Medien

Als das Internet ein Selbstbausatz war

Im Juni 1998 ging kaernten.ORF.at erstmals online. Damals war das kommerzielle Internet selbst noch jung: Pfeifende 56k-Modems und selbst gebastelte HTML-Seiten zeichneten die Anfänge einer rasanten Entwicklung.

Beim Start der ersten Onlinebeiträge auf kaernten.ORF.at im Juni 1998 stellten sich viele noch die Frage, braucht man das, was soll das bringen, wohin wird diese Reise gehen? Unklar war, ob die wenigen, die damals schon einen Internetzugang hatten, sich für die Nachrichten aus Kärnten überhaupt interessieren.

Petra Haas und Ernst Janesch 1999 im ersten kleinen Büro
ORF
Die „Pioniere“ Ernst Janesch und Petra Haas um 1999 im ersten, winzigen Büro. Radiobeiträge wurden auf Magnetband gespeichert, die Interviews von solchen Bändern für das Internet abgetippt

Auch im ORF selbst sorgte das neue Medium anfänglich noch für Verwunderung. „Es war zunächst ein nicht greifbares Medium“, sagt ORF-Landesdirektorin Karin Bernhard beim Jubiläum. „Und keiner wusste, ob dieses Medium überhaupt eine Zukunft hat.“ Einen Versuch war es aber wert. Der Start war überschaubar, im damaligen Content Management System (CMS) war Platz für täglich fünf Beiträge, einer davon war für den aktuellen Wetterbericht reserviert.

Vorreiter ORF.at – die damals lila Seite

Das Layout ähnelte im ersten Jahr der Bildleiste von ORF.at, wie man sie heute kennt. ORF.at ging 1996 online. Die Redaktion in Kärnten ging als eines der ersten Bundesländer ans Netz. Sie bestand in ihren Anfängen aus Ernst Janesch, der von der ORF-Technikabteilung in die Redaktion gewechselt war und zusätzlich das ORF-Intranet und die Kärntner Teletextseiten betreute. Als erste Mitarbeiterin kam die ehemalige Werbetexterin Petra Haas dazu.

Mehrere alte Computermonitore im Kreis gruppiert
ORF
Zwei Monitore galten Anfang der 2000er Jahre als revolutionär

Viel Technik auf wenig Raum

Beide teilten sich ein kleines Büro, in dem kaum Platz für die alte, große Bandmaschine war. Denn Radio-Interviews wurden damals per Tonband aufgezeichnet und später auf riesigen Bandmaschinen abgespielt, damit sie abgetippt werden konnten.

Bilder für die Beiträge wurden von Videokassetten der Fernsehkameras eingespielt. Die Bilder wurden im Fotoprogramm Photoshop bearbeitet – das zumindest blieb bis heute gleich. Sonst ähnelt die Arbeit heute technisch der damaligen kaum mehr, denn alle Radio- und Fernsehbeiträge befinden sich digital auf einem Server. Um ein Einzelbild aus einem TV-Beitrag zu speichern, wurde 1999 ein gesamtes Schnittstudio hochgefahren, heute reicht dank Digitalisierung ein Mausklick am PC.

Patricia Soran Ernst Janesch und Petra Haas
ORF
Patricia Soran, Ernst Janesch, Petra Haas

Ernst Janesch erinnert sich: „Begonnen hat alles mit einem hausinternen Intranet, das ich betreut habe, weil ich computeraffin war und schon in Wien zahlreiche Kurse wie Photoshop gemacht habe. Daraus hat sich das Internet entwickelt. Ich habe damals schon gedacht, dass es ein drittes Standbein für den ORF sei könnte.“

Eishockey live in Briefmarkengröße

Kärnten war eines der ersten ORF-Landesstudios, die damals ans Netz gingen und ab 1999 auch das erste, das Video on demand anbot. Das Videobild hatte ungefähr die Größe einer Briefmarke, doch es war das erste Mal, dass man die Kärntner Eishockeyspiele überhaupt online anschauen konnte. Als Ton wurde das Kärntner Eishockeymagazin von Radio Kärnten dazugespielt.

