Anastasia Traußnig am Grab ihres Sohnes Albin
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„Aufgezeigt“

88-jährige Mutter kämpft um Erbe

Anastasia Traußnig aus Wolfsberg ist 88 Jahre alt, im Herbst starb ihr schwerkranker Sohn Albin nach einer Covid-Infektion. Zehn Wochen vor seinem Tod änderte er sein Testament zugunsten eines Versicherungsberaters, der jetzt einen sechsstelligen Betrag erben soll. Die Mutter, die sich 70 Jahre um ihn kümmerte, geht leer aus.

Albin Traußnig litt an schwerer Schizophrenie, war Epileptiker und konnte kaum noch sehen, er hatte auch einen Hirninfarkt erlitten, wie die Unterlagen belegen. Er lebte in einem betreubaren Wohnhaus. Die Mutter trauert um ihren Sohn und wird von Trauerbegleiterin Martina Maier unterstützt.

Aufgezeigt: 88-jährige Mutter kämpft um Erbe

Anastasia Traußnig aus Wolfsberg ist 88 Jahre alt, im Herbst starb ihr schwerkranker Sohn Albin nach einer Covid-Infektion. Zehn Wochen vor seinem Tod änderte er sein Testament zugunsten eines Versicherungsberaters, der jetzt einen sechsstelligen Betrag erben soll. Die Mutter, die sich 70 Jahre um ihn kümmerte, geht leer aus.

Albin war ein Einzelkind und bis zuletzt kümmerte sich die Mutter um ihn, wie sie erzählte: „Jeden Tag war ich bei ihm. Manchmal war er sehr, sehr schlecht beieinander. Er hat solche Schwindelattacken gehabt.“ Die Schizophrenie habe sich durch Angstzustände geäußert, so die Mutter. Dass er erschossen werde oder das Haus abbrenne, er sei sehr arm gewesen. Das Verhältnis mit ihrem Sohn sei sehr gut gewesen.

Anastasia Traußnig
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Anastasia Traußnig

Mutter erfuhr von Testamentsänderung beim Notar

In diesem Zustand machte Albin das dritte Testament, zehn Wochen vor seinem Tod. Zwei Testamente gibt es davor von 2013 und 2018, immer war Albins Mutter Alleinerbin. Sollte sie vorher sterben, sollte eine Cousine erben. Das dritte Testament ist sehr formlos und wurde am 9.8.2021 unterzeichnet. Darin vererbt Albin Traußnig aber einem Versicherungsberater sein gesamtes Vermögen, einen sechsstelligen Betrag.

Die Mutter geht leer aus und erfuhr davon erst beim Notar. "Mir ist vor den Augen schwarz geworden, das ist eine traurige Angelegenheit, dass man einem kranken Menschen als Außenstehender so nahe kommen könne, sagte Anastasia Traußnig. Sie kränke sich sehr, das sei für sie keine Kleinigkeit. Sie glaubt keine Sekunde, dass ihr Sohn das aus freien Stücken gemacht habe.

Anwalt Herberg Juri
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Anwalt Herbert Juri vertritt die Mutter

Das Testament, das Albin Traußnig am 9. August kurz vor seinem Tod unterschrieb, ist formal rechtsgültig. Traußnigs Ärzte bestätigten der Redaktion, dass Schizophrenie Patienten manipulierbar mache. Albin Traußnig sei nie symtomfrei gewesen, er habe immer Stimmen gehört und panische Angst gehabt. Dazu kommt, dass er sehr schlecht sehen konnte, ohne Lesegerät habe er praktisch nichts mehr erkennen können.

Trauerbegleiterin Martina Maier kannte Albin ebenfalls. Er sei in einem schlechten Zustand gewesen und habe große Ängste gehabt. Er habe großen Wert auf seine Mutter gelegt, die so gut wie täglich bei ihm war.

Anwalt: Erheblicher Zweifel

Was die Mutter jetzt noch gegen das neue Testament tun kann, weiß Erbrechts-Experte Herbert Juri. Die Kernfrage sei, ob Albin so knapp vor dem Tod noch testierfähig war und das Testament gültig sei oder nicht: „Bei Ihrem Sohn ist es so, das erheblicher Zweifel besteht, aufgrund der Schizophrenie, dass er in der Lage war, zu verstehen, was er gemacht hat.“ Schizophrene seien leicht beeinflussbar, ändere ihre Meinung und verstehen nicht, was sie tun, so der Anwalt.

