Smartphones in einem Geschäft
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Soziales

Immer mehr junge Menschen verschuldet

Die Schuldnerberatung sieht mit Sorge, dass sich immer mehr junge Menschen unter 30 verschulden. Mitverantwortlich dafür sind auch vermeintlich attraktive Ratenmodelle, bei denen die oft hohen Zinsen übersehen werden, aber auch bargeldloses Zahlen. Viele verlieren den Überblick.

Fast 23 Prozent Klienten der Schuldnerberatungen sind laut Statistik zwischen 21 und 30 Jahre alt. Vor allem Online-Zahlungsanbieter sind mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch sehr großzügig, wenn es um jetzt kaufen und später bezahlen geht. Social Media Influencer machen es vor, sie rühmen sich, beim Zahlungsanbieter Klarna tausende Euro Schulden angehäuft zu haben. Ihre Fans wollen es ihnen gleichtun und übersehen Zinsen von 15 Prozent.

Akten in der Schuldnerberatung
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Akten in der Schuldnerberatung

Viele teure Wünsche

Die Wünsche nach Markenkleidung und Smartphones sind groß, die Preise hoch. Viele zahlen bargeldlos und übersehen dabei erst recht, wie viel Geld sie wirklich ausgeben. Lea aus Völkermarkt sagte, es gebe mit Klarna die Möglichkeit, erst später zu bezahlen. Das sei sehr verlockend, vor allem, wenn der Lohn in ein paar Wochen komme. Carina aus St. Andrä sagte, sie habe kaum Bargeld dabei und wenn sie mit Apple Pay oder Karte zahle, komme es ihr vor, als ob nicht sie selbst bezahle. Das sei schon gefährlich, räumte sie ein.

Junge in der Schuldenfalle

Konsum im Gruppendruck

Handys kosten um die 1.000 Euro und jeder habe eines, es gehe auch um Bekleidung, quer durch das Konsumangebot, so Karl Kleindl von der Schuldnerberatung. Die Verlockungen seien in allen Altersgruppen da, aber der Jugend sei noch nicht bewusst, dass Rechnungen bezahlt werden müssen. Viele denken nur daran, dass die Freunde etwas auch haben und kaufen es, um dazuzugehören.

„Offene Rechnungen gefährden die Zukunft“

Die, die den Überblick völlig verloren haben und die Hilfe suchen, sind in der Kartei der Schuldnerberatung. Die Zahl nahm gerade bei jungen Menschen bis 30 Jahren deutlich zu, sagte Kleindl, der die Entwicklung mit Besorgnis mitverfolgt: „Ich muss mir dessen bewusst sein, dass das Geld nicht geschenkt ist. Irgendwann kommt die Mahnung, irgendwann kommt ein Schreiben eines Anwalts, ein Brief des Gerichts, ein Inkassobüro. Es entstehen Zinsen und Kosten. Ich kann nicht hoffen, dass ein Elternteil oder ein Freund meine Rechnungen zahlt.“ Jeder, der eine Rechnung nicht fristgerecht bezahle, müsse damit rechnen, seine Zukunft zu gefährden, so Kleindl.

Karl Kleindl
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Karl Kleindl berät Schuldner

Wer bar zahlt hat mehr Überblick

Weil das fristgerechte Zahlen für immer mehr junge Menschen zum Problem werde, reagieren die Zahlungsanbieter mit vermeintlich einfachen Strategien. Schon mit kleinen monatlichen Ratenzahlungen könne man Zahlungsfristen aufschieben, aber dass auch hier oft happige Zinsen anfallen, wird meist übersehen, so Konsumentenschützer.

Kleindl sagte, es gebe so etwas wie den Bezahlschmerz, wenn man mit Bargeld zahle. Wenn man mit Karte oder online zahle sei das Geld weg, das spüre man nicht. Viele Menschen haben ihr Girokonto überhaupt nicht im Blick. Rund 700 Klienten kommen jedes Jahr neu zur Schuldnerberatung. Es steige aber die Zahl derer massiv an, die wiederkommen, weil sie immer noch Probleme mit Geld haben. Die Schuldnerberatung rät Eltern dazu, Kinder bei Anschaffungen für zu Hause miteinzubeziehen, um ihren Sinn für den Umgang mit Geld zu schärfen. Kinder müssten lernen, dass das Geld aus dem Bankomat erst verdient werden müsse.