Geschäftstermin
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Fettnäpfchen im Alpen-Adria-Raum vermeiden

Die beiden Autorinnen Anita Arneitz und Maria Theresia Radinger zeigen in ihrem „Alpen-Adria-Knigge“ worauf es bei Geschäftsterminen in den Nachbarregionen ankommt und wie man Fettnäpfen – auch bei Geschäftsessen – vermeiden kann.

Maria Theresia Radinger ist Unternehmensberaterin in der Hotellerie und Wirtschaftstrainerin, Anita Arneitz Reisejournalistin. Beide sind gerne im Alpen-Adria-Raum unterwegs. Dabei haben sie schon viele Situationen erlebt, in denen sie merkten: Kärntner denken und handeln ähnlich wie Slowenen.

Begrüßung mit Handschlag
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Ein nicht zu lockerer Händedruck gilt als guter Einstieg, wenn einander Geschäftspartner noch nicht so gut kennen

Die weiter südlicheren Nachbarn hingegen „ticken“ hingegen anders. Das beginnt schon bei den Begrüßungsritualen, sagt Radinger: „Grundsätzlich kann man sagen: je südlicher man kommt, desto geringer werden die Distanzzonen. Je nördlicher man kommt, desto größer sind die Distanzzonen." Ist man sich nicht sicher, was im jeweiligen Unternehmen oder Land angebracht ist, ist höfliche Zurückhaltung nie falsch.

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao, 4.1.2020

Andere Länder – andere Sitten

An der Wirtschaftskammer Kärnten in Klagenfurt gehören Termine mit Geschäftspartnern aus dem In- und Ausland zum Alltag. Dabei fällt laut Meinrad Höfferer, Leiter der Außenwirtschaft und EU, auf: "In Italien das Gemütliche, das Gemeinschaftliche – vielleicht nicht immer hundert Prozent pünktlich, dafür dann um drei Stunden länger als ursprünglich geplant." 

Die Uhren gehen scheinbar anders in den Nachbarregionen. Im Zweifelsfall sollte eine persönliche Kontaktaufnahme nicht gescheut werden, so Radinger: "weil Italiener sowieso eine beziehungsorientierte Kultur ist – vom Schreibtisch.“

Frauen begrüßen einander mit Wangenkuss
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Die Distanzzonen werden geringer, je weiter südlich man kommt – das gilt auch für Körperkontakt bei der Begrüßung

Geduld und Toleranz sind gefragt bei Geschäftsterminen – nicht nur was Pünktlichkeit betrifft, so Radinger: „Wenn wir mit den Italienern zu tun haben und mit den Kroaten zu tun haben, dann müssen wir einfach mehr Zeit einplanen. Da will man sich auch kennenlernen.“

Autorin Maria Theresia Radinger
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Maria Theresia Radinger

Mit Sprachkenntnissen punkten

Wer über Fremdsprachenkenntnisse verfügt, sollte über seinen Schatten springen und versuchen diese möglichst auch anzuwenden, so Arneitz: „Sprache verbindet immer. Aber man muss dazu nicht fließend sprechen können. Gerade im Alpen-Adria-Raum: Wenn man vielleicht die Begrüßung auf Italienisch oder Slowenisch antworten kann, ist das schon einfach ein positives Zeichen und ein sehr positiver Einstieg, zum Beispiel in ein Gespräch.“

Den „Dresscode“ betreffend gilt: Eine allzu legere Kleiderwahl kann bei den Nachbarn als „Geringschätzung“ gewertet werden. Statussymbole spielen zum Beispiel in Kroatien eine große Rolle. „Besser overdressed als underdressed“ lautet somit die Devise.

Kaffeepause bei Geschäftstermin
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Auch Pausengespräche wollen „sinnvoll“ geführt werden

Knigge auch für Schüler

Zu Geschäftsterminen im Alpen-Adria-Raum zählt auch manchmal eine Einladung zum Kaffee oder einem informellen Essen. Auch bei Tisch oder beim anschließenden Smalltalk abseits der Tagesordnung gilt es einiges zu beachten. An der WI’MO in Klagenfurt lernen die Schüler, worauf es zum Beispiel beim Kochen und im Service ankommt. Doch nicht nur für das künftige Servicepersonal gilt es, gewisse Regeln zu beachten. Auch Gäste sollen die wichtigsten Umgangsformen kennen, wenn sie im Alpen-Adria-Raum erfolgreich am Geschäftsleben teilhaben möchten, ohne unangenehm aufzufallen.

Anita Arneitz
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Anita Arneitz

Zu einem wertschätzenden Umgang zählt laut Anita Arneitz zum Beispiel "dass mir jemand in den Mantel hilft, auch bei Frauen ist das durchaus en vogue. Also nach wie vor liebe Herren: Bitte machen Sie das. Es freut sich jede Frau darüber."

Es seien kleine Gesten, die eine gewisse Wertschätzung oder Aufmerksamkeit zum Ausdruck bringen. Das funktioniert Länder- und Sprachübergreifend. Eben diese kleinen Gesten – da braucht man garkeine großen Worte, sondern das kann man sehr gut mit der Gestik rüberbringen." 

