Birgit Schellander und Vito D’Annunzio
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Lifestyle

Liebesgeschichte auf Italienisch

Die Lebenswege des Süditalieners Vito D’Annunzio und der Kärntnerin Birgit Schellander kreuzten sich vor Jahren in Lavamünd. Nach Jahren der Fernbeziehung zog Vito in der Pension ganz nach Kärnten. Als Hausmann entdeckte er das Nudelmachen und eröffnete einen kleinen Hofladen in Rotschitzen. Dort gibt es auch süditalienische Spezialitäten.

Es war eine reife, vorsichtige Liebe auf den ersten Blick auf dem damaligen Arbeitsplatz von Vito D’Annunzio und Birgit Schellander: „Ich habe im Tiefbau gearbeitet und Baumaschinen vermietet. Vito war bei der Firma, für die er arbeitete, Gaspipeline-Bauer in Lavamünd. Sie brauchten Maschinen. Sie brauchten jemanden, der sie österreichweit begleitet – auch im Norden Italiens und in Slowenien oder Deutschland, damit sie jemanden als alleinigen Ansprechpartner hatten, der das Rundum-Sorglos-Paket für sie machte. Geräte zur Verfügung stellen, auch die Anlieferung macht und sie sprachlich begleitet. Das war die schönste und einfachste Lösung für alle dann.“

Birgit Schellander
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Birgit Schellander

„Er hat immer gelacht“

Wenn sich Vito D’Annunzio an die Anfangszeiten zurückerinnert, muss er unweigerlich lächeln: „Sie sprach gut Italienisch, mein Deutsch war damals nicht so gut, aber sie war gut. Wir gingen eine Pizza essen und alles entwickelte sich langsam.“ Vito eroberte ihr Herz durch seine Offenheit, erinnert sich Birgit Schellander: „Er war der Mensch, der immer gelacht hat, immer freundlich gewesen ist und ist herausgestochen aus allen anderen. Das war eigentlich der Beginn.“

„Wir haben eine Fernbeziehung geführt, weit über zehn Jahre. Mein Mann war auf der ganzen Welt auf Baustellen auf der ganzen Welt und wir haben uns im Rhythmus von drei Wochen, einem Monat gesehen. Entweder ich flog zu ihm oder er zu mir. Wir pendelten und das war in Ordnung, das war gut so.“ Irgendwann, als ihre Beziehung dann immer ernster wurde, kam es zu dem Moment, den man aus Filmen kennt: Die italienische „mamma“ kommt ins Spiel.

Vito und seine Mutter
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Vito mit der „Mamma“

Riesenbammel vor Vitos Mamma

Birgit Schellander über das erste Kennenlernen vor mehr als zehn Jahren: „Das war für mich eine Riesenanspannung. Ich hatte einen riesigen Bammel, weil ich nicht wusste, was auf mich zukommt: Ich als Ausländerin, blond obendrein, nicht des Dialektes mächtig. Ich dachte mir um Gottes Willen, was wird kommen? Aber sie nahm mir eigentlich die ganze Angst. Sie war total lieb und das Einzige, was sie sagte, war: Lerne den Dialekt und dann komm zu mir und lerne Nudel machen. Wenn ich das kann, dann bin ich willkommen in der Familie, dann darf ich öfters kommen.“

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao, 26.2.2022

Ihre Feuerprobe als zukünftige Schwiegertochter bestand darin, Orecchiette, also kleine Nudeln, die von der Form her an Ohrmuscheln erinnern, zuzubereiten. Sie bestand sie mit Bravour und war bereit für den nächsten Schritt: Das Kennenlernen mit seinen Kindern, Enkelkindern, Cousins und dem Rest der Familie. Was ihr als „intimes Essen im kleinen Kreise“ angekündigt wurde entpuppte sich – wie sich später herausstellte – als Familientreffen mit 60 Teilnehmern.

Vitos Heimat
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Die süditalienische Heimat

„Am Dialekt geknabbert“

Nach dem ersten Schock konnte sie den Abend aber doch genießen, erinnert sich Birgit Schellander: „Es war sehr schön, aber du musst natürlich mit der Situation erstmal fertig werden. Jeder will dich dabei haben, jeder will mit dir reden, jeder fragt dich etwas. Du wirst Hin- und Hergezogen. Aber es war super.“ Erschwerend kam allerdings hinzu, dass sie mit ihren bisher gesammelten Italienischkenntnissen in einer Art Sackgasse war.

