Den 2. November des Vorjahres wird Sabine Wiedenhofer wohl nicht so schnell vergessen. Sie war mit ihren Kindern zum Abendessen in der inneren Stadt und bekam den Terroranschlag hautnah, aber unverletzt mit.
In den Tagen danach berührte sie die Anteilnahme der Menschen tief: überall wurden Kerzen, handgeschriebene Briefe, Kränze und Blumen zum Gedenken an die Toten deponiert. Sabine Wiedenhofer will mit ihrer Kunst Negatives in Positives verwandeln: „Ich hätte nie erlauben können, dass das alles entsorgt wird. Es ist so viel Gutes, das da manifestiert wurde. Ich musste darum kämpfen, dass ich dieses Gedankengut bekomme.“

So ließ die Künstlerin die Überreste sammeln, um sie künstlerisch zu verwerten. Es gab aber auch kritische Stimmen über die sie aber hinwegsieht. Sie sei anfangs von vielen Leuten gefragt worden, ob überhaupt jemand soetwas sehen wolle: „Wer will mit solchen Materialien etwas zu tun haben?“ Für viele sei das Geschehene passiert und somit abgehakt. „Ich als Künstlerin kann da aber nicht zuschauen“, sagt Sabine Wiedenhofer.

Zerkleinertes Material wird verschmolzen
Die Skulpturen aus Glas – 38x38 Zentimeter groß und rund fünfzehn Kilogramm schwer – entstehen zum Beispiel, indem das geshredderte Material mit Glas verschmolzen wird.
Sendungshinweis:
Servus, Srecno, Ciao; 5.6.2021
„Glas stößt aber jegliches weitere Material, wie Glas, Plastik, Metall und Blumenreste, ab. Das Glas bricht dann. Ich stanze es nochmals ein und man muss sich das dann wie kleine Glaspartikel vorstellen, die in ein Oktogon gefüllt werden", so Wiedenhofer.

In Verbindung mit Aluminium und Glas entstehen dadurch jeweils 24 Skulpturen. Jede einzelne steht für eines der Todesopfer. Wenn sie fertig sind, soll der Erlös aus dem Verkauf den Hinterbliebenen der Terror-Opfer und der Aktion „Shalom Alaikum“ zu Gute kommen.

Oktogon mit spezieller Symbolik
Die Skulpturen haben jeweils die Form eines Achtecks, erklärt Sabine Wiedenhofer: „Die Quersumme des Datums – 2.11.2020 – ergibt die Zahl acht. Sie steht in der Numerologie für den achtstrahligen Stern, das Oktogon. Das steht wiederum für die Auferstehung Christi.“ Es sei ein Symbol dafür, dass auch die Menschen immer wieder aufstehen müssen, egal, wie schwere Schicksalsschläge sie erleiden.
Partner im In- und Ausland
Einer der Partner ist die Firma Becker-Guss in Mödling, wo Aluminium verarbeitet wird. Die geshredderten Partikel verschmelzen mit dem Aluminium und ergeben eine raue Oberfläche. Auch im bekannten Glasatelier Berengo werden die Überreste seit einigen Wochen weiterverarbeitet.

Verschmelzungsprozess bringt Überraschungen
Sabine Wiedenhofer sagt, es sei spannend, was dabei heraus komme, denn bis dato habe noch niemand Glas mit Abfall wie Plastik und Wachs verschmolzen: „Man verschmutzt das Glas de facto und man verschmutzt auch das Aluminium, den Guss. Aber es findet dann eine Metamorphose statt. Wir haben wochenlang beobachtet, was mit den Materialien passiert und was heraus kommt.“ Es gehe um die Frage, wie das Resultat ihren künstlerischen Visionen möglichst nahe kommen könne.

Suche nach geeignetem Ort für Denkmal in Wien
Auch ein zehn mal zehn Meter großes, beleuchtetes Mahnmal, ebenfalls in Form eines Oktogons, soll spätestens zum Jahrestag des Terroranschlags in Wien enthüllt werden. Wo es konkret errichtet werden könnte, ist noch offen. Sie sei dabei, mit dem Denkmalschutz einen geeigneten Ort zu finden, der auch das Gewicht der Skulptur aushalte.