Straße in Sankt Ruprecht
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Kultur

Projekt „Problemviertel“ St. Ruprecht

Mit zwei Ausstellungen, mehreren Filmen sowie einer Vielzahl an Fotos und Zitaten nähern sich Gerhard Maurer und Gudrun Zacharias den vielen Seiten des Klagenfurter Stadtteils St. Ruprecht. Er steht nicht im besten Ruf und wird gerne als Negativbeispiel verwendet. Doch das wird dem Viertel nicht gerecht, finden die beiden Künstler.

Die Vergangenheit wird ausgespart, es geht in dem Projekt um heute. Da hat der Stadtteil nicht den besten Ruf: Kriminalität, hoher Ausländeranteil und dauernde Probleme werden ihm nachgesagt. Das sind die Klischees, mit denen der Klagenfurter Stadtteil St. Ruprecht, im Südosten der Stadt gelegen, seit Jahren zu kämpfen hat. Der Lokalaugenschein von Gerhard Maurer und Gudrun Zacharias für ihr gemeinsames Projekt „bei denen im moos“ habe jedoch keines dieser Vorurteile bestätigt.

Gerhard Maurer und Gudrun Zacharias
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Gerhard Maurer und Gudrun Zacharias

Stolz auf ihre „Stadt in der Stadt“

Die Menschen, die dort leben, seien auf ihren Stadtteil, diese Stadt in der Stadt, durchaus stolz, so Maurer: „Es ist etwas, was alle gesagt haben, ob ewig hier zu Hause oder zugereist, dass es schmerzt, wenn St. Ruprecht als negativ beschrieben wird. Das hat nichts mit der Alltags- und Lebenswelt der Menschen zu tun, die hier leben. Es ist ein Stadtteil, der viel beinhaltet, der grün ist, wo man schnell an der Sattnitz und in der Stadt ist. Was fehlt ist die Lebendigkeit im öffentlichen Raum.“

Foto der Ausstellung Sankt Ruprecht
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Foto der Ausstellung

Kein Treffpunkt im öffentlichen Raum

Es gibt keine Möglichkeit, einander zu treffen, sei es ein Gasthaus oder einen anderen Raum für gemeinsame Aktivitäten. Das wünschen sich hier viele. Für den Fotografen Maurer ist dieses Projekt anders als alle, die er bisher machte: „Ich bin hier aufgewachsen, bis zu meinem 18. Lebensjahr, und natürlich war für mich auch diese Ausstellung und dieses Foto-Filmprojekt auch ein Teil meiner Heimataufarbeitung.“ Für ihn sei St. Ruprecht immer noch ein Raum, mit dem er verbunden sei.

Gasse in Sankt Ruprecht
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Gasse in St. Ruprecht

Bewohner wünschen sich mehr Entwicklung

Neben dem Haus in dem Maurer aufwuchs steht auf der Wand „neu Land“ groß und rot. Es geht bei diesem Projekt darum, St. Ruprecht als ein neues Land zu entdecken, das sehr viel zu bieten hat. Zum Beispiel eine Identität, die von den Menschen geschätzt und gelebt wird. Er würde sich für St. Ruprecht wünschen, so Maurer: „Weniger Ignoranz seitens derer, die sich anmaßen, etwas an St. Ruprecht zu urteilen. Und dass das, was hier ist, sich gut entwickeln kann. Keine zusätzlichen Verbauungen sondern Bewegung im öffentlichen Raum.“

Gemeindezentrum Sankt Ruprecht
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Gemeindezentrum St. Ruprecht

„Klischees nicht belegt“

Gudrun Zacharias lebt seit 2007 in Kärnten. Sie hat die Filme für das Projekt gemacht. Die Kulturarbeiterin traf viele Menschen, die ihr sehr offen begegneten. Für sie ist St. Ruprecht anders als das bekannte Klagenfurt, urbaner und internationaler: „Man sieht das in vielen Städten, dass sich gerade diese Viertel, die oft einen schlechteren Ruf gehabt haben, irrsinnig entwickelt haben und dann von der anderen Bevölkerung entdeckt wird. In Graz das Lendviertel zum Beispiel war auch eines, wo man am Abend nicht durchgehen sollte, so habe ich das immer gehört. Das ist heute das hippste Viertel von Graz.“ Zacharias sagte, man habe nichts erlebt, das ein Klischee belegen würde.

Felder in Sankt Ruprecht
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Auch Felder gibt es in der Stadt

Für die Liebe zog die Tirolerin Patricia Lerchster nach Kärnten. Sie lebt und arbeitet auf einem riesigen Bauernhof für Gemüseanbau und fand in St. Ruprecht längst eine neue Heimat: „Ein wunderschöner Ort zum Wohnen, ich würde nicht wechseln, das ist mein Zuhause geworden. Es ist viel Veränderung da, viel Bewegung.“

Aida Malungo
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Aida Malungo führt den Africa-Shop

Menschen aus vielen Ländern

Auch Sportwissenschaftlerin Nour Al-Rikabi zog aus einem anderen Land nach St. Ruprecht und lebt ausgesprochen gerne hier. Sie wuchs im Irak auf: „Ich bin hier zufrieden, habe meine Familie, habe zwei Kinder. Die Sprache habe ich gelernt, eine Ausbildung gemacht und arbeite.“

Mitten in St. Ruprecht liegt der Kinoplatz samt Kino und gleich daneben der Africa-Shop. Hier gibt es nicht nur Zöpfe und andere Haarteile in allen erdenklichen Farben und afrikanische Lebensmittel, Aida Malungo überweist auch Geld und ist die Paketstation. Sie stammt aus Angola und lebt schon seit 17 Jahren in St. Ruprecht, wo sie sich auch zu Hause fühlt. Alle sollen in ihren Shop kommen, auch die Österreicher: „Wenn die sehen Africa-Shop kommen sie nicht so einfach. Ich wünsche mir, dass mehr Österreicher kommen.“

Foto der Ausstellung Sankt Ruprecht
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Foto der Ausstellung

Bessere Busverbindung als Wunsch

Im Großen und Ganzen sind die Menschen mit den Möglichkeiten in St. Ruprecht zufrieden. Eine Weiterentwicklung würden sich aber die meisten wünschen. Das reicht von einer besseren Busverbindung vor allem für die alten Menschen vor allem um einen Ort, wo die Menschen einander treffen und kennenlernen können. Für Fotografen Maurer ist St. Ruprecht eine große Welt in einem Stadtviertel, ein sehr komplexes Gefüge mit sehr vielen Schichten. Viele Fragen und wenige einfache Antworten sind hier zu finden.

Filme und Ausstellung zu St. Ruprecht

Von Gerhard Maurer und Gudrun Zacharias sind derzeit zwei Ausstellungen zu sehen: Im Raum für Fotografie bis 30. September und in der Hafenstadt in Klagenfurt bis 16. Juni. Dazu gibt es eine eigene Zeitung mit Fotos und Zitaten wie „Heimat ist etwas ganz Tiefes“.