Rotbuchen im Frühling
Umwelt

Rotbuche züchtet klimafitte Nachkommen

Seit zwei Millionen Jahren gibt es die Rotbuche, die auch Mutter des Waldes genannt wird, weil sie bodenverbessernd wirkt. Nach neuen Erkenntnissen dürfte sie sich in den letzten Jahren zunehmend an die Klimaveränderungen anpassen und versuchen, resiliente Nachkommen zu produzieren.

In den letzten zwölf Jahren dürfte sich die Rotbuche dem Klimawandel angepasst haben, sagte Helmut Zwander vom Naturwissenschaftlichen Verein Kärnten. Man könne eine Zunahme der Rotbuchenbestände beobachten, sie produzieren auch immer mehr und mehr Blütenstaub: „Es gibt seit 1980 den Pollenwarndienst. Da werden nicht nur die Daten von allergologisch relevanten Pflanzen erhoben, sondern wir erheben alle Daten aus wissenschaftlichen Gründen.“

Rotbuchen
Helmut Zwander
Junge Rotbuchen

Immer mehr Pollen werden produziert

Von 1980 bis 2010 gab es einen geringen Pollenflug, dann sei es immer mehr geworden. Zwander sagte, teilweise komme der Pollen aus Friaul und Slowenien, aber hauptsächlich aus Kärnten. Das höchste Pollenaufkommen wurde 2020 gemessen: „Da fragt man sich, warum macht das die Rotbuche und erzeugt auf einmal so viel Pollen, wo sie es Hunderte Jahre lang nicht gemacht hat.“

Blätter und Blüten im Frühling
Blüten und Blätter erscheinen im Frühling gleichzeitig

Durchmischung genetischer Vorteil

Die Rotbuche ist seit Jahrhunderten der am besten angepasste Laubbaum Österreichs. Ihre Buchecker werden zu 70 Prozent von Tieren vertilgt, der Rest wird versteckt. Aus vergessenen Bucheckern entstehen dann Keimlinge. Zwander vermutet, dass die Rotbuche versucht, verstärkt Nachkommen zu zeugen: „Menschlich gesprochen hofft die Buche, dass unter den vielen Hunderten Sämlingen eine Variante dabei ist, die genetisch besser mit den Klimaveränderungen zurechtkommt als die Pflanze, die seit Jahrhunderten hier bestens angepasst war. Die Rotbuche ist ein Windbestäuber. Der Blütenstaub, der in Kärnten eine Buche bestäubt, kann auch aus dem Apennin kommen.“ Der Keimling sei dann ein Mischling aus Kärnten und Italien.

Buchecker
Bucheckern

Das verstärkte Pollenaufkommen von Rotbuchen könnte bedeuten, dass das Material, das aus dem Süden komme, eine genetische Variante nach Kärnten bringe. Denn im Apennin seien die Sommer wärmer und trockener, so könne eine Anpassung geschehen. „In unseren Wäldern könnten also schon Varianten wachsen, die einen großen genetischen Vorteil haben.“

Buchen brauchen viel Wasser

Im Gegensatz zu den südlichen Arten braucht die heimische Rotbuche sehr viel Wasser, so Botaniker Zwander: „Man hat ausgerechnet, dass die Rotbuche an einem heißen Sommertag 250 Liter Wasser braucht, das sie dem Boden entnehmen muss, es wird über Wurzeln angesaugt und über Blätter verdunstet.“ So sei sie in der Lage, zwölf Kilogramm Zucker zu erzeugen.

Dabei wird für den Menschen lebenswichtiger Sauerstoff erzeugt: „Bei einer einzigen Rotbuche neun Kubikmeter reiner Sauerstoff. Das reicht, um einen ganzen Tag neun bis zehn Menschen zu versorgen.“

Buchenkeimling mit Schalenresten
Thue/Wikipedia Gemeinfrei
Ein Keimling entsteht

Rotbuchenbestände in Kappl/Krappfeld

„Die Rotbuche ist von den Ökologen als bedeutendster Laubbaum Europas erkannt worden. Es gibt in Deutschland Rotbuchenwälder, die UNESCO-Naturerbe sind. Das wurde von der EU schon beanstandet, bezogen auf Kärnten. Von den vielen Lebensraumtypen, die wir haben, wurden keine Rotbuchenwälder nach Brüssel gemeldet.“ Es habe deswegen sogar Strafandrohungen mit Strafzahlungen gegeben, aber dieses Manko sei mittlerweile behoben worden, so Zwander. „Das Land Kärnten hat es doch geschafft, wunderschöne Rotbuchenbestände in der Gemeinde Kappl am Krappfeld als Europaschutzgebiet zu melden.“ Das Ausmaß betrage über 680 Hektar.

Rotbuche
Helmut Zwander
Rotbuchen

Immer mehr Bäume bilden mehr Pollen

Dass Bäume mehr Pollen produzieren, um den Klimaveränderungen entgegenzuwirken, wird in ganz Europa festgestellt: „Wir haben nicht so gute Daten aus ganz Europa, aber in Deutschland und der Schweiz wird genau gezählt, dort sieht man das gleiche Phänomen, dass auch bei Kiefer oder Fichte etwas Ähnliches passiert. Als Reaktion auf die Klimaveränderung versuchen sie, mehr in die Nachkommenschaft zu investieren.“

Alte Rotbuche im Herbst
300 Jahre alte Rotbuche

Eine Schwäche hat die Rotbuche: Einen Kälteeinbruch nach dem Austreiben verkraftet sie kaum: „Wenn es in der Nacht unter minus drei Grad absinkt, ist das für sie tödlich. Es kommt zum Frostbrand.“ Das bedeutet, dass der Baum dann auf die Nachkommenschaft verzichtet. Er bildet keine Blüten, sondern nur Blätter.