Martina und Jennifer Habig im Gespräch mit Gudrun Maria Leb
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„Aufgezeigt:“ Leben mit Schimmel

Martina Habig und ihre körperlich behinderte Tochter Jennifer leben seit elf Jahren in einer Mietwohnung in Schiefling. Sie kämpfen gegen Schimmel, Feuchtigkeit und Schmutzwasser in der Spüle. Probleme, die der private Vermieter nie nachhaltig löste. Einen Umzug könnten sich die beiden nicht leisten.

Jennifer Habig wohnt mit ihrer Mutter in der Mietwohnung, die ständig feucht und schimmelig ist: „Es war zentimeterdicker Schimmel hinter unserer Couch. Es ging im Büro weiter bis ins Schlafzimmer und das Zimmer meiner Mutter. Zum Schluss war es wirklich ganz schlimm im Bad“, sagt Jennifer Habig.

Jennifer Habig
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Jennifer Habig muss derzeit wegen eine Augenentzündung wieder Brille tragen

Augenentzündung plagt Jennifer Habig seit Jahren

Ab 2014 sei die Situation „sehr arg“ geworden. Alle zwei Monate seien die mit Schimmelspray angerückt, um des Problems zumindest zeitweise Herr zu werden. Sie leidet seit Mai 2014 an einer Augenentzündung und muss daher Sonnenbrillen tragen. Auch die Mutter hat seit Jahren immer wieder Augenbeschwerden.

Schimmelbefall in Wohnung von Familie Habig
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Neben dem Schimmel kämpft sie seit Jahren gegen Schmutzwasser im Küchen-Abfluss: „Es ist alles verstopft und kaputt“, sagt Martina Habig. 22 Verstopfungen gab es seit 2010.

Fotos von verstopftem Küchenwaschbecken in Wohnung von Familie Habig
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„Hatte Todesängste“

Der private Vermieter bemühte sich als Heimwerker, konnte die Probleme aber nicht lösen. „Bei manchen Sachen sagte er, dass er etwas machen werde – bei anderen sagte er, wir würden nur Drama machen und es wäre doch eigentlich alles gar nicht so schlimm“, sagt Jennifer Habig. Sie griff zu Notwehr und fertigte ein genaues Protokoll an: „Ich hatte wirklich Todesängste. Wenn Sie keine Luft mehr kriegen und die Augen und der ganze Körper brennen dann wollen Sie etwas haben, das Sicherheit gibt. Für mich war das das Protokoll.“

Astrid Wutter-Lang Anwältin
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Astrid Wutte-Lang

Anwältin: Vermieter muss Wohnung bewohnbar halten

Jennifers Protokoll wurde vom „Aufgezeigt“-Team zur Mietrechtsexpertin gebracht. Sie sucht schon eine Ersatzwohnung für die beiden: „Der Vermieter ist grundsätzlich verpflichtet, die Wohnung in einem brauchbaren und bewohnbaren Zustand zu halten. Wenn Missstände auftreten hat er diese sofort zu beheben bzw. zu sanieren. Bleibt der Vermieter untätig hat der Mieter den Anspruch auf Mietzinsminderung.“

Sendungshinweis:

Aufgezeigt in Radio Kärnten, 2.11.2021

Bei Untätigkeit des Vermieters hätten Mieter die Möglichkeit, Verbesserungs- und Erhaltungsarbeiten bei Gericht durchzusetzen. Rechtlich sei auch klar, dass eine schöne Wohnung für ihre beiden Mandantinnen zu finden sei. Ein Auszug sei aus finanziellen Gründen bis jetzt nicht möglich gewesen.

Isabella Scheiflinger Behindertenanwältin
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Isabella Scheiflinger

Behindertenanwältin verweist auf Hilfsangebote

Auch bei der Behindertenanwältin bat „Aufgezeigt“ um Beratung. Isabella Scheiflinger fand Fördermöglichkeiten für Martina und Jennifer: „Die Mutter weiß zum Beispiel nicht darüber Bescheid, dass sie über das Kärntner Chancengleichheitsgesetz eine Pflegeförderung in Anspruch nehmen kann.“ Die Tochter könne laut Scheiflinger zum Beispiel auch eine finanzielle Sozialhilfeleistung beanspruchen.

Ulrike Berger Augenfachärztin
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Ulrike Berger

Augenärztin: Zusammenhang mit Schimmel möglich

Unterdessen wurden Jennifer und Martina von Gudrun Maria Leb zu Augenärztin Ulrike Berger begleitet. Die jahrelangen Augenentzündungen könnten durch den Schimmel verursacht worden sei, bestätigt die Medizinerin: „Natürlich kann man das nicht eindeutig belegen, aber aufgrund der Anamnese liegt diese Vermutung nahe. Faktum ist, dass ich nur die jetzige Situation beurteilen kann, dass sie wirklich eine massive Augenentzündung mit Bindehaut- und Hornhautbeteiligung hat.“

Augenuntersuchung bei Jennifer Habig
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Augenuntersuchung bei Jennifer Habig

Vermieter reagierte schriftlich per Anwalt

Natürlich wurde auch der Vermieter zu den Problemen befragt. Es kam eine schriftliche Stellungnahme vom Anwalt des Vermieters:

Anwaltsschreiben von Vermieter Preradovic
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Schriftliche Stellungnahme des Vermieters

Vermieter strebt Kompromiss an

Dann sprachen der Vermieter und sein Sohn doch mit dem ORF-Team, das ihn damit konfrontierte, dass Fachfirmen zur Behebung der Schäden erst zehn Jahre nach der ersten Beschwerde geholt worden seien. Der Vermieter blieb bei seiner Darstellung des Sachverhaltes; ergänzt wurde aber noch, dass man um eine Kompromisslösung für beide Streitparteien bemüht sei, so Vladan Preradovic, Sohn des Vermieters. Martina und Jennifer Habig werden sich dieses Angebot überlegen.

Gudrun Maria Leb im Gespräch mit Vermietern Preradovic
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Gudrun Maria Leb im Gespräch mit dem Vermieter und dessen Sohn

Erste Wohnungsangebote eingetroffen

Unterdessen liegen erste Wohnungsangebote des „Aufgezeigt“-Helfernetzwerkes auf dem Tisch. Während Martina Habig auf einen umgehenden Umzug hofft wünscht sich ihre Tochter „einfach jeden Tag gerne aufzustehen, weil man weiß, man ist sicher und es ist kein Schimmel da“.