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Soziales

Immer mehr Armutsgefährdete

Die Teuerungskrise zeigt deutliche Folgen: In Kärnten gelten 17,5 Prozent der Bevölkerung bzw. 100.000 Menschen als armutsgefährdet. Davon sind 12.500 Kinder und Jugendliche. Die Zahl jener, die erheblich materiell und sozial benachteiligt waren, stieg 2022 spürbar.

Neue Möbel, ein Urlaub, eine angemessen warme Wohnung: 2,3 Prozent oder 13.000 Kärntnerinnen und Kärntner konnten sich das 2022 nicht mehr leisten. Das sind um fast 3.000 mehr als im Jahr davor, sie gelten damit laut EU-Definition als „erheblich materiell und sozial benachteiligt“. Übermäßig oft trifft das auf Frauen zu, vor allem, wenn sie alleine leben. Am höchsten ist das Risiko für Alleinerziehende, so die neuesten Zahlen der Statistik Austria.

Hohe Belastung durch Wohnkosten

Für Betroffene bedeutet das häufig eine verhältnismäßig sehr hohe Belastung durch Wohnkosten. Obwohl sie überwiegend in günstigeren Genossenschaftswohnungen leben, machen die Wohnkosten bei gut einem Viertel von ihnen mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens aus.

Armutsstatistik

Vier von fünf Betroffenen haben große Schwierigkeiten, überhaupt mit ihrem Einkommen auszukommen. Sorgen, die nicht selten auch zu gesundheitlichen Folgen führen: Fast die Hälfte der erheblich materiell und sozial benachteiligten Personen bezeichnet den eigenen Gesundheitszustand als schlecht oder sehr schlecht.

60 Prozent des Medianeinkommens

In Summe gelten in Kärnten nach den neuen Daten 100.000 Menschen als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das trifft unter anderem auf Haushalte mit weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zu, das heißt, sie müssen im Jahr mit höchstens 27.800 Euro auskommen. Gefährdet sind auch Menschen, die nicht oder sehr wenig ins Erwerbsleben eingebunden sind. Ihre Anzahl ging im vergangenen Jahr als einzige zurück, in Kärnten auf nunmehr 32.000 Personen.

Betroffene: Große Überwindung

Die Volkshilfe in Klagenfurt ist eine Anlaufstelle für Menschen, die mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen. Auch eine 35 Jahre alte Frau und Mutter von drei Kindern, die anonym bleiben möchte, braucht nach ihrer Scheidung finanzielle Hilfe. Sie erzählt: „Es ist eine große Überwindung, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Man möchte ja was tun, um den Lebensstandard halten zu können aber es ist als Alleinerziehende oft nicht möglich. Vollzeit arbeiten geht gar nicht auch wenn ich es wollte weil die Kinderbetreuung nicht gegeben ist.“

Beratungsgespräch
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Die Anfragen bei der Volkshilfe haben sich vervierfacht

Und das schränkt die Verdienstmöglichkeiten ein. Dazu kommen noch die massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten. Die Anfragen bei er Volkshilfe haben sich letzten halben Jahr vervierfacht. Sozialarbeiterin Stephanie Kurath: „Wenn die Kinder an einem Schul-Skikurs oder an einer Sportwoche teilnehmen wollen oder Nachhilfestunden brauchen, dann kommt die Hilfe direkt den Kindern zu Gute.“

Anfragen haben sich vervierfacht

Den armutsgefährdeten Menschen in Österreich und Kärnten fehlt immer häufiger auch Geld zum Heizen oder für Lebensmittel, sagte Judith Ranftler von der Volkshilfe Österreich: „Wir haben mehr als doppelt so viele Kinder wie vorher wo eine angemessene Versorgung mit Lebensmitteln nicht mehr gegeben ist.“

Lebensmittel
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Immer weniger können sich genug Lebensmittel leisten

Und hier müsse die Politik ansetzen, sagte auch die neue Kärntner Referentin für Soziales, Gaby Schaunig (SPÖ): „Wir müssen zurück zu einer Mindestsicherung die nicht darauf abzielt, Armut zu verwalten sondern etwas dagegen tut.“

FPÖ: Ursachen der Teuerung bekämpfen

Kritik kommt von der FPÖ. Es sei eine traurige Bilanz der Landesregierung, dass die Zahl der Armutsgefährdeten massiv angestiegen sei, heißt es in einer Aussendung. Ein Abschieben der Verantwortung auf den Bund und die EU sei zu wenig. Man müsse die Ursachen der Teuerung bekämpfen, so Klubobmann Erwin Angerer. Die FPÖ habe bereits Anträge für ein Ende der Russland-Sanktionen sowie für ein Aussetzen der Steuern auf Strom, Heizöl oder Grundnahrungsmittel gestellt.

TK: Heizkostenzuschuss erhöhen

Die Bekämpfung der Armut muss auf der Prioritätenliste der neuen Landesregierung ganz oben angesiedelt sein, so das Team Kärnten in einer Aussendung. Als erste Maßnahme fordert Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer, dass der Heizkostenzuschuss des Landes signifikant erhöht und an die aktuellen Rahmenbedingungen angepasst wird. Besonders dramatisch sei die Tatsache, dass in Kärnten 12.500 Kinder und Jugendliche von Armut betroffen sind.