Streitkultur Diskussionsrunde zu Asyl
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„Streitkultur“

Weiterhin Schlusslicht bei Asylquartieren

Die Flüchtlingslage bleibt weiterhin angespannt. Kärnten erfüllt die Asylquote nur zu 62 Prozent und ist damit Schlusslicht im Österreichvergleich. Die Suche nach neuen Landesquartieren wird immer schwieriger, weil viele nur Ukraine-Flüchtlinge unterbringen wollen.

Mehr als 3.600 Schutzsuchende sind derzeit in Kärnten in Landes- oder Bundesquartieren untergebracht. Kärnten erfüllt die Flüchtlingsquote damit zu 62 Prozent und ist Schlusslicht aller Bundesländer. Von einem Versagen will SPÖ-Flüchtlingsreferentin Sara Schaar dennoch nicht sprechen. Sie sieht vielmehr Fehler im System. Menschen die an der Grenze aufgegriffen würden, seien gezwungen, hier um Asyl anzusuchen, obwohl sie eigentlich weiter wollen.

Moderator Christof Glantschnig
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Durch die Sendung führte Christof Glantschnig

Land: Handlungsbedarf bei Bund und EU

Mehr als 4.000 Asylansuchen werden pro Woche in Österreich gestellt, sagte Schaar. Will Kärnten seine Quote erfüllen, müssten pro Woche zehn neue Quartiere für jeweils 40 Personen aufgemacht werden: „Und das ist unrealistisch. Ich muss der Ursache nachgehen, und kann nicht hergehen und sagen: ‚jetzt stopf ich noch nach und jetzt stopf ich noch nach‘.“

Schaar sieht viel mehr Handlungsbedarf auf Bundes- und EU-Ebene. Kärnten hätte außerdem reagiert, 90 neue Quartiersplätze seien bereits gefunden und bis Jahresende sollen weitere 120 dazu kommen.

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Vier von zehn Gemeinden haben keinen einzigen Flüchtling

Immer noch zu wenig, wenn es um die Erfüllung der Quote geht, dafür bräuchte es mehr als 2.000 zusätzliche Plätze und zwar sofort. 42 Prozent der Gemeinden in Österreich bringen immer noch keinen einzigen Flüchtling unter, da gäbe es Luft nach oben, sagte Andreas Achrainer, Flüchtlingskoordinator des Bundes und Geschäftsführer der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistung.

In Villach-Langauen würden Menschen immer noch in Zelten untergebracht, kritisiert Achrainer: „Da müssen wir weg, das ist in Österreich unwürdig. Wir müssen dorthin kommen, dass die Bundesländer ihre Quoten erfüllen, oder die Bundesagentur entsprechend Quartiere aufsperren lässt, dann bräuchte man solche Bilder nicht zu sehen.“

Streitkultur Diskussionsrunde zu Asyl
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Diskussionsrunde

Menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen

Mit ein Grund für die fehlenden Quartier-Angebote könnte auch das Geld sein. Unterkünfte zu finden werde immer schwieriger, auch in finanzieller Hinsicht. Elisabeth Steiner, Asyl-Quartiergeberin, sagte, mit den derzeitigen Tagsätzen von 25 Euro komme man auch angesichts der Teuerungswelle kaum mehr über die Runden: „Es bringt natürlich nichts, wenn ich einem Quartiergeber sage, ‚naja, dann gibst ihnen halt alle zwei Tage Makkaroni oder schaltest die Temperatur auf 17 oder 18 Grad herunter‘. Das ist kein menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen.“

40 Euro Taschengeld pro Monat

Auch Marcel Leuschner, Flüchtlingskoordinator der Diakonie de la Tour, sagte, es bräuchte mindestens eine Verdoppelung der Beiträge, um in den schwarzen Zahlen zu bleiben, auch die monatlichen Verpflegungsgelder für die Flüchtlinge müssten sich erhöhen: „Es ist sehr einfach darauf zu antworten, wieviel Taschengeld es im Grundversorgungssystem gibt. Das sind 40 Euro seit circa 20 Jahren. Es ist klar, dass damit von den Betroffenen selbst Einkäufe, Fahrten und dergleichen zu leisten sind. Das kann sich nicht mehr ausgehen.“

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FPÖ: Asyl aussetzen

Völlig entgegengesetzt dazu die Meinung von FPÖ-Parteichef Erwin Angerer. Er sieht in den zunehmenden Asylwerbern hauptsächlich Wirtschaftsflüchtlinge, die auf Kosten des Sozialsystems leben wollen. Wie schon mehrmals von der FPÖ angesprochen, fordert Angerer, dass das Asylrecht ausgesetzt wird: „Dann wird auch keiner mehr gezwungen, in Österreich einen Asylantrag zu stellen.“ Angerer fordert auch „echten“ Grenzschutz: „Es geht nicht mehr, das Boot ist voll.“

Status als Asylwerber rascher feststellen

Philipp Tschernitz, Jurist für Fremden- und Asylrecht, sagte, es müsse bereits grenznahe und in schnellen Verfahren geklärt werden, ob Menschen ein Anrecht auf Asyl haben, oder als Wirtschaftsflüchtlinge kommen: „Dann wird man halt Geld in die Hand nehmen und die entsprechenden Behörden so ausstatten müssen, dass sie das in einer angemessenen Geschwindigkeit tun können.“