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SPÖ lehnt Rückkauf der Flughafenanteile ab

Am Dienstag hat die letzte Sitzung der Kärntner Landesregierung im heurigen Jahr stattgefunden. Sie war besonders brisant, denn der zuständige Beteiligungsreferent Martin Gruber (ÖVP) brachte neuerlich einen Antrag auf Rückkauf der Flughafen-Anteile ein. Der Antrag wurde von der SPÖ-Regierungsmehrheit zum zweiten Mal abgelehnt.

Sowohl die Regierungssitzung als auch die anschließende Pressekonferenz verzögerten sich. Mehr als fünf Stunden drehte sich die Sitzung um den neuerlichen Antrag von LR Gruber für das Ziehen der Call-Option, also den Rückkauf der Anteile von 74,9 Prozent, die der Mehrheitseigentümer Lilihill hält. Erst gegen 15.00 Uhr konnte die Pressekonferenz nach der Regierungssitzung stattfinden, drei Stunden später, als geplant.

Kaiser: Ziehen der Call Option nicht möglich

Mehr als fünfeinhalb Stunden hatte alleine die Diskussion über den Flughafen gedauert. Die fünf Regierungsmitglieder der SPÖ hatten den Antrag zur Call Option schon im Mai abgelehnt – mehr dazu in Flughafen: Kein Rückkauf durch das Land (kaernten.ORF.at; 29.5.2022). Am Dienstag lehnte die SPÖ den Antrag auf Rückkauf der Flughafen-Mehrheitsanteile neuerlich ab und überstimmten somit die zwei ÖVP-Landesräte.

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte im Anschluss, die SPÖ habe sich die Sache auch wegen Haftungsfragen nicht einfach gemacht: „Wir sind auch einmütig zur Meinung gekommen, dass unter Abwägung aller volkswirtschaftlichen Gründe und der Gesamtsituation, wie sie jetzt ist, ein Ziehen der Call Option nicht möglich ist und aus unserer Sicht nicht diesen Interessen entspricht.“ Mit der neuen Fluglinie und angekündigten Anbindungen an Frankfurt, München und Hamburg sei ein Rückkauf heute nicht angebracht und begründbar, so Kaiser.

„Flughafen ist ein Fenster zur Welt“

Es sei auch der Leiter der Abteilung Wirtschaft, Tourismus und Mobilität, Albert Kreiner, der den Akt mit vorbereitet hatte, anwesend gewesen, sagte Kaiser. Dem Regierungsakt seien auch zwei Rechtsgutachten beigelegt worden. Diese betreffen die hohe Verantwortung, die Regierungsmitglieder bei der Abwägung einer so bedeutenden Entscheidung haben, sagte Kaiser, „auch mit entsprechenden Folgewirkungen bei einer nicht adäquaten Behandlung, mit einer drohenden zivil- oder strafrechtlichen Anzeige“.

Kaiser sagte, der Flughafen sei auch eine große Chance, ein Fenster zur Welt, trotz mancher Kritik: „Es ist ein Flughafen mit Eisenbahnanschluss, mit Autobahnanschluss, mit Logistikcentern und Grundstücken, die man weiter entwickeln kann, in unmittelbarer Nähe zu einer Stadt mit 100.000 Einwohnern.“ Es gebe viele neue Möglichkeiten, die zum Beispiel mit dem Logistik Center Austria Süd in Fürnitz entstehen, sagte Kaiser. Zudem, sagte Kaiser, verstehe er Politik so, dass er Entwicklungen möglich mache, bei aller berechtigten Skepsis und auch bei berechtigter Kritik.

Gruber: „Halte Nein für falsch“

Landesrat Gruber sagte, im Kollegium sei sehr viel und sehr lange diskutiert worden: „Es wurde versucht, mir die Beweggründe für die Ablehnung zu erläutern. Diese Entscheidung respektiere ich natürlich, aber ich muss sie nicht nachvollziehen können, weil für mich die Fakten glasklar am Tisch liegen. Ich halte das heutige Nein für falsch.“

Gruber sprach von einem vierjährigen Stillstand am Flughafen, „verursacht durch einen Mehrheitseigentümer, der seine gesamte Energie darin investiert hat, nach den Grundstücken zu greifen, statt in den Flughafen selbst zu investieren“.