Der Fall Traußnig ist kein Einzelfall, so der Anwalt. Vor dem Ableben sei es häufig so, dass es gewisse Vertrauenspersonen gebe, die ins Leben kommen und die Situation zu ihren Gunsten nutzen.

Anwalt Werner Poms
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Anwalt Werner Poms vertritt den Erben

Mutter und Sohn über Jahre gekannt

Der Versicherungsberater, jetzt Alleinerbe, kannte Mutter und Sohn über 25 Jahre, sagte sein Anwalt Werner Poms. Auch noch nach seiner eigenen Pensionierung habe er den Verstorbenen besucht, mit ihm geredet und ihn bei Behördenwegen unterstützt. Das Testament sei in seiner Kanzlei erstellt worden, so Poms. Anwesend waren laut dem Anwalt nur Albin Traußnig und er selbst: „Das Testament wird zuerst besprochen, diktiert, die Damen schreiben es, kommen herein und unter Zuziehung von drei Zeugen wird das Testament unterschrieben, einer davon war ich.“ Körperlich sei Albin Traußnig in schlechter Verfassung gewesen, als das Testament erstellt worden sei, sagte Poms.

Auf die Frage, ob Albin Traußnig erklärt habe, warum es zur Testamentsänderung gekommen sei, sagte Poms, dieser habe zum ihm gesagt, dass er erwarte, seine Mutter zu überleben. Wenn er kein anderes Testament mache, würde sein Vermögen die Cousine erben und das wollte er auf keinen Fall, so Poms. Seine Mutter sei 88 Jahre alt und verfüge auch über ein gewisses Vermögen, habe Albin Traußnig zu ihm gesagt, auch in ihrem Todesfall würde die Cousine erben, was er keinesfalls gewollt habe.

Makler hat behinderten Enkel

Der Versicherungsberater, der nun alles erbt, habe einen behinderten Enkel, der Geld benötige, erklärte der Anwalt. Da Albin den Enkel gekannt habe, wollte er, dass der Versicherungsberater erbe und dann der Enkel das Geld bekomme, so Anwalt Poms. Es gibt aber keinen Vertrag darüber, das besagt, dass das Erbe an den behinderten Enkel des Alleinerben übertragen werden solle. Der Anwalt bestätigte, dass der Alleinerbe für diesen Enkel schon einmal 10.000 Euro von Albin Traußnig bekommen hatte. Er habe davon im Rahmen der Verlassenschaft erfahren, er habe aber keine Unterlagen dazu. Es solle auch einen Schuldschein geben, den er aber nicht gesehen habe, so Poms.

Auf die Frage, ob der Alleinerbe von der Krankheit Albin Traußnigs gewusst habe, sagte Werner Poms: „Nachträglich hat er mir gesagt, dass er davon gewusst hat, aber über das Ausmaß hat er nichts gesagt. Beim Reden sei ihm nichts aufgefallen.“

Auf die Frage, ob ihm beim Termin mit dem Erblasser etwas aufgefallen sei, sagte Poms: „Natürlich nicht, beim geringsten Zweifel an seiner Geschäftsfähigkeit hätte ich das Testament nicht verfasst. Auch die beiden anderen Zeugen können belegen, dass kein Grund vorgelegen ist, an seiner Geschäftsfähigkeit zu zweifeln.“

Erbe will Mutter etwas abgeben

Auf die Frage, wie sich der Anwalt eine mögliche Lösung vorstellen könnte, sagte Poms, sein Mandant habe ihm gesagt, er sei bereit, der Mutter einen Betrag zu geben, der aber nicht so groß sein könne aufgrund der gesetzlichen Lage.

Anastasia Traußnig mit Martina Maier und Gudrun Maria Leb
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Anastasia Traußnig mit Martina Maier und Gudrun Maria Leb

Sein Klient sei jetzt aber vergleichsbereit und wolle der Mutter einen Teil vom Erbe abgeben, sagte der Anwalt.

Testament wird bestritten

In Kürze ist die nächste Verlassabhandlung, Anwalt Juri wird für seine Mandantin Zweifel anmelden und das Testament bestreiten. Komme es zu keiner Lösung, müsse der Notar den Akt dem Gericht übergeben, so Anwalt Juri. Das Gericht entscheide dann über die Gültigkeit des Testaments.