Gebäude in Klagenfurt
ORF/Armin Sattler
ORF/Armin Sattler
Kultur

„Frauen bauen Stadt“ im Architekturhaus

Das Architekturhaus Kärnten will mit der aktuellen Ausstellung „Frauen bauen Stadt“ Architektinnen und Städtebauerinnen vor den Vorhang holen. Im Rahmen von geführten Spaziergängen durch die Stadt werden auch Geschichten von Frauen erzählt, die in Klagenfurt ihre Spuren hinterließen.

Die berühmte Brooklyn Bridge in New York wurde Ende des 19. Jahrhunderts unter der Leitung einer Frau fertiggestellt. Sie hieß Emily Warren Roebling und war damals als Ingenieurin eine echte Pionierin, kaum jemand kennt sie. Aber auch heute entsteht oft der Eindruck, dass das Planen und Bauen noch immer männerdominiert sind.

Warum es wichtig ist, auch weibliche Beispiele zu bringen, erklärt Raffaela Lackner vom Architekturhaus Kärnten: „Man kann seit hundert Jahren in Österreich Architektur studieren. Zwar sind 50 Prozent der Studienabgängerinnen weiblich, aufgrund der Familienplanung treten sie aber meist in den Hintergrund. Auch bei Büropartnerschaften ist es meistens so, dass der Mann vorne ist. Deswegen ist auch die Sichtbarkeit nicht so gegeben bei Frauen.“

Enzis im Museumsquartier in Wien
Iris Kaltenbach
Enzis im Museumsquartier Wien, diese sind eine Erfindung von Anna Popelka und Georg Poduschka

Beispiele für österreichische und Kärntner Architektinnen

Für eine bessere Sichtbarkeit dieser Frauen sorgt die Ausstellung „Frauen bauen Stadt“. Sie porträtiert 18 Architektinnen und Städtebauerinnen aus aller Welt: „Der Blick dieser 18 Architektinnen ist einerseits international. Es gibt aber auch österreichische Vertreterinnen wie Anna Popelka. Sie hat das Enzi, also Stadtmöbel entwickelt, die im Museumsquartier stehen. Wir haben sogar eines in der Ausstellung. Man kann darauf sitzen und es ausprobieren.“ Als Kärntner Vertreterinnen gelten Sonja Gasparin und Barbara Abel von Abel und Abel Architektur, die in Seeboden einen Zugang zum See bzw. eine Promenade planten.

Baugerüste als Symbol für weibliches Engagement

Zu sehen ist die Ausstellung im Goethe-Park vor dem Architekturhaus Kärnten. Zum Thema der Ausstellung passend sind die Schautafeln auf kleinen Baugerüsten angebracht. Dass sich Frauen oft doppelt anstrengen müssen, um ernst genommen zu werden, bemerkten Lackner und ihr weibliches Team auch beim Aufstellen dieser Gerüste: „Es war auch spürbar, dass uns die Gerüstbauer nicht zugetraut haben, dass wir das aufbauen. Wir haben dann quasi den Gegenbeweis erbracht, denn die Ausstellung steht.“

Stadtplanung „für alle“ gefordert

Die Ausstellung sorgt nicht nur für eine bessere Sichtbarkeit von Architektinnen und Städtebauerinnen. Sie macht auch darauf aufmerksam, dass bei der Stadtplanung die Bedürfnisse aller Menschen berücksichtigt werden sollten, so Lackner: „In der Stadt bewegen sich vor allem auch Frauen, Familien, Kinder, Senioren und Seniorinnen. Auf das muss man auch Bedacht nehmen – bei Randsteinen oder barrierefreien Zugängen. Das gilt es sichtbar zu machen. Das schafft auch die Ausstellung.“

Lindwurm Klagenfurt
ORF
Der Neue Platz in Klagenfurt

Auf den Spuren einflussreicher Klagenfurterinnen wandeln

Die von Katja Schechtner und Wojciech Czaja kuratierte Ausstellung „Frauen bauen Stadt“ ist bis 23. Juni vor dem Architekturhaus Kärnten in Klagenfurt zu sehen. Zu dieser Ausstellung gibt es auch ein buntes Rahmenprogramm. Dazu zählen geführte Stadtspaziergänge auf den Spuren von Frauen, die die Stadt Klagenfurt geprägt haben.

