Die gemeinsame Kandidatur soll ein Zeichen für die grenzüberschreitende Verbindung und Zusammenarbeit sein, sind die Organisatoren überzeugt. Die beiden Städte behaupteten sich gegen slowenische Konkurrenten wie Ljubljana-Laibach, Piran und Pettau-Ptuj.
Mattarella: Vorbild für andere Grenzregionen
Einer der ersten Gratulanten war Italiens Präsident Sergio Mattarella. Er sieht in der gemeinsamen Kandidatur als Europäische Kulturhauptstadt ein Zeichen dafür, dass Italien und Slowenien enge Beziehungen aufbauen konnten. Gegenseitiger Respekt und der Wille zusammenzuarbeiten sollen neue Perspektiven für die Zukunft ermöglichen, sagt Mattarella. Das gemeinsame Projekt soll anderen Grenzregionen ein Vorbild sein und in ganz Europa beispielhaft wirken, denn es gebe noch heute mitunter harte Auseinandersetzungen und oft auch Kriege, anstatt sich gemeinsam um ein friedliches Miteinander zwischen Kulturen und Traditionen zu bemühen, so der Präsident der Republik Italien.
Grenze seit 2007 Geschichte
Die Gemeinde Nova Gorica/Neugörz zählt circa 37.000 Einwohner, Görz-Gorizia circa 34.000. Seit dem 21. Dezember 2007 kann die ehemalige italienisch-slowenische Staatsgrenze, die die Städte bis dahin teilte, an jeder beliebigen Stelle überschritten werden.
Durch das Schengen-Abkommen, dem Slowenien damals beigetreten ist, wurden regelmäßige Grenzkontrollen – abgesehen von den derzeit herrschenden coronavirusbedingten Einschränkungen – eingestellt.
Museum macht Zeitgeschichte digital greifbar
Weil auch Museumsbesuche während der Pandemie eingeschränkt wurden will das Museum von Nova Gorica dennoch mit Videos das Interesse der virtuellen Besucher seiner Internetseite wecken.
Mit einem ironisch gemeinten Blick auf den einstigen „Nationalsport“, das Schmuggeln, sollen die Betrachter zum Beispiel dazu angeregt werden, sich intensiver mit der jüngeren Geschichte der beiden Schwesterstädte auseinanderzusetzen.
„Na Sverc“ – angelehnt an das deutsche Wort „schwarz“, also das Schmuggeln über die Grenze, war früher hier üblich, sagt Kurator David Kožuh: „Es wurden vielfach Kaffee, Zigaretten oder Lebensmitteln unerlaubt über die Grenze gebracht.“
Sendungshinweis:
Servus, Srecno, Ciao, 13.2.2021
Grenzübergreifende Themen liegen ihm besonders am Herzen. Es sollen Projekte von und mit jungen Menschen entstehen und insgesamt – so hofft er – auch neue Chancen für beide Städte.
Gemeinsame Ausstellungen sollen leichter möglich werden
David Kožuh will auch gemeinsame Ausstellungen umsetzen. Bis jetzt habe es viele bürokratische Hürden gegeben: „Einfach Kunstwerke von einer Seite der ehemaligen Grenze auf die andere zu bringen ist derzeit noch etwas schwierig.“
Bevölkerung soll eingebunden werden
Mit möglichst vielen Beteiligten wollen die Organisatoren das Jahr als Kulturhauptstadt gestalten. Ein umfangreiches Programm ist im Entstehen – in den nächsten Jahren soll es konkretisiert werden. Mitmachen sollen nicht nur Vereine, sondern auch die Bewohner der beiden Städte – sie werden sogar zu Hauptdarstellern, sagt Lorenzo De Sabbata, Projektkoordinator für die italienische Seite: „Die Leute sollen bei den Veranstaltungen nicht nur passiv zuschauen, sondern sie werden immer auch aktiv eingebunden.“
2025: Ein Programmpunkt für jeden Tag
100 Seiten umfasst das bisherige Konzept und mindestens genauso viele Ideen gibt es, die es in den nächsten vier Jahren zu verwirklichen gelte, so De Sabbata: „Der Höhepunkt ist dann 2025, wo es fast täglich einen Programmpunkt in der Gesamten Umgebung von Görz und Neugörz geben wird.“
Gemeinsamer neuer Platz an der alten Grenze
Als sichtbares Zeichen für mehr Offenheit soll bis 2025 dort, wo früher die Grenze war, ein neuer Platz entstehen, sagt David Kožuh: „Für all jene, für die die einst geteilte Stadt eine Einheit bildet, hoffen auf Möglichkeiten, noch mehr zu tun.“ Bis 2025 ist noch reichlich Zeit dafür. Es seien auch wieder Treffen zwischen den Partnerstädten Gorizia, Nova Gorica und Klagenfurt geplant, die seit 1965 in enger Verbindung stehen.
