Haus Moravi Friesach 2015
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Kultur

Antikes „Haus des Monats“ in Friesach

Familie Moravi aus Friesach restauriert seit Jahren mit viel Liebe zum Detail ein altes Bügerhaus. Es wurde unlängst von „European historic Houses“ als bislang einziger Kärntner Beitrag als „Haus des Monats“ ausgewählt und im Internet der Öffentlichkeit präsentiert.

Jürgen Moravi ist Denkmalpfleger und Bauhistoriker, seine Frau Miriam Kunsthistorikerin und Malerin. Alte Gemäuer gehören für das Ehepaar Moravi nicht nur von Berufswegen her zum Alltag – sie sind auch ihre Herzensangelegenheit. Vor acht Jahren erwarben sie in Friesach ein altes Bürgerhaus aus der Mitte des 13. Jahrhunderts.

Seither widmen sie sich gemeinsam der fachgerechten Restaurierung und Erforschung der Baugeschichte, die fast 800 Jahre umfasst, erklärt Miriam Moravi: „Als wir das Haus übernommen haben war es 20 Jahre leer gestanden. Es war kurz davor, eine Ruine zu werden – völlig eingewachsen und es waren große Löcher im Dach. Wir wollten das Haus aus seinem Dornröschenschlaf aufwecken.“

Haus Moravi außen vor Restaurierung
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Außenansicht des Hauses im Jahr 2015

„Der Weg ist das Ziel“

Während wohl die meisten Jungfamilien, die in ihr Eigenheim ziehen, es kaum erwarten können, dass alles picobello fertig ist, empfindet Familie Moravi das Leben auf einer Dauerbaustelle als reizvoll. Ihr Credo: wenn man sich dafür entscheidet, historische Gemäuer zu revitalisieren, braucht es vor allem Zeit und Geduld. Das nötige Fachwissen erleichtert die Arbeit sicher auch um einiges.

Jürgen Moravi sagt, das der Weg sei das Ziel: „Wir genießen diese Schritte, wir genießen diese Restaurierung. Wir freuen uns, wenn wieder neue Teile in Betrieb gehen. Wir haben zum Beispiel auch von Anfang an in unterschiedlichen Bereichen gewohnt, wo wir dann andere hergerichtet haben haben wir so auch das Haus von mehreren Seiten kennengelernt“, sagte Moravi.

Jürgen Moravi
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Jürgen Moravi

Dach hat jetzt mosaikartiges Muster

Das Dach des Hauses wurde vor zwei Jahren revitalisiert. Ziel war es, die historische Dachansicht wieder herzustellen, erzählt Miriam Moravi: „Dafür haben wir die Kamine rückgebaut und alte Dachziegel gemischt mit neuen Dachziegeln verlegt, was ein sehr lebendiges, mosaikartiges Muster ergibt.“

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao, 22.1.2021

Mit einem sogenannten „Rundbogentor“ aus dem 13. Jahrhundert ist noch heute einer der ältesten Eingänge in das Haus erhalten: „Wir haben diese Türe neu entworfen, sodass sie ins historische Umfeld passt und technisch moderne Standards erfüllt. Bei der Isolierverglasung ist außen Restaurierglas verwendet worden. Dieses hat die gleiche wellige Oberfläche wie historisches Fensterglas. Das Ergebnis ist eine Türe mit historischem Design, die die heutigen Anforderungen der Energieeffizienz erfüllt.“

Haus Moravi vor Restaurierung innen 2015
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Umfassende Bauuntersuchungen erfolgten vor der Restaurierung

Auch im Inneren des Hauses wurde in den vergangenen Jahren viel gemacht, wie Miriam Morvi erklärt. Die Schablonenmalerei der Wohnstube stammt aus der Biedermeierzeit – sie wurde detailgetreu rekonstruiert.

Haus Moravi innen vor Renovierung
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Die Wohnräume vor der Restaurierung

Schlafzimmer war durch und durch geplant

Auch im Obergeschoß des Hauses wurden die historischen Wandoberflächen untersucht. Schicht für Schicht wurde abgetragen – so wurde festgestellt, welche Maltechniken im Laufe der Jahrhunderte angewandt wurden. 18 verschiedene Lagen wurden festgestellt, sagt Miriam Moravi: „Die älteste vom Ende des 18. Jahrhunderts ist die künstlerisch wertvollste, die wir in diesem Raum gefunden haben. Zu dieser Zeit war hier das Schlafzimmer.“

Wand von Haus Moravi Friesach 2015 vor Restaurierung
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Alte Wandmalereien

Naturmaterialien halten jahrhundertelang

Die Schlafnische ist mit Ranken, Vögeln und Schmetterlingen reich verziert, so die Expertin: „Das zentrale Bild zeigt eine Landschaft und in ihrem Mittelpunkt ein Nest mit zwei Turteltauben als Symbol für das Leben und die Liebe.“

Robert Smoley Restaurator
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Robert Smoley

