Martin Gruber und Peter Kaiser
APA/HELMUT FOHRINGER
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Politik

Neuauflage für SPÖ-ÖVP wahrscheinlich

Nach der Kärntner Landtagswahl erachten Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer und Politikberater Thomas Hofer eine Neuauflage der Rot-Schwarzen Koalition – allerdings mit verschobenen Machtverhältnissen – für am wahrscheinlichsten. Nicht ganz auszuschließen sei aber auch eine Dreierkoalition gegen die SPÖ.

Die SPÖ liege am Wahlabend wenig überraschend „als schwer gebeutelter Wahlsieger“ auf Platz eins, sagte Hofer. Den Grund dafür müsse man in den eigenen – Kärntner – Reihen suchen, so Hajek. „Bei den Wahlmotiven gab es nur ein Asset, und das war Peter Kaiser, das Thema Teuerung kam bei den SPÖ-Wählern erst an fünfter Stelle.“

Jubel bei der ÖVP
ORF
Freudentaumel bei der ÖVP nach der ersten Trendrechnung

ÖVP-Wahlerfolg auch für Partei unerwartet

Überraschendster Gewinner war Sonntagabend die ÖVP. „Warum die ÖVP so zulegen konnte und sogar das Ergebnis aus der Ära (Sebastian, Anm.) Kurz toppen konnte, ist wirklich schwer zu erklären, und so ganz weiß die Volkspartei es wahrscheinlich selber nicht.“ Sicherlich habe die Debatte über den Flughafen eine gewisse Rolle gespielt, vielleicht habe man aber auch den Spitzenkandidaten Martin Gruber unterschätzt, so Hofer.

Wahlfeier mit Martin Gruber
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Martin Gruber fuhr bei dieser Wahl einen unerwarteten Sieg ein

Koalitionäre Machtverhältnisse verschoben

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) habe dennoch noch alle Trümpfe in der Hand und werde die Koalitionsverhandlungen wohl auch als Erster aufnehmen. Am wahrscheinlichsten sei eine Neuauflage von Rot-Schwarz. „Allerdings glaube ich, dass sich die Machtverhältnisse hier mehr als nur um die Mandate in Richtung ÖVP verschoben haben“, so Bachmayer.

Peter Kaiser
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Für Landeshauptmann Peter Kaiser wurde es mit großen Verlusten Platz eins

Dreierkoalition aus FPÖ, ÖVP und Team Kärnten denkbar

Mit Blick auf die Bundes-ÖVP, die in den letzten beiden Jahren „durchgehend durch den Kakao gezogen worden ist“, sei für ihn aber auch eine Dreierkoalition aus FPÖ, ÖVP und Team Kärnten denkbar. „Es kann gut sein, dass die Bundespartei anstachelt und sagt: Wir wollen den Landeshauptmann.“

Ein schwarzer Landeshauptmann vom dritten Platz aus sei zwar „kein leichtes Stück Arbeit“, aber „politische Verhandlungen führen oft zu überraschenden Ergebnissen. Mir soll keiner sagen, dass in der Politik nicht alles möglich ist“, so Bachmayer mit Verweis auf Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel. Eine Dreierkoalition mit der FPÖ an der Spitze sei aber wohl ausgeschlossen, dafür gebe es für die ÖVP keinen Grund. Für Hofer ist die Möglichkeit einer Koalition gegen die SPÖ zwar nicht auszuschließen, aber wohl eher spiele man als Volkspartei nur damit, „um den Preis hochzutreiben“.

Team Kärnten sahnte bei Rot und Blau ab

Eine Kärntner „Eigenheit“, aber auch „der Hauptsieger der Wahl“ ist für Bachmayer das Team Kärnten rund um den Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer, das sowohl von Rot als auch von Blau stimmen gewinnen konnte. Letztere könnten laut Hajek mit ihrem Ergebnis insofern nicht zufrieden sein, als dass die Verluste der SPÖ deutlicher ausfielen als die Gewinne des Teams Kärnten und somit auch die ÖVP Stimmen der SPÖ gewinnen konnte, auf die es die Freiheitlichen abgesehen hätten.

Wahlfeier Gerhard Köfer
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Gerhard Köfer beim Feiern – er konnte sowohl bei SPÖ- wie auch bei FPÖ-Wählern punkten

Große Sorgen müsste sich die FPÖ aber nicht machen, so Hofer, da es mit dem Team Kärnten eben jenes „populistische Überlaufgefäß“ gab und die FPÖ in Kärnten von einem deutlich höheren Niveau startete als etwa in Tirol und Niederösterreich. Außerdem sei der Spitzenkandidat Erwin Angerer deutlich schwächer als etwa Udo Landbauer in Niederösterreich und Marlene Svazek in Salzburg. „Dort, wo es populistische Alternativen gibt, werden freiheitliche Zugewinne begrenzt ausfallen“, sagte Hofer.

Grünes Debakel kein Schaden für Bundespartei

Den Einzug in den Landtag nicht geschafft haben NEOS und die Grünen. Vor allem für Letztere sei das schmerzlich, da sie im Gegensatz zu NEOS schon mal im Landtag gesessen sind und es auch diesmal möglich gewesen wäre, sagte Hofer. Für die Grünen sei Kärnten aber immer schon ein extrem schwieriger Boden gewesen, so Hajek. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern fehlen Hotspots wie Innsbruck und Salzburg, und über den urbanen Raum hinaus zu punkten, habe man nicht geschafft. „Das ist ein ernüchterndes Ergebnis, für die Bundespartei wird daraus aber kein großer Schaden entstehen“, sagte Hofer.

Olga Voglauer mit Martin Gruber und Peter Kaiser
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Die Grünen verpassten den Wiedereinzug in den Landtag klar

„Mix-Mode“: Wahlumfragen deutlich daneben

Deutlich daneben lagen im Vorfeld der Wahl einige Umfragen. „Satte acht oder neun Prozent sind ein satter Bauchfleck“ kritisierte Bachmayer und machte vor allem den „Mix-Mode“, also eine Mischung aus Telefon- und Onlineumfrage, dafür verantwortlich. Diese Umfragen würden die Wahlkampfführung beeinflussen und zu einem Mobilisierungseffekt führen.

Anders sieht das Hajek, der Einfluss von Umfragen auf die Wahl sei „am Ende überschaubar gering“. Eine Umfrage von ihm vor wenigen Wochen, bei der die ÖVP deutlich unter dem tatsächlichen Ergebnis lag, sei ärgerlich und „der erste Bauchfleck seit einer Umfrage im Vorfeld der Präsidentschaftswahl vor sieben Jahren“. Das sei „nicht schön, aber statistisch gesehen muss das irgendwann passieren. Es gibt in der Marktforschung das sogenannte 95-prozentige Sicherheitsniveau, das heißt: 95 Prozent der Umfragen sind richtig, fünf Prozent sind es nicht.“