Auch bei unseren südlichen Nachbarn mussten viele Menschen große Verluste hinnehmen. Die Bilder aus Venedig mit dem überfluteten Markusplatz sind ja um die Welt gegangen. Aber auch in unserer unmittelbaren Nachbarregionen Slowenien und Friaul Julisch Venetien war die Situation vielerorts dramatisch – so auch in Grado.
„Es gab einerseits Hochwasser im Hafenbereich, auf der Meerseite eine Sturmflut und ständig Regen. Sechs Tage lang war hier alles im Ausnahmezustand", sagt der Vizebürgermeister Matteo Polo.
Finanzielle Unterstützung für Betroffene zugesichert
Nur langsam kehrt wieder Alltag ein. Es wird noch dauern, bis die Aufräumarbeiten abgeschlossen sein werden. Die Gemeinde Grado ist gerade bei einer Bestandsaufnahme der Schäden. Den Betroffen soll möglichst bald finanzielle Hilfe zukommen.
Die Spuren des Hochwassers sind noch heute in vielen Geschäften in der Gradeser Altstadt zu sehen. Diese Traditionsbäckerei hat derzeit nur eingeschränkten Betrieb, die Elektronik vieler Geräte wurde durch das Hochwasser zerstört.
Eines der Hauptprobleme ist mitunter das Salzwasser. „Wir rechnen mit 10.000 Euro Schaden. Genau ist er aber noch nicht abschätzbar, sagt Mauro Gaddi. Die Spuren des Salzes korrodieren erst im Laufe der Zeit auf den Mauern und am Stahl." Das wahre Ausmaß der Schäden werde erst im Laufe der Jahre sichtbar. Auch diese Optikerin hat große Schäden zu beklagen – diese Maschine kostete 15.000 Euro, sie zu reparieren scheint aus heutiger Sicht unmöglich.
Auch andere Badeorte an der Adria waren von dem Unwetter betroffen – 150 Millmeter Regen fielen hier in Lignano zu Spitzenzeiten; in Udine waren es 125. Starkregen führte auch im Noncello-Fluss in Pordenone und am Barcis-See zu Überschwemmungen. Den ORF Kärnten erreichten in den vergangenen Tagen zahlreiche Fotos von Zusehern, die andere betroffene Gebiete in der Alpen-Adria-Region zeigen:
Triest hatte mit starken Überflutungen zu kämpfen,der Verkehr in der Hafenstadt kam aufgrund der großen Wassermassen auf den Straßen im Zentrum fast zum Erliegen. „Land unter“ hieß es auch in Piran an der slowenischen Adriaküste.
Überschwemmungen auf Feld durch Karstphänomen
Einen bizzarren Anblick bietet derzeit – dank eines Karstphänomens – auch die Gegend um „planinsko polje“ in Slowenien, sagt Helmut Zwander: „Dieser Fluss entspringt sieben Mal in einem Speiloch und verschwindet sieben Mal in einem Schluckloch. Weil früher die Menschen nicht gewusst haben, wie sie die Namen für diese Flüsse vergeben haben, dass das immer der gleiche Fluss ist, haben sie von der Trbuhovica bis zur Ljubljanica bei Laibach also Vrhnica diesen Fluss sieben Mal mit unterschiedlichen Namen benannt. Deswegen ist dieses Karstphänomen bekannt als der Fluss mit sieben Namen.“
Dort sei momentan ein „grandioses Naturschauspiel“ zu bewundern: "Das ist ein riesigies Feld, also Polje bei Planina. Das ist von mir aus betrachtet das schönste Polje in ganz Slowenien. Dann kommt die Unica als Speiloch heraus, also als Fluss, meandriert dann durch das Polje durch und verschwindet dann in den Schlucklöchern. Weil aber momentan die Schlocklöcher nicht nachkommen hat sich im Polje von Planina ein riesiger Rückstausee gebildet, der mehrere Quadratkilometer groß ist. Das ganze Polje, in dem man im Sommer Heu ernten kann, ist momentan ein einziger riesiger See.