Kellner hilft Frau in den Mantel
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Kellner hilft Gäst in den Mantel

Auch Smalltalk will gut vorbereitet sein

Ist ein Geschäftsessen geplant, sollte ausreichend Zeit dafür eingeplant werden – in den Nachbarländern ein Zeichen des Respekts. Anhand der Empfehlung des Gastgebers sollte für die Gäste erkenntlich sein, wie viele Gänge zu erwarten sind. Laut Radinger sollte man grundsätzlich wissen, dass man im deutschsprachigen Raum erst nach der Hauptspeise mit dem Geschäft beginnen sollte: „Gerade bei einem ersten Kennenlernen sollte man – wenn nicht der Kunde oder die ranghöhere Person mit dem Geschäft anfängt – gar nicht über das Geschäft reden. Das heißt, man braucht viele Themen, viele Smalltalkthemen, um so ein Essen, das mitunter zwei Stunden oder länger dauern kann, zu befüllen.“

Frauen beim Smalltalk bei Tisch
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Frauen beim lockeren Plaudern bei Tisch

Tabuthemen geschickt umgehen

Um peinliche „stille Momente“ bei Tisch zu vermeiden, sollte sich nicht nur der Gastgeber vorbereiten und passende Smalltalk-Themen überlegen. Auch landestypische Tabu-Themen sollten bekannt sein und möglichst elegant umgangen werden, so Radinger: „Dass man lieber etwas Positives erwähnt und nicht in Italien über die Politik spricht oder in Kroatien nachfragt: Wie geht es zwischen Slowenien oder Kroatien. Dass man versucht, nicht von einem Fettnäpfen zum anderen zu gehen, sondern dass man die schönen Themen Essen, Trinken, Kultur, Landschaft versucht ins Gespräch zu bringen oder man erzählt was über Kärnten oder Österreich. Das, was ausländische Besucher immer interessiert ist ja eben auch unser Land oder unsere Kultur, unser Essen oder Kärntner Wein.“

Rotwein aus Decanter-Karaffe in Glas einschenken
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Fingerspitzengefühl bei Alkohol und Zigaretten

Apropos Alkohol: Auch wenn man selbst wenig oder keinen Alkohol trinkt, sollte dieser – zumindest den Gästen – angeboten werden. Zuprosten geht laut Alpen-Adria-Knigge – ohne großen Erklärungsbedarf – auch mit Wasser im Weißweinglas.

Rauchpausen zwischen den Gängen sollten – wenn nötig – einkalkuliert werden. Einfach zwischendurch aufzustehen, um seinem „Laster“ zu frönen, gilt als unhöflich.

Brötchen und Kaffee
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Neben kleinen Snacks gehört Kaffee zu Geschäftsterminen dazu – wie man ihn trinkt, ist von Land zu Land unterschiedlich

Wie war das mit dem Kaffee?

Auch bei der Wahl des richtigen Kaffees zum Abschluss gibt es Unterschiede: "Die Österreicherinnen und Österreicher trinken den Kaffee sehr gerne zum Dessert. Die Italiener oder die Slowenen, aber auch die Kroaten den Kaffee immer nach dem Dessert trinken. Das sollte man eben auch wissen beim Anbieten des Kaffees, dass man den nicht zu früh anbietet. Auch so Kleinigkeiten wie, mit Italienern am Tisch zu sitzen und um 14.00 Uhr einen Cappuccino zu bestellen oder noch schlimmer, einen Caffe Latte. Solche Peinlichkeiten sollten nicht passieren, weil Italiener das einfach nicht verstehen können.“ 

Jürgen Mandl, Maria Theresia Radinger, Meinrad Höfferer und Anita Arneitz
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Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl durfte sich über ein Exemplar des Alpen-Adria-Knigge als Gastgeschenk freuen

„Unverfängliche“ Gastgeschenke wählen

In Zeiten von „Bestechlichkeit“ und „Anfütterung“ ist bei Gastgeschenken Fingerspitzengefühl gefragt, sagt Radinger: „Beim ersten Mal vielleicht noch nicht, vielleicht hat man was mit und schaut einmal, wie die Situation ist. Wenn dann darf es in Zeiten wie diesen wirklich nur unverfänglich sein. Oft ist es ja wirklich was zum Essen. Oft ist es besser, etwas zum Essen zu nehmen als zum Trinken, weil man ja auch beim Wein oder bei Spirituosen nicht weiß, ob die Person wirklich Alkohol trinkt. Dann ist es vielleicht eine Süßigkeit oder Schokolade oder man hat ein typisches Geschenk vom Unternehmen. Aber bitte keine Werbegeschenke, die auch als solches erkennbar sind. Sondern wenn, sollte man schon sehen, dass man sich wirklich etwas überlegt hat.“

Buchcover Alpen Adria Knigge
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Buchcover „Alpen Adria Knigge“

So steht einem Ausklang des Geschäftstermins im Alpen-Adria-Raum nichts mehr im Wege, sind Anita Arneitz und Maria Theresia Radinger überzeugt.