„Ankündigungen und neue Fluglinie ändern nichts“

Gruber erläuterte, dass Versprechen des Mehrheitseigentümers aus dem Frühjahr nicht eingehalten worden seien. An den Fakten, die vertraglich für das Ziehen der Call Option ausschlaggebend seien, änderten auch Ankündigungen oder eine neue Fluglinie nichts, sagte Gruber: „Diese Parameter, und nur diese, müssen die Entscheidungsgrundlage der Landesregierung darstellen.“

Bei diesen Fakten gehe es um die Passagierzahlen und die wirtschaftliche Situation am Flughafen, sagte der Beteiligungsreferent. Die Mindestpassagierzahlen seien 2021 nicht erreicht worden und werden „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ auch im Jahr 2022 nicht erreicht werden.

Gruber: Orasch will sich Grundstücke sichern

Gruber sagte, er werde keine Details zu internen Sitzungsunterlagen bekannt geben, doch offenbare schon allein der Blick auf die morgige Generalversammlung der Flughafeneigentümer, worum es wirklich gehe: „Diese Jets stellen sich als reines Ablenkungsmanöver davon dar, dass sich Investor rasch morgen die Grundstücke – ohne Ausschreibung und zu einem unverschämt niedrigen Baurechtszins – sichern will. Und er macht das wieder zu Bedingung für Investitionen in den Flughafen, zu denen er längst vertraglich verpflichtet wäre.“

Gruber dazu weiter: „Das zeigt sein wahres Gesicht und bestätigt, dass die Öffentliche Hand meiner Meinung nach wieder das Ruder am Flughafen übernehmen muss.“ Durch das Zuwarten werde die „fürchterliche“ Situation weiter verlängert. Wird die Call Option erst im nächsten Jahr gezogen, bedeute das für die Öffentliche Hand Mehrkosten von 800.000 Euro, kritisierte Gruber.

Koalition „nicht belastet“

Kaiser wie Gruber hielten fest, dass mit dieser Diskussion die Koalition nicht belastet sei „und weiterhin die wichtigen Themen für das Land und die Menschen im Land abgearbeitet würden“.

Der Klagenfurter Stadtsenat sprach sich am Dienstag gegen die Gewährung des Baurechts für Lilihill am Flughafen aus, weil es noch keine Einigung über den Baurechtszins gebe.

Analyse zum Tag

In seiner Analyse zu den Ereignissen des Tages in Kärnten Heute in ORF2 sagte ORF-Kärnten Chefredakteur Bernhard Bieche, er sehe die Fronten innerhalb der SPÖ/ÖVP-Koalition verhärtet. Die Causa Flughafen könne sich wie ein bleierner Mantel über alle anderen Themen legen – mehr dazu in Fronten in der Koalition verhärten sich.

Opposition: SPÖ versucht sich über Landtagswahl zu retten

Die SPÖ versuche sich über die Landtagswahl zu retten, hieß es von den Kärntner Oppositionsparteien FPÖ und Team Kärnten. "Wahlkampf mit dem wichtigsten Infrastruktur- und Logistikstandort Kärntens zu machen ist für zwei angeblich staatstragende Parteien unwürdig und zum Schaden unseres Landes“, sagte FPÖ-Chef Erwin Angerer.

Gerhard Köfer vom Team Kärnten erneuerte seine Forderung nach einem Flughafen-U-Ausschuss nach der Wahl im Landtag. Es gebe keine versprochenen Investitionen. Intransparenz nicht eingehaltene Zusagen und dramatische Finanzzahlen „prägen derzeit das Bild des Flughafens“, sagte Köfer.