Die Forscher in der großen Höhle
Martin Friedl
Martin Friedl
Natur

Dobratsch: Berg der Höhlen und Geheimnisse

Wie einen löchrigen Käse kann man sich den Kalkstock Dobratsch bei Villach vorstellen. Viele Höhlen und Geheimnisse verbergen sich im Berg. Allein von der Villacher Alpenstraße aus gibt es 250 Höhlen. Martin Friedl aus Latschach erforscht das riesige Höhlensystem.

2018 wurde eine große Höhle im Dobratsch entdeckt. Seit fast fünf Jahren wird dort geforscht und es wurden bereits Tiere gefunden, wie Siebenschläfer oder Fledermäuse. Beforscht und erkundet wird die Höhle von Martin Friedl, der Soldat beim österreichischen Bundesheer in Villach ist. „Eines meiner Hobbys ist Höhlenforschen, was ich liebend gerne mache. Das Ganze ist ehrenamtlich und wir verbringen Stunden und Tage im Berg in der Finsternis und arbeiten.“

Der Sendeturm von oben
ORF
Der Dobratsch

Höhlen leicht erreichbar

Der Dobratsch ist nur wenige Autominuten von der Arbeitsstätte von Friedl entfernt. Gemeinsam mit Günter Faul aus dem Drautal erkundet er die verschiedensten Höhlen. Die Villacher Alpe ist aber Zentrum der Forschung. „Wir haben oft nicht weit zu gehen. Das ist der Vorteil bei uns am Dobratsch. Die Alpenstraße geht hinauf, links und rechts davon liegen die Höhlen. Im unteren Stock etwa 200, im oberen Stock haben wir um die 50 Höhlen und da haben wir doch Einiges zu forschen.“

Höhlenforscher in engem Durchgang
Martin Friedl
Engstelle in der großen Höhle

Höhlen werden laufend größer

Die Höhlen entstanden mit der Gesteinsbildung. Durch Schmelzwasser, Regen und Korrosion löst sich der Kalk und die Höhlen werden immer größer. „Die Höhleneingänge sind jedoch zum großen Teil verstopft. Über Villach ist einmal der Draugletscher gegangen. Das bedeutet 1.000 Höhenmeter Überdeckung an Eis. Das Ganze ist abgeschmolzen, das Wasser hat dann Gesteine, Sedimente und Felsblöcke mitgenommen und in die Höhlen transportiert und dadurch wurde alles verlegt“, erklärte der Höhlenforscher.

Kristalle in einem Sinterbecken
Martin Friedl
Nicht gefülltes Sinterbecken

Es handelt sich vor allem um Glazialschotter, der aus runden Steinen besteht. Der Schotter besteht aus Sand, Erde und Dreck der Erdoberfläche und vom Gletscher. Über die Jahrtausende wurde das Material hineingeschwemmt und es wird immer mehr. „In den Höhlen findet man Sinter, das sind mineralogische Ablagerungen, aber vor allem Kalkablagerungen. Man hat wunderschöne Auskalkungen, einen schönen Bachlauf und kleine Seen. Man darf sich aber keinen See vorstellen, wie den Faaker See, sondern wir reden von einem See oft mit zwei bis fünf Quadratmeter. Das ist für uns in einer Höhle schon ein See.“

Steine werden über Jahrtausende abgeschliffen
Martin Friedl
Glattgeschliffene uralte Steine

Große Höhle wird erforscht

2018 wurde eine sehr große Höhle im Dobratsch entdeckt. Genau diese Höhle wird nun von Friedl und Faul erforscht. „Wir haben da unzählige Befahrungen drinnen gemacht. Wir haben einen Säulengang entdeckt, den wir erst nach 20 oder 30 Expeditionen erst gesehen haben. Es wurden neue Gänge gefunden, die mit Sand oder Lehm belegt sind. Wir graben diese teilweise auf, aber irgendwann kommt man nach ein paar Tagen drauf, dass es nichts bringt, weil es mit Sediment zugestopft und geschwemmt ist. Wir beschränken uns jetzt auf andere Sachen. Wir haben eine Tierkamera aufgestellt. Wir schauen, ob wir Lebewesen finden. Wir beobachten Fledermäuse und suchen nach deren Kot, um herauszufinden, ob es noch einen zweiten Eingang gibt."

