Noch bis in die 1960er-Jahre hing an der Greifenburger Friedhofskirche eine Tafel, um an Johann Maier zu erinnern. Er war 1944 in das KZ Mauthausen deportiert und ein Jahr später dort ermordet worden. Kurz nach der Montage verschwand die Gedenktafel bereits wieder und 50 Jahre lang erinnerte nichts an das Schicksal des NS-Opfers.

Wer war Johann Maier
Johann Maier wurde 1888 in Greifenburg in einer gutbürgerlichen Familie geboren. Sein Vater war der dortige Bürgermeister und verfasste außerdem eine Chronik historisch bedeutender Ereignisse. Johann Maier war im Laufe seines Lebens unter anderem als Portier oder Druckereimitarbeiter tätig, doch betrachtet man seine Zeichnungen, drängt sich vor allem ein Gedanke auf: Er war bildender Künstler. Diese zwei Werke von ihm zeigen wahrscheinlich die Komponisten Anton Bruckner und Richard Wagner.
Weiters vermutet man, dass Maier offen mit seiner Homosexualität umgegangen war, zu einer Zeit, in der gleichgeschlechtliche Liebe nicht nur verpönt war, sondern auch unter Strafe stand. In Greifenburg war seine Orientierung bekannt.

Auch die Wissenschaftlerin Nadja Danglmaier kennt die Geschichte von Johann Maier. Sie ist die Kärntner Koordinatorin für das Projekt erinnern.at. Im Rahmen eines Schwerpunktes wird in diesem Jahr die Verfolgung von homosexuellen NS-Opfern beleuchtet und thematisiert. Denn nach wie vor weiß man nur wenig über die einzelnen Schicksale in dieser Zeit.

„Homosexuelle Menschen waren auch nach der Befreiung vom NS-Regime gesellschaftlich geächtet. Sie wurden in der Öffentlichkeit nicht als Opfer gesehen“, sagte Danglmaier. Das habe dazu geführt, dass viele überlebende homosexuelle NS-Opfer schwiegen. Erst im Jahr 2005 wurden Homosexuelle als Opfer der NS-Verfolgung durch die Republik Österreich anerkannt.

Wie Ausgrenzung im Alltag funktioniert
Der Intendant des Klagenfurter Stadttheaters, Aron Stiehl, erzählte, wie Ausgrenzung auch im Jahr 2023 noch funktioniert: „Auf einem öffentlichen Platz hörte ich einmal jemanden rufen: ,Ihr schwulen Säue’. Ich ging zu ihm und fragte: Warum sagst du das? Ich bin auch schwul. Bin ich jetzt auch eine Sau? Er antwortete: Dich meinte ich ja nicht. Dann sagte ich: Doch. Wenn du von ,schwulen Säuen’ sprichst, dann fühle ich mich angesprochen – und das verletzt mich“, so Stiehl.

„Konversionstherapien“
Homosexuell zu sein bedeutet heute noch in vielen Ländern dieser Welt, sein Leben zu riskieren. Auch in Österreich gibt es noch sogenannte „Konversionstherapien“. Sie sind höchst umstrittene Behandlungen mit dem Ziel, nicht heterosexuelle Menschen umzupolen. Bis heute gibt es kein Gesetz gegen solche Therapien – obwohl bereits vor rund vier Jahren ein Entschließungsantrag einstimmig im Parlament eingebracht wurde.
Nicht zuletzt aufgrund der bestehenden Forschungslücke in diesem Bereich machte das Programm „erinnern.at“ homosexuelle NS-Opfer zum diesjährigen Themenschwerpunkt.