Restaurator Robert Smoley sagt, zu den damals häufig verwendeten Materialen zählten Holz, Gelatine und Kalk-Kasein-Farben, also reine Naturprodukte. Dennoch überließen die ehemaligen Besitzer des Bürgerhauses wohl nichts dem Zufall und planten das Schlafzimmer bis ins kleinste Detail durch: „Sie haben sich das sehr viel kosten lassen. Sie hatten auch gute Handwerker. Das zeugt von hoher Qualität. Es war nicht so der normalsterbliche Bürger. Da ist sicher finanziell schon einiges dahinter gewesen.“

Fundstück bei Restaurierung Haus Moravi Friesch
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Interessante Fundstücke wie dieses brachten die Arbeiten auch zutage

Besucher jederzeit willkommen

Das Ehepaar Moravi will das Interesse möglichst vieler Menschen aus ganz Europa für Kärnten, Friesach und für die historische Baukultur im Haus Moravi wecken und – sobald es wieder möglich ist – auch Besucher in ihrem restaurierten Bürgerhaus willkommen heißen.

"Unsere Kinder sind damit aufgewachsen, dass immer wieder Besucher da sind, immer wieder Handwerker da sind, die schon fast ein bisschen zur Familie gehören. Die genießen glaube ich ein bisschen die Aufmerksamkeit, dass sich hier immer was tut. Das Haus ist ganz lebendig und lebt mit uns und wir leben mit dem Haus.“

Videos von Häuser der Monate European historic HOuses
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Kurzvideos von Teilnehmer „Haus des Monats“ im Internet

Auszeichnung als „Haus des Monats“

Die Liebe zum Detail und insgesamt zu ihrem Restaurierungsprojekt in Friesach wurde von „European Historic Houses“ als einziger Beitrag aus Kärnten und einer von zwei Beiträgen zum Thema Restaurierung ausgezeichnet.

Projektkoordinatorin Ewelina Oksiuta: „Dieses Haus spiegelt sehr gut den unermüdlichen täglichen Einsatz der Besitzer solch historischer Anwesen wieder. Es ist spannend zu sehen, wie sie ihre Vorstellungen umgesetzt haben und wie sich alles entwickelt hat – von der Ausgangslage und der gesamte Weg dorthin.“

Ewelina Oksiuta European Historic Houses
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Ewelina Oksiuta

Anwesen im Privatbesitz im Internet zu besichtigen

Weil Zusammenkünfte bei Messen, Seminaren und Konferenzen durch die Coronavirus-Pandemie stark eingeschränkt wurden verlagerte sich die Aktivität des Vereins der europäischen historischen Häuser und Anwesen im vorigen Jahr vorwiegend ins Internet.

Internetseite European Historic Houses
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Internetseite von European Historic Houses

Um dennoch auf das Kulturerbe, für das die privaten historischen Häuser stehen, aufmerksam zu machen, entstanden unzählige Kurzvideos über historische Anwesen im Privatbesitz in ganz Europa, die im Internet unter European Historic Houses abrufbar sind. Es wurden auch Themenmonate ins Leben gerufen – im Herbst standen etwa Gärten im Mittelpunkt, dann ging es um Restaurierungsarbeiten oder um Europäische Identität.

Margherita Malaspina European Historic Houses
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Margherita Malaspina

Ziel: Austausch zwischen Privatbesitzern erleichtern

Projektmitarbeiterin Margherita Malaspina sagt, sie habe oft mit etwas älteren Besitzern von historischen Anwesen zu tun, die zuerst nicht so recht wüssten, was sie von der digitalen Präsentation ihrer Häuser auf Facebook, Instagram oder youtube halten sollen: „Aber generell freuen sie sich dann meistens, wenn sie trotz der Coronaviruskrise ihre Anwesen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen können.“

So kann auch ein Blick auf sonst zum Teil rein private Anwesen in ganz Europa geworfen werden. Egal ob durch Erbschaften, Restituierungen, aus Eigeninitiative oder durch Zufall – wie die privaten Besitzer zu ihren historischen Häusern kommen, dazu gibt es unzählige Geschichten. Gemeinsam haben alle aber eines, sagt Alfonso Pallavicini, Präsident von „European Historic Houses“: „Wir sind im Endeffekt alles verrückte Liebhaber, die eben die Geschichte schätzen, die Schönheit des Hauses. Wir versuchen, das als Netzwerk zu machen, damit sich die Leute auch untereinander austauschen können.“

Alfonso Pallavicini
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Alfonso Pallavicini

„Spiegel der Geschichte und Kunstzeiten Europas“

Viele würden glauben, wenn man ein Schloss oder eine große Villa hat, sei man reich und lebe wie ein Prinz darin. Pallavicini gibt aber zu bedenken, dass ein solches Leben auch viele Nachteile mit sich bringe: „Man muss diese Häuser ja auch reparieren und viel Geld und Zeit reinstecken.“ Letztendlich komme dieses Engagement aber der Allgemeinheit zu Gute, so Pallavicini, „weil diese Häuser sind die Wiederspiegelung der Geschichte und der Kunstzeiten Europas.“

Ziel von „European Historic Houses“ ist es, weitere „Häuser des Monats“ einem größeren Publikum zu präsentieren. 25 Mitglieder mit rund 50.000 beteiligten Personen zählt der Dachverband, der in den 1960er Jahren gegründet wurde, derzeit. Neue Teilnehmer sind jederzeit willkommen.