Vor allem unter den Kärntnern in Wien war dieser Service beliebt, obwohl man bei der Bildgröße den Puck in Bewegung höchstens erahnen konnte. Man brauchte damals den Real Player 8 und ein Modem, das 56 Kbps übertragen konnte. Das kostete damals rund 500 Schilling. Empfohlen wurden damals von der Redaktion aber auch schon ISDN oder ADSL-Anschlüsse. 16 MB RAM sollte ein Windows Computer auch schon haben.

Kärnten spielte als erstes Studio auch das Programm von Radio Kärnten live 24 Stunden lang im Internet. Gestalteten alle neun Bundesländer zunächst ihre Magazinseiten selbst, wurden sie 2011 im Layout vereinheitlicht.

Collage alter Layouts
ORF
Die ersten Layouts waren den einzelnen Landesstudios überlassen, heute gibt es einen einheitlichen Internetauftritt

Bachmannpreis ging online

1999 ging der Bachmannpreis ans Netz. Erstmals konnte man alle Infos über den Bewerb, die Teilnehmer und die Jury online nachlesen. Das Videoformat änderte sich von Windows Media zu MPEG4, das Angebot für die Leser wurde ständig erweitert. Die gesamten Bundesländer wurden ebenfalls 1999 unter dem Dach bundesland.ORF.at zusammengefasst.

Misstrauische User

Es wurden auch Experimente gestartet, wie Chats mit den Stars der Starnacht, darunter Melanie Thornton oder Rednexx. Die User mussten erst per Mail davon überzeugt werden, dass es sich hier wirklich um den ORF und die echten Rednexx handelte. Die Internetnutzer der ersten Stunden waren misstrauischer als die nachfolgende Generation. Später gab es auch Chats mit dem Juryvorsitzenden des Bachmannpreises, Robert Schindel, und später auch Burkhard Spinnen.

Bescheidene Anfänge

1997 nutzen zwölf Prozent der Österreicher über 14 Jahren das Internet. Fünf Prozent hatten Zuhause Internet, die meisten jedoch im Büro. Gerade einmal 800.000 Menschen hatten damals ein Mobiltelefon.

Rasanter Anstieg der Zugriffe

Auch die Zugriffe dieser ersten Jahre waren bescheiden, nur wenige Kärntner Haushalte hatten damals einen Internetanschluss. Doch die Zahlen zeigen, dass die Zugriffe stetig stiegen: So verzeichnete kaernten.ORF.at im Jahr 2000 2,2 Mio Zugriffe im Jahr, 2001 waren es 4,3 Mio. und 2002 schon 8,5 Mio. 2002 informierten sich die Leser schon online über die damals stattfindende Nationalratswahl. Und dann übertraf das „Internetexperiment“ alle Erwartungen. „Im Jahr 2000 hatte kaernten.ORF.at 2,2 Millionen Zugriffe im Jahr, 2017 waren es bereits 55 Millionen“, sagt ORF Kärnten-Chefredakteur Bernhard Bieche.

Ein erster großer Einschnitt kam mit dem ORF Gesetz im Jahr 2010: Die Bundesländer durften keine Userforen mehr unterhalten, die Anzahl der Nachrichtenbeiträge wurde pro Woche auf 80 beschränkt. On-demand-Beiträge dürfen nur noch eine Woche angeboten werden, jegliche Archivfunktion, wie Storysammlungen, wurden verboten.

Heute arbeiten acht Redakteurinnen und Redakteure wechselweise für kaernten.ORF.at: Petra Haas, Michael Kopeinig, Iris Hofmeister, Barbara Frank, Anita Steiner-Steinkellner, Markus Paulitsch, Lukas Schellander und Christian Toplitsch. Von den Anfängen bis zum heutigen Tag blieb auf der Homepage des ORF Kärnten kein Pixel auf dem anderen. Nur eines hat sich bis heute nicht geändert: Die Adresse kaernten.ORF.at.