„Die sprechen gar nicht das schöne Italienisch, die Schriftsprache, sondern es wird rein der Dialekt gesprochen. Da hast du dann einmal eine Zeitlang zu knabbern. All meine Italienischkenntnisse habe ich momentan über Bord geworfen und gesagt, ich verstehe gar nichts.“ Die Einheimischen in der Heimat ihres Mannes empfindet Birgit Schellander als „ganz offen. Sie geben jedem eine Chance und nehmen ihn, wie er ist. Aber du musst sie natürlich genauso akzeptieren und fair behandeln. Dann hast du das schönste Leben unten.“

Birgit Schellander und Vito D’Annunzio
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Birgit und Vito

„Laut, herzlich, man ist mittendrin“

„Es ist laut, es ist herzlich. Du wirst umarmt, du wirst abgeküsst, du wirst gedrückt. Da hast du keine Chance mehr, dem Ganzen zu entfliehen. Du bist mitten drinnen und voll dabei. Das ist ein Wahnsinn. Wenn sie dich einmal mögen und akzeptiert haben, dann bist du bei ihnen und fertig. Das ist ganz toll. Italien, wie es sein soll und wie wir es in den Filmen gezeigt bekommen.“

Als Vitos berufliche Karriere zu Ende ging wurde Kärnten zu seinem ständigen Hauptwohnsitz. „Als er in Pension ging brach er in seinem Heimatort in Aquilonia die Zelte ab und zog mit Sack und Pack herauf.“ Er unterstützt seine nach wie vor berufstätige Frau seither, wo er kann: „Wenn ein Mann seine Frau liebt, muss er das machen. Zu Hause mache ich alles sauber und putze. Ich warte nicht, bis es meine Frau macht oder mir sagt, was zu tun ist. Ich bin ein Hausmann. Früher habe ich auf vielen Baustellen gearbeitet und war immer unterwegs in Deutschland, Frankreich, Spanien und Libyen. Ich war auch bei Ghadaffi.“

Kärnten als zweite Heimat

Jetzt ist Köttmannsdorf seine Heimat und er hat sich gut eingelebt, wie er sagt. Nur jetzt im Winter macht sich für ihn der Unterschied zu Süditalien spürbar: „In Italien ist es nicht so kalt wie hier. Aber mir ist das egal, es geht mir gut hier. Das ist kein Problem. Auf der Baustelle hatte ich auch schlechtes oder gutes Wetter. Mein Körper passt sich an – egal, ob er in Italien oder hier ist.“

Vito D’Annunzio sagt, er sei wohlwollend in Kärnten aufgenommen worden: „Die Leute, die ich kenne, sind gute Leute. Ich bin ein guter Freund für sie und sie sind auch gut zu mir. Viele kommen mich besuchen, wir trinken zusammen ein Bier. Das passt alles gut, ehrlich. Österreich ist meine zweite Heimat. Das ist kein Problem.“

Kleiner Hofladen als Hobby

Seit Vito D’Annunzio in Pension ist, geht er seiner Leidenschaft nach: Kochen und Gäste unterhalten. Er betreibt als Hobby einen kleinen Hofladen, in dem er seinen Gästen süditalienische Spezialitäten schmackhaft machen möchte. Er ist als „Italiener vom Teich“ bekannt. Wenn er nicht gerade Kunden bedient, ist Vito in der Küche anzutreffen. Gelernt hat er bei seiner Mutter: „Nicht nur Ravioli, auch die Zubereitung anderer Nudeln. Ich war immer dabei, wenn sie zu Hause Pasta machte, auch Fettuccine usw. Ich habe ihr zugeschaut und irgendwann auch damit angefangen. Ich glaube jetzt bin ich Spezialist.“

Vito beim Nudelnmachen
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Vito in der Küche

Leute lieben Ricottafüllung

Diesmal verwendet er für die Ravioli-Füllung frische Ricotta, die er in Italien bezieht. Dazu gibt er Parmesan, Petersilie und eine Prise Salz – mehr nicht. Maximal zwei Tage sollte man die Ravioli im Kühlschrank aufbewahren, damit sie ihren frischen Geschmack behalten, sagt Vito D’Annunzio.

Mit Ricotta gefüllte Nudeln
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Die fertigen Teigtaschen

Auch beliebige andere Füllungen sind für die Teigtaschen möglich, sagt er: „Ich mache sie auch mit Trüffel, aber viele Leuten schmecken sie mit Ricotta einfach besser. 30 Prozent der Leute, die sie bestellen, möchten sie mit Trüffel haben, aber die meisten haben sie lieber normal mit Ricotta.“

