„Mittelfest“: Kultur verbindet Kulturen
Cividale del Friuli war schon immer ein Schnittpunkt der Kulturen. In der Langobardenstadt am Natisone-Fluss trafen Germanen, Italiener und Slawen aufeinander. Seit mittlerweile 27 Jahren ist die Stadt auch Treffpunkt unterschiedlicher Völker, die gemeinsam die Veranstaltungsreihe „Mittelfest“ prägen.
Mittelfest Cividale
Festival will Betrag zu vereintem Europa leisten
Präsident Federico Rossi sagt, das Festival sei ins Leben gerufen worden, um Grenzen zu überwinden. Es ging dabei auch um die Grenzen in den Köpfen der Menschen. Diese Botschaft sei aktueller denn je: "‚Mittelfest‘ entstand zu einer Zeit, als die Berliner Mauer und der Eiserne Vorhang fielen. Es war eine Zeit voller Hoffnungen, aber auch Sorgen: „In Zeiten wie diesen, wo Europa wieder zu zerfallen droht, möchten wir mit dieser Veranstaltung mit Teilnehmern aus ganz Europa unseren Beitrag für ein tatsächlich vereintes Europa leisten.“
Sendungshinweis:
Servus Srecno Ciao, 7.7.2018
Es ist ein Mix an Stilrichtungen und Gestaltungsformen aus Hoch- und Volkskultur, der das „Mittelfest“-Programm heuer abwechslungsreich macht: 31 künstlerische Projekte werden gezeigt - dargeboten von 500 Künstlern aus mehr als 20 Ländern Europas und des Balkan-Raumes.
ORF/Iris Hofmeister
Festival als Bühne für die Zukunftsgeneration
Haris Pašović ist ein bosnischer Theater- und Filmemacher. Seit heuer ist er auch neuer Direktor des „Mittelfests“. Er will den Gedanken eines neuen Europas ins Zentrum des Festivals rücken: „Alle, die zur Gruppe der Unter-40-Jährigen zählen können sich nicht mehr an den Kalten Krieg, Grenzen oder unterschiedliche Landeswährungen erinnern. All das hat mit dem alten Europa zu tun. Sie leben aber in einer neuen, komplett anderen Welt - in einem Europa, das offen ist für Kreativität, neue Technologien.“
Der Jugend gehöre die Zukunft. Ihr soll mit diesem Festival eine Plattform gegeben werden, um ihre Hoffnungen und Träume künstlerisch auszudrücken, sagt Pašović.
„Publikum muss sich identifizieren können“
Das Publikum müsse sich mit den Inhalten eines Festivals identifizieren können, ist er überzeugt. Das deutsche Theater gelte als Vorbild: „In Deutschland wird das Publikum behutsam an den Kulturkonsum herangeführt. Es gibt immer auch Stücke, die die Probleme der jungen Leute thematisieren.“ Das sei auch sein Ziel für das Mittelfest.
Für ihn sei einerseits das Stück „Il giardino dei ciliegi" von Nicola Borghesi eines der besten europäischen Stücke heuer. „Hinkemann“ von Igor Vouk Torbica, das am 12. Juli dargeboten wird, sei ein Stück, das verunsichere und zum Nachdenken anrege.
Mittelfest Cividale
Ziel: Alte Vorurteile überwinden
Er wolle sich nicht nur als künstlerischer Leiter des Festivals einen Namen machen, sondern auch als Regisseur einen Beitrag leisten – mit seinem Stück „Schwindel“: „Im Mittelpunkt stehen 15 junge Leute aus Bosnien und Serbien, deren Väter im Krieg gegeneinander gekämpft haben . Jetzt steht die nächste Generation sozusagen gemeinsam auf der Bühne.“
Beispielhaft für die Überwindung von Vorurteilen und ein gemeinsames, neues Europa sei auch die Produktion “Ragazzi del 99” – zu sehen am Mittwoch, dem 11. Juli, sagt Rossi: „Es ist eine internationale Produktion mit Künstlern aus Cividale, Laibach und Sarajevo. 99 junge Musiker stehen gemeinsam auf der Bühne und geben mehrsprachige Texte zum Besten.“
Auch Kulinarik prägt „Mittelfest“
Insgesamt vier Welturaufführungen, Konzerte im Morgengrauen und kulinarische Kostproben lokaler Spezialitäten stehen ebenfalls auf dem Programm, zum Beispiel am Freitag, dem 6. Juli ab 19.00 Uhr im Ristorante „Al monastero“.
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Cristina Pavan: „Das Restaurant heißt ‘zum Kloster’, weil hier im 17. Jahrhundert eine Bruderschaft eine Pilgerherberge betrieb. Noch heute servieren wir typische Gerichte - zum Beispiel handgeschnittene Nudeln mit Entenragout, serviert in einem Frico-Körbchen.“
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Außerdem sollte man unbedingt die „Cjalsons“ probieren - süße Ravioli mit einer Füllung aus Spinat, Rosinen und Pinienkernen; serviert mit zerlassener Butter und geräuchertem Ricotta.
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Alida Lesizza ist Expertin in Sachen Süßspeisen. Sie erklärt, wie die „Strucchi“ zubereitet werden: „Sie bestehen aus Germteig - also aus Zucker, Mehl, Eiern, Germ. Die Füllung besteht aus Nüssen, Amarettini und Grappa und einem Schuss Rum. Der Teig wird dünn ausgewalkt, dann in Streifen geschnitten und dann kommt die Fülle drauf.“
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Es gibt eine gebackene, eine pochierte oder eine frittierte Version. „Früher gab es diese Süßspeise nur zu Ostern, zu Weihnachten oder bei Hochzeiten, also zu besonderen Anlässen“, sagt Lesizza.
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Das “Mittelfest” ist in dem Fall wohl würdiger Anlass genug - bis 15. Juli in Cividale del Friuli.