Zerstört, geraubt oder wie vom Erdboden verschluckt – dieses Schicksal teilen jene 14 Werke, die heuer in dem 340-Seelen-Dorf Illegio gezeigt werden. Gut die Hälfe davon wurde dank moderner Technologie wieder in ihrer ursprünglichen Form sichtbar. Möglich machen das die Experten von Factum Arte, einem 2009 in Spanien gegründeten Labor, sagt Ausstellungsbegleiterin Claudia Baumgardt: „Es ist eine sehr intensive Recherche auch damit verbunden – nach dem Künstler, nach seiner Art, wie er malte.“
Klimts „Medizin“ bei Kriegsende von Soldaten zerstört
Anhand von Skizzen und schwarz-weiß-Fotos konnten die Experten ein Werk von Gustav Klimt rekonstruieren. Es handelt sich um seine Interpretation der „Medizin“. Eigentlich hätte es die Universität Wien schmücken sollen. Weil es aber für den Anfang des 20. Jahrhunderts zu gewagt war wurde es – neben anderen seiner Werke – weiterverkauft.
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Servus, Srecno, Ciao, 10. Oktober 2020
Auf Schloss Immendorf in Niederösterreich hätte es fast den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden, erzählt Claudia Baumgardt: „Am letzten Kriegstag kommt eine Truppe SS-Soldaten dort in diesem Schloss an. Sie verstecken sich und feiern noch einmal eine Nacht durch, um dann am nächsten Tag zu fliehen. Sie entdecken zufällig die Räume, in denen Klimts Werke verstaut sind, und beschließen, diese Werke nicht den Siegermächten zu überlassen, sondern sie zu zerstören.“
Eitler Jubilar ließ Geburtstagsgeschenk verbrennen
Ebenfalls mutwillig zerstört wurde auch ein Bild, das Winston Churchill zeigt. Dabei hätte es eigentlich eine gut gemeinte Überraschung zu seinem 80. Geburtstag werden sollen. Das britische Parlament wollte ihm eine Freude machen und ihm für seine Verdienste danken. Der Maler Graham Sutherland wurde beauftragt, anhand von Fotografien ein Porträt des Staatsmannes anzufertigen. Das allerdings – trotz aller Bemühungen – auf wenig Gefallen stieß: „Churchill sieht es zum ersten Mal und ist total geschockt. Ihm gefällt es nicht. Er sagt ‚nein, das kann ich nicht sein, ich bin doch nicht so alt‘. Und als sie dann zu Hause sind befielt er seiner Frau, es im Garten zu verbrennen.“
Vermeer-Bild seit 30 Jahren verschollen
Nicht immer ist die Spurenlage so eindeutig – so mancher Kunstdiebstahl beschäftigt auch die Polizei. Nach wie vor ungeklärt ist, wo sich „Das Konzert“ von Johannes Vermeer befindet, sagt Ausstellungsbegleiterin Claudia Baumgardt: „Das Original ist das am meisten gesuchte vom FBI und von Interpol seit 30 Jahren. Es wurde 1990 in Boston gestohlen und seitdem ist es unauffindbar.“
„Happy End“ für Holzstatuen aus Illegio
Hingegen nach fast 50 Jahren wieder aufgetaucht und heimliches Herzstück der Ausstellung in Illegio sind zwei Holzstatuen, die 1492 von Tommaso da Tolmezzo gefertigt wurden. In der dem Heiligen Florian geweihten Kirche waren sie aufgestellt, sagt Claudia Baumgardt: „Sie werden im Winter 1968 zusammen mit anderen Holzskulpturen aus dem Altar gestohlen. Die Dorfbewohner merken erst im Frühjahr, als sie dann die Taufkirche wieder besuchen – die kann man nur zu Fuß durch den Wald erreichen – sehen, dass dort alle Holzfiguren/Holzskulpturen aus der Kirche gestohlen wurden und seit dem gesucht werden auch international.“
2017 wurden die Statuen des Heiligen Sankt Veit und des Heiligen Moritz auf einer Auktion in Deutschland entdeckt und zurück nach Illegio gebracht. Ende gut – alles gut, zumindest für die Bewohner des Bergdorfes, wo die Ausstellung „Nulla è perduto – nichts ist verloren“ bis 13. Dezember zu sehen ist. Führungen sind nach Voranmeldung auch auf Deutsch möglich.