Er will weitermachen „bis ich noch Kraft habe.“ Gerne gibt er sein Wissen auch Interessierten weiter, sagt Vito D’Annunzio: „Wenn jemand ein bisschen Talent hat, ist es kein Problem. Dann lernt er es in zwei Tagen. Dann kann er es selber machen.“ Geheimnis bei der Zubereitung habe er keines. Alleine die Leidenschaft mache schon viel aus sagt er: „Das ist bei mir nur ein Hobby. Ich brauche nichts, kein Geld. Ich habe meine Pension, das ist ein reines Hobby. Wenn meine Frau den ganzen Tag arbeitet – was mache ich dann? Dann habe ich dieses Hobby gefunden.“

Im kleinen Hofladen
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Birgit berät einen Kunden

Verkaufshütte mit Spezialitäten

Die Idee zur Verkaufshütte mit italienischen Spezialitäten, die er gemeinsam mit seiner Frau seit dem vorigen Jahr betreiben, entstand dann quasi von selbst, sagt Birgit Schellander: „Er liebt Menschen, das Reden und das Lustigsein. Das war eigentlich die einzige Möglichkeit, um ihm ein bisschen einen Inhalt während des Tages zu geben. Dadurch, dass er sein Land liebt, dann die Lebensmittel liebt und eigentlich alle Produkte, die von unten kommen, die ehrlich produziert werden und die bio sind, haben wir gesagt, das ist vielleicht eine Idee, wo wir ansetzen können.“

Die Gegend, aus der Vito D’Annunzio stammt, befindet sich in der Region Kampanien, grob gesagt zwischen Neapel und Bari. Aquilonia ist sein Heimatort, erzählt Birgit Schellander: „Man fährt über Foggia ab und fährt dann eineinhalb Stunden ins Landesinnere. Da ist nur ganz viel Gegend. Da sind viele Windmühlen und Berg und Tal. Es ist alles vulkanisches Gebiet und du glaubst, du fährst 30 Jahre zurück. Das ist alles ursprünglich noch mit Tante Emma-Läden, es ist familiär. Jeder kennt jeden. Die Leute gehen nicht viel aus dem Ort raus. Es ist die Zeit stehengeblieben.“

Produzenten aus dem Süden Italiens

Im vorigen Mai machten sich die beiden gemeinsam auf nach Süditalien, um die Produzenten persönlich aufzusuchen und Kontakte zu knüpfen: „Wir sind natürlich nach Standards gegangen wie Regionalität, auch Fairbehandlung der Bauern, bio bzw. bio-nahe. Wir haben auch geschaut, dass es kleine Händler sind, die das unten am Laufen halten. Wir wollten dazu beitragen, ihnen unten die Möglichkeit zu geben, gut zu leben.“

 Schwiegertochter Bianca kümmert sich um Social Media
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Die künftige Schwiegertochter Bianca kümmert sich um die Sozialen Netzwerke des Ladens

Mit Juni 2020 ging es dann los mit der Verkaufsstelle als „Der Italiener vom Teich“ in Rotschitzen in der Gemeinde Köttmannsdorf. Seither bieten Vito D’Annunzio und seine Frau in dem kleinen Hofladen alles an, was in der süditalienischen Küche nicht fehlen darf, sagt Birgit Schellander: „Wir haben alles, was in Kalabrien produziert wird. Es sind Oliven, es ist das Olivenöl, es sind die Weine, es sind die Spezialitäten, wie das Knabbergebäck Taralli mit sämtlichen Geschmäckern von unten – es ist Fenchel überall drinnen, es sind Pfefferoni oder der wilde Oregano. Da ist wirklich alles vorhanden, wie es unten gelebt wird.“

Kennerin der Pasta

Auch Pasta ist für Birgit Schellander und ihren Mann nicht gleich Pasta: „Es soll italienisches Korn genommen werden und nicht welches, das außerhalb der EU zugekauft wird.“ Sonnengetrocknete Tomaten, Nüsse, Mandeln, Pinienkerne oder hausgemachte Pesti zählen ebenfalls zum Sortiment. Nach Vorbestellung stellen sie auch Platten mit italienischer Jause zusammen, denn eine weitere Leidenschaft von Vito D’Annunzio ist das Jagen: „Im Winter fahre ich öfter nach Italien. Ich habe dort viele Freunde, 30 Leute, gemeinsam gehen wir auf die Wildschweinjagd.“

Von seinem letzten Heimataufenthalt hat er kiloweise Würste mit nach Kärnten gebracht: „Jetzt trocknen sie noch eine Woche, dann sind sie fertig. Aber ich verkaufe diese Würste nicht. Ich gebe sie nur als Geschenk an die Leute weiter. Das ist mein Hobby, kein Geschäft. Wenn die Leute hierher kommen und mich fragen, ob ich Würste habe, gebe ich sie ihnen. Ich will dafür kein Geld haben. Das ist Sport, aber die Jagd ist kein Geschäft.“