Kunstinstallation im Dom
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Kultur

Internethetze gegen Kunst im Dom

Das Fastentuch im Klagenfurter Dom von Ina Loitzl erregt seit eineinhalb Wochen die Gemüter, zumindest im Internet: Dort wurde auf einer Plattform eine Petition gegen die Darstellung der Zunge im Dom gestartet. Fast 1.300 Unterschriften wurden bisher gesammelt, gefordert wird die Entfernung des Fastentuchs.

Der Dompfarrer, aber auch anerkannte Theologen und die katholische Frauenbewegung halten dagegen und fordern die Gegner zum Dialog auf. Der Stein des Anstoßes: „Lingua“, Loitzls Fastentuch in Form einer Zunge, die, wenn es nach den Gegnern geht, sofort entfernt werden muss wegen Blasphemie und Gotteslästerung. „Ich bin als Antichristin und als Dämonin beschimpft worden oder dass ich mit Dämonen schlafen will. Das ufert so aus, dass man das eigentlich gar nicht lesen will“, so Loitzl.

Kunstinstallation im Dom
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Im Internet wird die Entfernung des Fastentuchs in Form einer Zunge gefordert

Tabuisierte Körperteile

Der Protest entzündete sich nicht sofort und auch nicht am Zungenobjekt, sondern an einer Prozession für die Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche. Besagter Protest führte vom Dom zur Burgkapelle im Museum Moderner Kunst (MMKK) zu Loitzls „Mandorla“, einem Heiligenschein als Vulva. Aber warum gerade diese Verbindung? „Es sind extrahierte Körperteile, die wir aber immer mit uns tragen. Ich als Frau auf jeden Fall, ich habe die Zunge mit, ich habe meinen Unterleib mit. Es ist interessant, dass diese beiden Organe sehr tabuisiert sind“, so Loizl.

Prozession für mehr Frauenrechte in der Kirche
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Feministische Prozession „monstramus – wir zeigen“ für Frauenrechte in der Kirche, organisiert vom Verein Visible, Wolkenflug, Ina Loitzl und dem MMKK

Dompfarrer: Frauen sollen mitreden – das Fastentuch bleibt

Bischof und Dompfarrer sollen die Kunst im Dom nun nicht nur entfernen, sondern auch öffentlich Sühne leisten. „Diese Installation will sagen, Frauen sollen in der Kirche mehr reden und gleichberechtigt mitreden können. Würde ich die Zunge abnehmen, das würde bedeuten, dass die Frauen in der Kirche den Mund halten sollen. Zu diesem Statement bin ich nicht bereit“, so Dompfarrer Peter Allmaier.

Kunstinstallation im Dom
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Loizls „Mandorla“ in der Burgkapelle des MMKK

Forderung nach innerkirchlichem Dialog

Kirchenexperten plädieren für einen innerkirchlichen Dialog. „Auf der einen Seite gibt es die, die sagen, sie fühlen sich mit ihren Frauenrechten nicht wahrgenommen und es gibt eine verkorkste Sexualmoral, und auf der anderen Seite gibt es möglicherweise eine Gruppe, die Angst hat, dass die Kirche versexualisiert wird“, so Barbara Velik-Frank von der Katholischen Frauenbewegung. Es gebe also zwei reale und unterschiedliche Positionen von Gruppen, die sich in der Kirche nicht gut genug vertreten fühlen, so Velik-Frank.

Kunstinstallation im Klagenfurter Dom

Theologe: Ganzer Mensch von Gott „gut“ gemacht

„Ich glaube, es ist ein bisschen eine Beleidigung Gottes, weil er hat den Mensch, wie es im Buch Genesis heißt, gut gemacht. Daran ist alles gut, nicht nur die Gesichter, sondern auch die Geschlechtsteile. Das sind Schönheiten und Kunstwerke, die Gott eingefallen sind“, so Theologe Paul Zulehner. Er würde der Kirche raten, die Kunstinstallation so sein zu lassen, wie sie ist. „Den Protest muss man aushalten, weil die Leute veröffentlichen eher etwas von sich selbst, als dass sie etwas zum Kunstwerk sagen.“