Martin Kušej
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Kultur

Burgtheater: Kusej zieht Bewerbung zurück

Burgtheater-Direktor Martin Kusej zieht seine Bewerbung für eine weitere Amtszeit ab 2024 zurück. Das Vertrauen vonseiten des Eigentümers sei nicht gegeben, teilte der gebürtige Kärntner am Dienstag mit. Die neue Direktion wird am Mittwoch präsentiert.

„Meine Person und das gesamte Burgtheater wurden durch den späten und langwierigen Entscheidungsprozess zur Zukunft der Burgtheater-Direktion in eine unsägliche, das Haus schädigende Situation manövriert“, sagte Kusej. Das uneingeschränkte Vertrauen vonseiten des Eigentümers sei aber Grundlage für die Zukunft seiner Arbeit als Direktor. Kusej: „Dies ist offensichtlich nicht gegeben, daher ziehe ich meine laufende Bewerbung zur Fortsetzung meiner Direktion mit sofortiger Wirkung zurück“. Die Spielzeit 2023/24 wird seine Abschiedssaison.

Kein einfacher Start

Somit bleibt es bei einer Amtszeit des 1961 in Wolfsberg geborenen Kärntners an der Burg. Seit 2019 ist er Direktor des Burgtheaters, ein Traumjob für jeden Theatermacher. Doch es hakte von Beginn an. Die Coronavirus-Pandemie verhinderte ein echtes Ankommen, ein Zusammenwachsen des Ensembles, ein Überzeugen des Publikums. Schließungen, Verschiebungen, Absagen und Restriktionen prägten den Spielbetrieb. Wie damit umgegangen wurde, sorgte für Kritik – offenbar auch in der Politik.

„Neue Richtungen und Ästhetiken suchen, den üblichen Mainstream verlassen und mich noch einmal einem gewissen Risiko aussetzen“: Mit diesem Vorsatz war Kusej angetreten, um ein „adäquates, zeitgemäßes Programm“ zu bieten, das der Diversität der Stadt gerecht werde. Mit der Premiere von Euripides’ „Die Bakchen“ in der Inszenierung von Ulrich Rasche startete Kusej seine Direktion. Seine erste Wiener Neuinszenierung galt Kleists „Hermannschlacht“.

Pandemie lähmte das Burgtheater

Die „Hermannschlacht“ wurde von der Kritik ebenso verhalten aufgenommen wie Kusejs „Wiederbegegnung“ mit Theo van Goghs „Das Interview“ nach elf Jahren, die er im Februar 2020 im Akademietheater als Ersatz für eine kurzfristig abgesagte Inszenierung Kornel Mundruczos herausbrachte. Die von Kusej selbst inszenierte Eröffnungspremiere 2020/21, Calderons „Das Leben ein Traum“, fand unter CoV-Bedingungen mit reduziertem Publikum statt.

In den Monaten des Lockdowns wurde Kusej nicht müde, auf die vorhandenen Sicherheitskonzepte hinzuweisen und von der Politik Planbarkeit einzufordern. Als alle Bühnen wieder öffnen durften, blieb jedoch ausgerechnet die Spielstätte Burgtheater monatelang wegen Umbaus geschlossen. Andere Theater streamten Aufführungen und holten alte Aufzeichnungen aus dem Archiv. Die Staatsoper spielte im leeren Haus Vorstellungen und Premieren, der ORF übertrug.

Bescheidener Start aus der Pandemie

Im Vergleich dazu nahmen sich die Aktivitäten des Burgtheaters eher bescheiden aus. Einige spezielle Programme, Lesungen und die schließlich beim „Nestroy“ für eine CoV-Spezialpreis nominierte „Wiener Stimmung“ mit neuen Texten waren alles, was das Haus zu bieten hatte. Mehrfach erklärte Kusej, kein Freund des Streamens von Aufführungen zu sein, da das Theater den Livecharakter brauche.

Die Saisonen 20/21 und 21/22 brachten einige Höhepunkte. Barbara Frey überzeugte mit Anna Gmeyners „Automatenbüfett“, mit der die mit Maria Lazar begonnene Serie an Autorinnen-Wiederentdeckungen fortgesetzt wurde. Frank Castorf brachte innerhalb kurzer Zeit mit großer Geste sowohl Jelinek als auch Handke auf die Bühne, mit „Adern“ der jungen Lisa Wentz gab es eine überzeugende Uraufführung, Simon Stone blieb Garant für spannende Neuschreibungen klassischer Stoffe.

Kritische Stimmen mehrten sich

Zwei Dinge brachten Kusej zuletzt jedoch immer stärker unter Druck: Das Volkstheater unter Kay Voges schien nach ebenfalls holprigem Start besser Tritt zu fassen und brachte einige Produktionen heraus, die deutlich frischer und ästhetisch innovativer wirkten. Und im Haus mehrten sich kritische Stimmen an Führungsstil und mangelnder Präsenz des Direktors. Einige Abgänge aus dem Ensemble und der Chefetage brachte man damit in Zusammenhang. Kusej selbst wies das „aufs Schärfste zurück“.

Burgtheater-Direktion wird am Mittwoch präsentiert

Kusej soll angeblich auf einem Dreiervorschlag einer Findungskommission stehen, der Grünen-Kunst- und –Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer vorliegt. Mayer und Bundestheater Holding-Geschäftsführer Christian Kircher präsentieren am Mittwoch die Entscheidung über die künftige Burgtheater-Direktion. Diese wird ab der Saison 2024/25 im Amt sein.

Bis dahin soll Kusej weiter als Direktor tätig sein. Er trete nicht mit sofortiger Wirkung zurück, sondern habe die Absicht, seinen laufenden Vertrag zu erfüllen und die Saison 2023/24 wie vorgesehen weiter an der Spitze des Hauses zu stehen, hieß es auf Nachfrage der APA im Burgtheater.