Alle Planeten des Sonnensystems kreisen um das Zentrum, den Stern Sonne, so Kurt Anetzhuber von der Sternwarte Klagenfurt: „Ein Stern wird dadurch klassifiziert, dass es selbst Energie abstrahlt und produziert in Form von Kernfusion. Wasserstoff wird in Helium umgewandelt, das geht zu höherwertigen Elementen bis zum Eisen, danach ist der Fusionsprozess beendet. Alle höherwertigen Elemente im Periodensystem entstehen erst dann, wenn der Stern am Ende seines Lebens explodiert in einer Nova oder Supernova. Erst dann entstehen Elemente wir Gold oder Uran.“ Der Fusionsprozess setze enorme Mengen an Energie frei.

Jeder Stern hat einen Lebenszyklus. Ausgedrückt wird das im Hertzsprung-Russel-Diagramm: „Wir sind derzeit in der stabilen Phase des Lebenszyklus unserer Sonne. Die Sonne ist um die fünf Milliarden Jahre alt und hat noch einmal so lange vor sich. Wir dürfen aber nicht erwarten, dass die Sonne die weiteren fünf Milliarden Jahre stabil leuchten wird. Es wird gegen Ende dieser Jahre zu Instabilitäten kommen.“
Teilchen legen langen Weg bis zur Erde zurück
Die Erde ist im Mittel 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt: „Die Sonne hat eine Oberflächentemperatur in der Chromosphäre von rund 5.000 Kelvin. Im Inneren steigt die Temperatur auf 20 Millionen Kelvin an. Temperatur und Druck sind nötig, dass überhaupt Atomkerne miteinander verschmelzen können.“
Das Licht der Sonne hat eine Reisegeschwindigkeit von rund 300.000 Kilometer pro Sekunde und braucht bis zur Erde rund acht Minuten. Sonnenstürme sind kein Licht und brauchen auch länger, um von der Sonne zur Erde zu gelangen: „In der Regel sind die Elementarteilchen, die Protonen, Elektronen und Neutronen zu einem Atomkern geformt. In einem Plasma ist dieser Verbund aufgehoben, die Teilchen sind frei im Raum verteilt. Dieses Plasma wird in einem Sonnensturm, in einer Eruption, von der Sonne weggeschleudert. Es dauert rund zwei Tage, bis diese Teilchen bei der Erde ankommen.“

Polarlichter entstehen durch Sonnenstürme
Sonnenstürme sind verantwortlich für die Polarlichter, so der Anetzhuber: „Es ist die Interaktion dieser Elementarteilchen mit Atmosphäre, sie wird aufgeladen. Die Erde ist durch das Magnetfeld gut geschützt, es leitet diese Partikel um die Erde herum. In den Polregionen, wo die Magnetfeldlinien aus dem Erdkörper austreten, werden die Partikel in tiefe atmosphärische Schichten umgeleitet. Das geht bis auf zehn bis 15 Kilometer herunter, daher gibt es die Wechselwirkung mit den Teilchen der irdischen Atmosphäre.“
Erhöhte Spannung im Stromnetz
Mitte des 18. Jahrhunderts, als es schon Telegrafenleitungen gab, fand laut Anetzhuber die bislang größte dokumentierte Sonneneruption statt. Sie führte zu Funkenflug und einer Beschädigung der Apparaturen. Es wurde mit dem Aufbau einer technischen Infrastruktur begonnen, bei dem auch die Sonne einbezogen wurde, um die Geräte zu schützen.

Stromnetze können überlastet werden
Auswirkungen kann ein Sonnensturm auch auf das Stromnetz haben, so Anetzhuber: „Wenn ich eine Stromleitung habe, die über tausend Kilometer geht – wie das Verbundnetz in Europa, vor allem in skandinavischen Ländern – führt das in dieser Hochspannungsleitung, die normalerweise mit 380.000 Volt transportiert, zu einer Spannungserhöhung. Ich habe dann plötzlich nicht 300.000 Volt drauf, sondern auf einmal eine Million Volt.“ Dadurch würden die Transformatoren am Ende der Leitung aufrauchen.
Pläne der Elektroversorgungsunternehmen würden besagen, dass die transkontinentalen Versorgungsnetze, die es in Europa gibt, auf lokale Versorgung umgeschaltet werden, indem die Fernleitungen geerdet werden. Österreich ist aufgrund der geographischen Lage aber kaum betroffen.
Hochempfindliche Satelliten bei Sonnenstürmen im Standby
Die Auswirkungen der Sonnenstürme betreffen aber auch die Kommunikation auf der Erde. Die verwendeten Satelliten sind hochempfindlich, so der Experte: „Wenn ein Sonnensturm vorhergesagt wird werden GPS- und Wettersatelliten in den Standby-Modus gesetzt. Alle Sensoren werden mit dem Gehäuse des Satelliten verbunden und man wartet den Sturm ab. Danach nimmt man wieder alles in Betrieb.“
Es befinden sich immer mehrere Satelliten im Umlauf, daher merkt man auf der Erde nichts vom Stand-by-Modus. „Es gibt zum Beispiel das Navigationssystem GPS, jenes der Europäer Galileo oder Baidu aus China. Man schaut, welcher Satellit gerade vom Sonnensturm betroffen ist. Dieser wird dann abgeschaltet.“ Werden zum Beispiel für die Navigation fünf Satelliten benötigt und es stehen hundert zur Verfügung werden zehn oder 20 abgeschaltet. Das falle meist nicht auf, sagt Anetzhuber. Die Genauigkeit der Smartphones betrage üblicherweise sonst drei bis vier Meter. Im Fall einer Abschaltung von Satelliten würde sie auf zehn oder 15 Meter abweichen.
Ausweichrouten im Flugverkehr nötig
Auch im Flugverkehr berücksichtigt man die Sonnenstürme: man fliegt nicht die Nordatlantik-Route von Europa nach Nordamerika, sondern wählt eine Route weiter im Süden. Das dauere etwas länger, aber man gehe auf Nummer sicher, so Anetzhuber. Zum einen wegen der Instrumente im Flugzeug und zum anderen wegen der Menschen an Bord. „Die Crew bekommt, wenn sie durch einen Sonnensturm durchfliegt, eine Strahlendosis ab, die arbeitsrechtlich
bereits der Jahresdosis entsprechen sollte. Sie dürfen dann bei einem Sonnensturm nicht mehr über die Nordatlantikroute fliegen und werden dafür gesperrt.“