Die große Höhle auf dem Dobratsch
Martin Friedl
Die große Höhle im Dobratsch

Sogar ein Siebenschläfer wurde bereits gefunden. Alle Fundstücke werden an Experten weitergeschickt und wissenschaftlich ausgewertet. „Wir haben Harald Mixanig, er ist unser Fledermausforscher. Er bekommt dann Fotos oder Erzählungen, in denen wir erklären, was wir entdeckt haben. Er klärt uns dann wieder auf. Wir haben rundherum unsere Forscher und Experten, denen wir alles zuschicken auch in kleine Dosen verpackt und dann bekommen wir die Expertise“, so Friedl.

„Die Höhlen sind meist an Schichtfugen an Gesteinszonen angelegt. Die Höhle selber hat 100 Höhenmeter Unterschied und wir wissen, dass das Wasser 100 Meter hinunterrinnt, unten irgendwo im Boden versickert aber nicht, wo es im Boden herauskommt. Diese Erkenntnisse könnten für Villachs Trinkwasserversorgung interessant sein“, sagte der Hobby-Höhlenforscher.

Große Quelle ohne Zugang

„Es gibt zum Beispiel die Unionquelle, eine große Quelle, aber es gibt keinen Zustieg hinein. Wir haben zwar eine Höhle gefunden, wo ein kleiner Bach rinnt, aber wir wissen nicht, wo die Quelle herauskommt. Wir dürfen ja keine Färbetests machen, aber wir schauen, ob wir andere Wege finden, oder irgendwo in der Umgebung irgendwo einen Bachlauf, eine Quelle oder eine nasse Stelle finden.“

Es wird daher noch weiter geforscht, wie das Höhlensystem rund um die im Jahr 2018 entdeckte Höhle verläuft. Eine Höhle ist laut Friedl auch ein Indikator für Umweltverschmutzung. Wenn es eine Umweltverschmutzung an der Oberfläche gibt, wird diese in der Höhle aufgrund der Wasserwege schnell weitertransportiert. Vor 15 Jahren wurde beispielsweise eine tote Kuh aus einem Eisschacht geborgen. „Eine Verschmutzung in einer Höhe von 1.000 Meter ist in einer Zeit von etwa acht Stunden über kontaminiertes Trinkwasser im Tal und infolgedessen ist die Bevölkerung dann beeinträchtigt.“

Karfiolsinter entsteht durch Spritzwasser
Martin Friedl
Sinterkarfiol entsteht durch Spritzwasser, hier an der Höhlendecke

Bach im Inneren der Höhle

Die 2018 gefundene Höhle hat eine Ost-West-Erstreckung von 120 Metern mit vielen Ästen und Schächten in alle Richtungen. So ergibt sich ein gesamter Höhlenverlauf von 450 Metern. Die Wasservorkommen bestehen aus einem kleinen See und „es rinnt ein Bachlauf drinnen. Der ist einen Meter breit und etwa einen Zentimeter tief über viele kleine Stufen hinunter. Wir bewegen uns mit den Stiefeln ganz vorsichtig dort hinunter, damit wir keinen Dreck machen, alles natürlich behalten und nichts abbrechen.“

Günter Faul und Martin Friedl waren die ersten Menschen in dieser Höhle. „Wir haben das an den Spuren gesehen, weil in jeder anderen Höhle, in der wir am Dobratsch waren, haben wir Schaufelspuren oder Arbeitsspuren oder Sand oder irgendetwas umgegraben. Das war in dieser Höhle nicht der Fall. Das Einzige, das wir gefunden haben, war eine Tollwutverpackung von einem Fuchsköder. Den hat es durch irgendeinen Kamin aus der Umwelt hineingeschwemmt, aber wir wissen nicht, wo der Eingang ist.“

Große Höhle auf dem Dobratsch
Martin Friedl
Die große Höhle

Höhle wurde mit Deckel verschlossen

"’Diese Höhle heißt die „Verschlossene’. Der Eingang wurde zwar in den 1970er Jahren gefunden, nur wir haben uns dann unten in 20 Metern Tiefe ein genaueres Bild gemacht. Wir haben ein kleines Loch gefunden und wenn ein Loch da ist, dann muss es weiter gehen und haben dann über Tage hinweg vier bis fünf Meter abgetragen, bis wir eine neue Höhle gefunden haben“, so Friedl. Die Höhle ist auch jetzt mit einem Deckel verschlossen, damit ihre Ursprünglichkeit erhalten bleibt, um weitere Forschungen betreiben zu können.