Rijeka 2020 europski grad kulture
Rijeka 2020 – EPK
Rijeka 2020 – EPK

Rijeka als Kulturhauptstadt 2020

Früher war das an der nördlichen Adria gelegene Rijeka/Reka/Fiume oder zu Deutsch St. Veit am Flaumein wichtiger Industriehafen mit florierenden Werften. Nach dem Niedergang dieser Wirtschaftszweige setzt es heute vor allem auf den Tourismus. Heuer darf sich die Stadt – neben Galway – als eine der Kulturhauptstädte Europas.

Farbenfroh, unterhaltsam und laut wurde der Startschuss für das Kulturhauptstadtjahr gefeiert – mit einem Konzert im Hafen vor tausenden Zuschauern. Mehr als 200 Mitwirkende gestalteten zur feierlichen Eröffnung die „Opera Industriale“, eine Komposition der Kroaten Josip Marsic und Zoran Medved. Das Werk erweckte den Sound der Industrie, die einst Rijeka groß gemacht hatte, und erinnerte an den rebellischen Punk-Rock, für den die Stadt im ehemaligen Jugoslawien bekannt war.

Orchester, wilde Sprechchöre, zwei Dutzend E-Gitarristen, zehn Trommler, Dampfhämmer, Schneidbrenner und Hunderte Zuschauer, die Kuhglocken in die Hand gedrückt bekamen, erzeugten eine beeindruckende Klangkulisse. Tänzer des städtischen Theaters mimten Werftarbeiter. Die Funken der Schneidbrenner ließen einen mächtigen Hafenkran wie einen brennenden Baum erscheinen. Vor dem abschließenden Feuerwerk ertönte das alte Partisanenlied „Bella Ciao“ in einer fetzigen Punk-Version. Die Partisanen waren Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Besatzer im Zweiten Weltkrieg.

Eröffnung Rijeka Kulturhauptstadt
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Die Eröffnungsfeier für das Kulturhauptstadtjahr fand im Hafen von Rijeka statt

„Hafen der Vielfalt“

Die Stadt ist stolz auf ihre antifaschistische Tradition. Im Kulturhauptstadt-Jahr will sie sich als weltoffene und tolerante Metropole präsentieren. Unter dem Motto „Hafen der Vielfalt“ sind mehr als 300 Programme mit mehr als 600 Veranstaltungen geplant. Sie gruppieren sich um die Themen Wasser, Arbeit und Migration, die den Ort seit Jahrhunderten prägen.

Mit 130.000 Einwohnern ist Rijeka die drittgrößte Stadt Kroatiens und die erste Stadt des Landes, die Europäische Kulturhauptstadt ist. Die Stadt blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück: 301 Jahre ist es her, dass der Hafen von Rijeka als königlicher Freihäfen ausgerufen wurde, um die venezianische Vorherrschaft über die Schifffahrt an der Adria zu brechen. Allen Händlern war fortan freie Ankunft, Aufenthalt und Abfahrt gewährt, was die Zukunft der Stadt formte. Die Seefahrtsbranche in Rijeka begann zu wachsen, führte zu einem starken Wachstum des Handels und einer raschen Urbanisierung, wodurch sich die Hafenstadt weiter entwickelte.

Rijeka Kulturhauptstadt 2020
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Blick auf Rijeka

Lange Geschichte als Schiffbaumetropole

Im Laufe des 20. Jahrhunderts gehörte Rijeka zunächst zu Österreich-Ungarn, danach stand die Stadt zwei Jahrzehnte unter italienischer Herrschaft und wurde schließlich von den Nazis besetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg zählte sie zu Jugoslawien. Heute ist sie Teil des EU-Mitgliedslandes Kroatien und geprägt von einem Nebeneinander von reichem Kulturerbe, sozialistischer Hochhaus-Skyline, Hafenkränen, stillgelegten Fabrikanlagen.

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao, 15.2.2020

Die Gestalter des Programms des Kulturhauptstadtjahres wollen auch darüber reflektieren, wie die drittgrößte Stadt Kroatiens als ehemalige Industrie- und Schiffbaumetropole den Übergang ins post-industrielle Zeitalter schaffen kann. Kunstoffensiven, Konzerte, Ausstellungen und Zukunftsprojekte stehen das ganze Jahr über auf dem Programm und sollen Menschen aus ganz Europa nach Kroatien bringen.

Aus Titos Yacht wird schwimmendes Hotel

Lange schlummerte auch eine alte Zuckerfabrik aus dem Jahr 1750 (Benčić-Komplex) im Dornröschenschlaf. Jetzt beherbergt sie das neue Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst und ein Puppentheater. Als besonders kontroverses Projekt im Kulturjahr gilt die Renovierung von Titos Luxusschiff „Galeb“ – auf Kroatisch und Serbisch „Möwe“. Sie galt früher als das Symbol Jugoslawiens schlechthin.

Rijeka will die Yacht des einstigen jugoslawischen Machthabers Josip Broz Tito in ein schwimmendes Museum mit angeschlossenem Restaurant und Hotel verwandeln.

Yacgt Galeb von Josip Bros Tito im Hafen von Rijeka
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Staatschefs, Royals und Filmstars trafen sich einst auf der Galeb – es gab Politik und Partys. Übrig blieb ein riesiges, rostiges Wrack

Kontroverse Umsetzung

Weil die Restaurierungskosten von acht Millionen Euro höher als zunächst eingeschätzt ausfallen werden, hing die Umsetzung in der Luft. EU-Abgeordnete hatten kritisiert, mit dem Projekt das kommunistische Regime ehren zu wollen. Anfang Dezember wurde das Schiff dann doch in eine Werft zum Umbau abgeschleppt, der voraussichtlich mit Jahresende abgeschlossen sein soll.

Die Renovierung der Klimt-Fresken im Theater läuft nach Plan. Die Ausstellung „Unbekannter Klimt“ im Juli ist einer der Höhepunkte.

Buntes Faschingstreiben bis Faschingdienstag

Während in den nächsten zwölf Monaten das Feiern und sich Feiern lassen, das Nachdenken und das Zukunftsprojekte-Schmieden im Mittelpunkt stehen will sich Rijeka dann im Jahr 2021 von dem Titel der Kulturhauptstadt mit dem drittgrößten Karnevalumzug weltweit verabschieden. Es ist eine Mischung aus venezianischem Karneval, österreichischem Fasching und traditionellem Brauchtum der Slawen.

Fasching Rijeka
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Faschingsspektakel in Rijeka

Auch „Servus, Srecno, Ciao“ berichtete vor ein paar Jahren schon einmal über die „Zvončari“, die für diese Gegend typischen Glockenträger, berichtet. Sie zählen sogar zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO – mehr dazu in Zvončari: Die Glöckner aus Nordkroatien.

Kroatische Zvoncarij Glockenträger beim Anziehen Weltkulturerbe UNESCO
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Die Zvončari zählen zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO

Wer den „Rijecki Karneval“ miterleben möchte hat die ganze kommende Woche über bei unzähligen Veranstaltungen, aber auch beim Höhepunkt am Sonntag, 23. Februar Gelegenheit dazu. Hundert Gruppen und rund 150.000 Zuschauer machen jedes Jahr mit. Auf fünf Kilometer wird sich das bunte Faschingstreiben ausdehnen.