Sendungshinweis:
Servus, Srecno, Ciao, 23.11.2019
Diese Überflutung nach starken Regenfällen ist ein völlig normaler Vorgang und verursacht für die Bewohner der Umgebung keine Probleme, beruhigt Zwander: "Weil die Menschen dieses Phänomen seit Jahrhunderten kennen und die Häuser dementsprechend nicht in das Polje hinein gebaut haben. Jedes Polje hat ja rundherum Hügel und Berge, die es umrahmen. Sie haben auf diese Hänge der Berge hinauf gebaut, sodass das Wasser die Häuser nicht erreicht. Sie hüten sich natürlich auch in diesem Polje davor, Kartoffel oder irgendwelche anderen Früchte anzubauen, weil das alles überschwemmt werden könnte. Das wird nur als Wiese genutzt. Das Wasser geht zurück und damit ist wieder das ganze Phänomen vorbei.
Kanaltal: Schnee saugte Regenmengen auf
Im Kanatal hat es zwar auch stark geregnet, aber größere Schäden sind – zur Erleichterung der Bewohner – zum Glück ausgeblieben. Viele Anrainer behielten die Situation entlang des Fella-Flusses in den letzten Tagen stets im Auge, sagt Alfredo Sandrini: „Unsere Rettung war vielleicht, dass es vorige Woche geschneit hat bis ins Tal. Der Schnee hat die große Menge Wasser aufgesaugt. Deswegen sind keine großen Schwierigkeiten entstanden.“
Dennoch werden Erinnerungen an 2003 wach, als es eine große Überschwemmung im Raum Uggovizza – Uggowitz – Ukve gab. Zwei Personen kamen damals ums Leben, 250 Häuser wurden zerstört. Schäden in Millionenhöhe wurden verzeichnet. Alfredo Sandrini: "Man denkt immer wieder an diese traurige Zeit … aber es ist so: die Natur ist stärker und wir Menschen müssen nur schauen, dass wir der Natur gegenüber nicht provozieren. „Besonders im Uggovizza-Raum und auf der Uggovizza-Alm haben sie viel gebaut, haben das Flussbett verstärkt und verbreitert und man hat sich ein bisschen vorbereitet.“
Damals wurde dank der Nachbarschaftshilfe aus Kärnten ein Großteil der Schäden binnen kürzester Zeit beseitigt. Das gilt als Zeichen dafür, dass die Nachbarn im Dreiländereck auch in schweren Zeiten zusammenhalten … mit großen und auch kleinen Gesten der Freundschaft.
Kärntner Christbaum für Pordenone
Seit vielen Jahren ist es auch Tradition, dass ein Christbaum aus Kärnten eine Stadt in der Nachbarregion schmückt. Heuer hätte der Baum für Pordenone aus dem Mölltal stammen sollen. Er fiel aber sozusagen selbst dem Unwetter bei uns in Kärnten zum Opfer. Die Forstdirektion Foscari stellte kurzerhand eine Alternative in Paternion zur Verfügung.
Auch für Christbäume gibt es ein „Schönheitsideal“: Diese rund 20 Meter hohe, an die 50 Jahre alte Tanne gilt mit ihren dichten Ästen als wahres „Prachtexemplar“, ist man sich hier einig. Eine Herausforderung war nicht nur das Fällen, sondern auch das Verladen der kostbaren Fracht., so Förster Marcel Sagerschnig von der Forstdirektion Foscari sagt: „Die Gegebenheiten sind heute nicht ideal. Wir müssen mit einem großen Autokran den Baum auf die Straße raus heben. Die Schwierigkeit zuerst einmal den Baum oben anzuhängen. Er wird dann unten mit einem geraden Schnitt umgeschnitten und nicht wie im Wald mit einem klassischen Fällschnitt.“
Durchgeführt wird die grenzübergreifende Christbaumaktion auch heuer wieder von den Land&Forst Betrieben Kärnten. In den nächsten Tagen wird der Christbaum aus Kärnten in Pordenone ankommen und aufgestellt. Dort freut man sich schon auf die feierliche „Illumination“ am 7. Dezember, sagt Tourismusreferentin Guglielmina Cucci. Der geschmückte und hell erleuchtete Baum soll dann im Stadtzentrum von Pordenone für vorweihnachtliche Stimmung sorgen … und ein bisschen ablenken, von den turbulenten vergangenen Tagen, die das Tief „Günther“ auch bei unseren südlichen Nachbarn mit sich gebracht hat.