „Mir gefällt die Abwechslung, wenn man mit anderen gemeinsam spielt“, sagt Federico Vuerich.

Lorenzo Russo ist schon öfter bei Feierlichkeiten, wie zum Beispiel Hochzeiten, aufgetreten. Er sagt, es mache ihn glücklich, nicht nur etwas für sich selbst, sondern auch etwas für die Gemeinschaft zu tun: „Das Glockenspiel bringt allen Freude – egal ob sie gläubig sind oder nicht.“

Glöckner Glockenschlagen Zuglio Scampanotadors
ORF

Bei Vielen liegt Glockenspiel-Leidenschaft in der Familie

Auch Diego Minigher schätzt die Auftritte mit seinen Kollegen – egal ob in den Nachbardörfern, in Italien oder auswärts. Er sagt, es wäre schön, irgendwann auch in Österreich oder Deutschland oder anderen Staaten zu spielen.

Pietro Cozzutti ist ein sogenannter „figlio d’arte“ – das heißt, ihm wurde das Glockenspielen sozusagen schon in die Wiege gelegt. Von seinem Opa hat er es gelernt. Besonders gefallen ihm der Klang und die Bewegungsabläufe. Er will die Tradition fortsetzen, sagt Pietro Cozzutti. Oft wird er von seiner Mutter A nnalisa zu den Übungseinheiten begleitet. Sie macht selbst gerne mit.

Frau und Jugendlicher beim Glockenschlagen Zuglio
ORF
Annalisa ist eine jener Frauen, die das Glockenspielen beherrschen

Längst keine reine Männerdomäne mehr

Früher hingegen waren Frauen oft Glocken-Patinnen – und so manche Pfarrhelferin durfte – zumindest vom Boden aus – dem Glöckner beim Läuten helfen. Oben, direkt bei den Glocken, hatten Frauen lange nichts verloren, erzählt der Glockenspiellehrer Renato Miotti. Diese Zeiten sind längst vorbei. So gibt es auch immer mehr Glöcknerinnen, die sich einen fixen Platz in der einstigen Männerdomäne gesichert haben.

Den ganzen Sommer über können Interessierte aus Nah und Fern in Zuglio an Kursen teilnehmen, damit das Glöcknern auch in Zukunft nicht in Vergessenheit gerät.