Kurt Scheuch vor Gericht
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Chronik

NS-Runen: Freispruch im Zweifel

Der ehemalige freiheitliche Politiker Kurt Scheuch hat sich am Mittwoch vor Gericht verantworten müssen. An einem Holztor des Anwesens seiner Familie soll er NS-Runen angebracht haben. Die Staatsanwaltschaft sah darin einen Verstoß gegen das Verbotsgesetz. Die Geschworenen stimmten 4:4, damit folgte ein Freispruch im Zweifel.

Der frühere Landeshauptmann-Stellvertreter und freiheitliche Parteiobmann soll eine Sowilorune (die unter den Nazis zur Sigrune wurde), eine Opalan-/Odalrune und eine Wolfsangel in ein Holztor in Mühldorf gefräst haben. Diese Runen seien anschließend deutlich von einem öffentlichen Radweg aus sichtbar gewesen.

Prozess Scheuch Runen

Insgesamt fünf Runen gefunden

Vor Prozessbeginn wurde die Anklage dann auch noch erweitert. Auf einem Turm auf dem Anwesen wurden zwei weitere Runen gefunden. Laut Staatsanwalt Christian Pirker waren diese Symbole allesamt von der SS beziehungsweise von nationalsozialistischen Organisationen verwendet worden. 2020 wurde Scheuch von der Grünen-Politikerin Olga Voglauer angezeigt, mehr dazu in Anzeige wegen Runenzeichen auf Holztor (kaernten.ORF.at, 21.11.2020).

Richter, Landesgericht
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Die Richter Gerhard Pöllinger, Sabine Götz und Manfred Herrnhofer

Scheuch: „Symbole haben andere Bedeutung“

Der Prozess wurde mit der Einvernahme des Angeklagten gestartet. Der Ex-Politiker hatte schon im Ermittlungsverfahren beteuert, dass die Symbole eigene Bedeutungen hätten – unter anderem würden sie für seinen Sohn, für den Namen des Hofs und für ererbten Besitz stehen.

Verteidiger Christian Leyroutz betonte, sein Mandant habe keine Berührungspunkte zur rechtsextremen Szene. Er habe keine Nazi-Runen verwendet, die Symbole hätten eine persönliche Bedeutung für ihn. Leyroutz sieht in dem Prozess „politische Ziele“ verfolgt. Außerdem sei sein Mandant schon durch die Berichterstattung vor dem Prozess „vorverurteilt“ worden.

Staatsanwalt Christian Pirker und Verteidiger Christian Leyroutz
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Staatsanwalt Christian Pirker und Verteidiger Christian Leyroutz

Scheuch verurteilte Nationalsozialismus

Den Nationalsozialismus verurteilte der Ex-Politiker auf Nachfrage von Richterin Sabine Götz, die dem Geschworenensenat vorsaß, den Holocaust beschrieb er als „eines der schrecklichsten Verbrechen der Menschheit“. Er bestätigte auf Nachfrage, dass sein Großvater hochrangiges NSDAP-Mitglied gewesen sei, die Symbole habe er aber auf keinen Fall im Gedenken an ihn angebracht. Auch in seiner Zeit als aktiver Politiker habe er die Odalrune und die Wolfsangel öffentlich getragen, was nie jemand beanstandet habe.

„Die Häufung dieser Symbole hat Sie nie bedenklich gestimmt? Ist das nicht eine interessante Ansammlung an nur einer Zaunlatte?“, wollte Götz wissen. „Ich kann die Symbole ja erklären“, antwortete der Angeklagte, er habe sich keine Gedanken gemacht, weil die Symbole für ihn nie eine bedenkliche Bedeutung gehabt hätten. Nichtsdestoweniger habe er die Symbole auf dem Zaun entfernt, „ich wollte nicht herumstreiten“. Das habe allerdings das Ergebnis gehabt, dass das als Schuldeingeständnis gewertet worden sei – aus diesem Grund habe er die Runen auf dem Turm auf seinem Grundstück belassen.

Freispruch im Zweifel

Der Wahrspruch der acht Geschworenen fiel denkbar knapp aus: Vier von ihnen sahen durch die Anbringung aller oder der einen oder anderen Rune den Tatbestand verwirklicht, vier sahen hingegen keine nationalsozialistische Wiederbetätigung gegeben. Also wurde ein Freispruch im Zweifel gefällt. Staatsanwalt Pirker gab keine Erklärung ab, das Urteil war damit vorerst nicht rechtskräftig.