Eva Seminara beim Buchbinden
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Buchbinderin arbeitet an essbarem Buch

In der Altstadt von Udine betreibt Eva Seminara eine alte Buchbinderei. Dort werden auf traditionelle Weise Einbände hergestellt, sie sucht aber immer wieder neue Verpackungen für die Bücher. So arbeitet Seminara auch an einem essbaren Buch aus Schokolade.

Bücher waren schon immer die Leidenschaft von Eva Seminara. Sie studierte Literaturwissenschaften und war lange für einen Verlag tätig. Irgendwann war es Zeit für einen Perspektivenwechsel, wie sie sagt: War es lange Jahre in erster Linie der Inhalt, der sie an Büchern faszinierte – fand sie immer mehr Gefallen auch an deren Äußerlichkeiten, sprich dem Einband.

Buchbinderin Eva Seminara beim Buchbinden
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Bibeleinband als Erstlingswerk

Als sie vor gut 20 Jahren davon erfuhr, dass der Vorbesitzer einer kleinen Werkstatt im Herzen von Udine in Pension gehe, war für Eva Seminara klar: Das wird mein neuer Arbeitsplatz. Weil sie gerne mehr mit ihren Händen arbeiten wollte ließ sie sich einschulen und erlernte das Buchbinderhandwerk von der Pike auf: „Mein erstes Buch, das ich bearbeiten durfte, war eine Bibel. Sie ist ja das bekannteste Buch der Welt und wird entsprechend oft repariert“, erzählt die spätberufene Buchbinderin. Bis sie soweit war, ihre erste eigene Bindung zu machen, verging viel Zeit.

Buch mit Ledereinband
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Auf der Suche nach dem passenden Einband

Nicht nur das Wissen, auch viele der Arbeitsgeräte hat sie von ihrem Vorgänger übernommen. Wenn sie damit alten Büchern zu neuem Glanz verhelfen kann zaubert ihr das ein Lächeln ins Gesicht: „Jedes Stück ist etwas Einzigartiges – gerade weil jeder Arbeitsschritt händisch gemacht wird“, sagt Eva Seminara: „Es gefällt mir, dass ich auf die Vorstellungen der Kunden eingehen kann. Ich fertige zum Beispiel ihr personalisiertes Tagebuch in ihrer Wunsch-Größe an – vom Einband bis zur Bindung und Namens-Prägung.“

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao; 22.1.2022

Ausgehend vom jeweiligen Inhalt des Buches lässt sich die Buchbinderin immer wieder zu neuen Verarbeitungsarten für deren Einbände inspirieren. Es ist ein althergebrachtes Wissen, das sich über Jahrhunderte hinweg weiterentwickelte: Der Grundgedanke war, Schriftstücke zusammenzuhalten. Die ersten Einbände waren darauf ausgerichtet, Pergamentstücke zwischen zwei Holztafeln zusammenzuhalten, sagt Eva Seminara. Zu diesem Zweck wurde auch die Ringbindung entwickelt, damit die Zeile auch wirklich gut zusammengepresst bleiben. Als dann irgendwann das Pergament durch Papier abgelöst wurde kamen immer andere Techniken und Materialien zum Einsatz, sagt Eva Seminara.

Eva Seminara
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Eva Seminara

Rinder, Harz, Kork – und Schokolade

Je nachdem, in welchem Zustand sich ein Buch befindet bzw. was das neu entstehende Werkstück abverlangt, wird nach den passenden Materialien gesucht: „Zu den klassischen Materialien, die ich oft verwende, zählen Leder, Textilien oder Kunststoffe“, sagt Eva Seminara: „Es geht aber auch mit ungewöhnlichen Materialien wie Rinden, Harzen oder Fieberglas. Ich habe auch schon Stahl verarbeitet und auch Kork“, sagt die Buchbinderin.

Bücher mit Einbänden aus verschiedenen Materialien
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Bücher mit Einbänden aus unterschiedlichen Materialien

Ihre Werkstatt trägt den Beinamen „La Legatoria artistica di Udine“ – die künstlerische Buchbinderei von Udine. So hat Eva Seminara auch schon Ideen für neue Projekte, auch wenn sie überzeugt ist, dass das gute alte Buch wohl nie aus der Mode kommen wird: „Das Abenteuer Buch beschränkt sich nicht nur auf das Lesen. Es ist auch eine Gefühlssache, wenn man die Seiten angreift und sie auch riechen kann. Es spricht mehrere Sinne an.“

Sie sagt, es fehle nur noch der Geschmack: „Ich habe es noch nicht geschafft, aber gemeinsam mit einer Kollegin arbeiten wir an einem Buch aus Schokolade.“ Das dürfte wohl nicht nur Leseratten und Bücherwürmern schmecken.