Grenzübergreifende Kontakte als Bereicherung
Seit 33 Jahren ist Eva Janica für die internationalen Beziehungen der Stadt Klagenfurt, die insgesamt 15 Partnerstädte hat, zuständig: „Es ist eine Passion. Die Kontakte mit den Menschen, die Begegnung mit den Menschen, die Veranstaltungen, die wir mit unseren Partnern auf der ganzen Welt organisieren, ist für die Stadt Klagenfurt, aber für jeden einzelnen von uns eine Bereicherung.“
Die Kontaktaufnahme war gerade während der Anfangszeit eine große Herausforderung, erinnert sich die Protokollchefin: „Es gab kein Handy, es gab kein Mail, es gab kein Telex. Auch die Gespräche mit unseren Freunden in Slowenien, die mussten angemeldet werden. Das heißt, in unserer Telefonzentrale – wollte man mit Gorizia oder Nova Gorica sprechen. Man gab die Nummer durch und dann kam es zu diesem Gespräch. Es war eine große Herausforderung, auch sämtliche Genehmigungen einzuholen, die bei den Grenzübertritten notwendig waren. Wir haben mit unseren Freunden auch diese Hürden, auch diese Kleinigkeiten, geschafft.“
Auch Vereine untereinander befreundet
Eva Janica erlebte mit, wie über die Jahre aus losen Kontakten eine immer intensivere grenzübergreifende Verbindung entstand: „Die Städtepartnerschaft mit Gorizia in Italien und Nova Gorica in Slowenien ist eine besondere Partnerschaft. Ich würde sagen, das ist eine Partnerschaft, die mit Leben erfüllt ist. Diese beschränkt sich nicht nur auf Besuche und Gegenbesuche politischer Vertreter, sondern diese Partnerschaft in der Alpen-Adria-Region umfasst viele viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.“
Egal ob Schüleraustausch, Studententreffen, Sozialprojekte, Sportveranstaltungen oder kulturelle Zusammenkünfte … Gemeinsamkeiten wurden in vielen Bereichen entdeckt. So entstanden auch zwischen Vereinen aus Kärnten und Julisch-Venetien enge Freundschaften, sagt Eva Janica: „Ein Beispiel ist unsere Volkstanzgruppe Edelweiss. Sie ist mit der Volkstanzgruppe Danzerini di Lucinicco auch privat befreundet. Das Schöne dabei: die jungen Danzerini, das sind die Kinder und die Enkelkinder der Vereinsgründer, sind mit der Kindervolkstanzgruppe Klagenfurt befreundet und auch treten gemeinsam auf.“
Bürgermeister schon als Student zu Besuch in Klagenfurt
Besonders in Erinnerung blieb Eva Janica eine Begegnung aus dem Jahr 1995. Bei einem Jugendseminar, das Klagenfurt organisiert hatte, nahm ein junger Student namens Klemen Miklavic aus Nova Gorica teil und hielt seine erste Ansprache vor internationalem Publikum. 25 Jahre später kehrte er als amtierender Bürgermeister der Partnerstadt Nova Gorica zurück nach Klagenfurt.
Die tief verwurzelte Freundschaft zwischen den Partnerstädten soll in den nächsten Jahren noch weiter wachsen, wünscht sich Eva Janica: „Wir lernen neue Kulturen kennen, neue Sprachen, neue Bräuche. Wir profitieren alle von der Internationalität der Stadt Klagenfurt.“