Die meisten Straßen, Plätze und Denkmäler in Klagenfurt sind Männern gewidmet. Dabei wurde die Stadt im Laufe ihrer Geschichte auch durch viele Frauen geprägt. Um die Spuren dieser Frauen sichtbar zu machen, organisieren das Theater Wolkenflug und der Verein Visible unter dem Motto „Stadt der Frauen“ geführte Stadtspaziergänge durch die Klagenfurter Innenstadt.

Die Spuren der vielen Frauen, die Klagenfurt geprägt haben, bleiben auf den ersten Blick oft verborgen, sagt Regisseurin Ute Liepold, die die Stadtspaziergänge inszenierte: „Wenn man beginnt, sich damit zu beschäftigen, dann sieht frau, dass es eine reichhaltige Frauengeschichte gibt und dass es Hunderte von Frauen gibt, die zur Geschichte beigetragen haben.“

Herbertstöckl von außen
ORF
Das Herbertstöckl in Klagenfurt

Auch Frauen besuchten Denkersalon der Aufklärung

Die Stadtführerin Maria Hartlieb und die Schauspielerinnen Birgit Fuchs und Katarina Hartmann begleiten das Publikum an Orte, die von Frauengeschichten zeugen. Einer dieser Orte ist das Herbertstöckl auf dem Sankt Veiter Ring. Diese Villa war im 18. Jahrhundert das Zentrum der Kärntner Aufklärung. Bürgerliche Intellektuelle trafen einander hier regelmäßig und debattierten lebhaft über die Ideen des Philosophen Immanuel Kant. Zu diesen Treffen kamen auch Frauen, so Liepold: „Das waren Frauen des Bürgertums, die natürlich eine Bildung bekommen haben. Das war aber immer, ich würde sagen, ‚semiprofessionell‘. Sie waren gebildet, aber sie durften nicht studieren. Sie waren künstlerisch geprägt, aber sie durften keine Kunst machen. Das war das Dilemma dieser Frauen.“

Ottilie von Herbert zerbrach an gängigem Frauenbild

Eine dieser Frauen war Ottilie von Herbert, die Schwester des damaligen Besitzers der Villa. „Sie war in der Situation, dass sie heiraten sollte und ihren zukünftigen Ehemann bereits betrogen hatte. Sie wollte von Immanuel Kant einen Ratschlag haben“, so Liepold.

Verzweifelt schrieb von Herbert Briefe an Kant. Er antwortete zwar, aber die Antworten des Philosophen stellten die junge Frau nicht zufrieden, sagt die Regisseurin: „Tragisch ist dann, dass Ottilie von Herbert in ihrem zweiten Brief schrieb, er möge ihr raten, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Sie war so gelangweilt. Das bildet das Schicksal der Frauen von damals ab, die eigentlich verpflichtet dazu waren, handzuarbeiten und zu warten oder auszuharren, bis der Ehemann kommt. Sie hat sich dann tragischerweise umgebracht, indem sie ins Wasser ging.“

Geführte Spaziergänge am 3.5. und 5.6.

Ottilie von Herbert ist nur eine der vielen Frauen, deren Spuren man in der Klagenfurter Innenstadt entdecken kann. Sichtbar werden diese Spuren bei geführten Stadtspaziergängen mit dem Theater Wolkenflug und dem Verein Visible, am 3. Mai und 5. Juni jeweils um 17.00 Uhr. Anmelden kann man sich per E-Mail unter kontakt@wolkenflug.at oder unter der Telefonnummer 0681/81926317. Die Teilnahme kostet zehn Euro.