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ORF/Iris Hofmeister
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Wirtschaft

Land: Musterklage für Grundversorgung

Durch die ungünstig gewordenen Neuverträge bei der Stromversorgung kann die Forderung nach einer Grundversorgung dem Kunden einen nun günstigeren Bestandstarif bringen. Das Land kündigt eine Musterklage für eine Gesetzesänderung an, damit nur Menschen in Notlagen die Grundversorgung beanspruchen dürfen.

Bis vor kurzem konnte mit Neuverträgen Geld gespart werden, ein Anbieterwechsel wurde sowohl von der Regulierungsbehörde E-Control als auch von Verbraucherschutzorganisationen generell empfohlen. Nun hat sich das geändert. Mit den teureren Neuverträgen könnte der Wechsel in die Grundversorgung einen günstigeren Tarif bringen.

Laut E-Control kann sich jeder, der vor der Abschaltung von Strom oder Gas steht oder der Zahlungsschwierigkeiten hat, auf die Grundversorgung berufen. Niemand dürfe abgelehnt werden und zwar auch dann nicht, wenn offene Forderungen bestehen – mehr dazu in Strom und Gas: Wer ein Recht auf Grundversorgung hat (help.ORF.at; 12.11.2022).

Schaunig: Grundversorgung nur für Menschen in Notlage

Die Erläuterungen zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetze (ElWOG) stützen die Position der österreichischen Energieversorgungsunternehmen, wonach die Grundversorgung zur Absicherung eines bestimmten Personenkreises zur Verfügung zu stellen ist, sagte Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ). Es sei festgehalten, dass die Grundversorgung auf Kundinnen und Kunden abzielt, die sonst keine Stromversorgung erhalten würden, etwa, weil sie einen Prepaid-Zähler oder bestehende Schulden bei ihrem Stromversorger haben.

„Der Gesetzgeber hatte bei der Formulierung des § 77 zur Grundversorgung Kunden vor Augen, die aufgrund ihrer sozialen Notlage in Gefahr geraten, ihre Stromversorgung zu verlieren“, sagte Schaunig. Auch Urteile des Verwaltungsgerichtshofs definieren die Grundversorgung deutlich als Ausnahmeregelung. Für rechtliche Klarheit könne nur eine gerichtliche Entscheidung sorgen. Das Land Kärnten werde eine Musterklage durch den Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Kärnten finanzieren, um eine Klärung herzustellen, kündigte Schaunig an.

Mehr Kunden in Grundversorgung führen zu Tariferhöhung

Gefordert sei aber primär der Bundesgesetzgeber, sagte Schaunig. Und egal, wie ein solcher Prozess ausgeht, am Ende werde es keine Gewinner geben, gibt die Landeshauptmannstellvertreterin zu bedenken. Sollte sich das Gericht der Position anschließen, dass die Grundversorgung nur für Menschen in Notlagen gedacht ist, dann wird damit die derzeit geübte weitgehendere Auslegung der Energieversorger gekippt.

Greift hingegen die Auffassung, dass es keinerlei Einschränkungen bei der Grundversorgung gibt, dann schadet dies allen Bestandskunden der Landesenergieversorger, da sich ihr Stromtarif zwangsläufig erhöht. Schaunig: „Muss ein Energieversorger alle Neukunden mit dem Grundversorgungstarif ausstatten, dann muss er diesen zwangsläufig erhöhen, weil er Strom für Neukunden ja teurer einkauft.“ Schaunig forderte den Bund daher dringend auf, das ElWOG zu sanieren.

VSV: keine Furcht vor willkürlicher Preiserhöhung

Widerspruch zu den Aussagen Schaunigs kam in einer Aussendung des Verbraucherschutzvereins (VSV). Obmann Peter Kolba sagte, es sei „irreführend und falsch“, dass sich der Stromtarif automatisch erhöht, wenn es keine Einschränkungen bei der Grundversorgung gibt: „Die KELAG verweist in Ihren AGB nur auf das Gesetz, hat aber mit den Kunden keine wirksame Preisanpassungsklausel vereinbart. Vor der Ankündigung willkürlicher Preiserhöhungen muss sich kein Bestandskunde fürchten.“

Dass die Landesregierung die AK Kärnten „beauftragt“ einen Musterprozess gegen die Grundversorgung für alle Verbraucher und Kleinunternehmer zu führen, bezeichnete Kolba in der Aussendung als „Instrumentalisierung“ der AK. Er wirft der SPÖ vor, „großartig“ eine Übergewinnabschöpfung zu fordern und die „selbstbestimmte Übergewinnabschöpfung“ durch die Grundversorgung verhindern zu wollen: „Das ist verlogen und gegen die Interessen der Konsumenten gerichtet“, sagte Kolba.

Kelag: Rechtssicherheit schaffen

Von der Kelag heißt es in einer Aussendung, der Vorstoß der Landeshauptmannstellvertreterin werde voll unterstützt. Die Musterklage könne maßgeblich dazu beitragen, dass in dieser Frage rechtliche Klarheit geschaffen werde. Diese Klärung sei dringend notwendig, um für alle Betroffenen, die Kundinnen und Kunden genauso wie die Energieunternehmen, Eindeutigkeit und Rechtssicherheit zu erreichen. Die Kelag stehe zu ihrer Verantwortung, heißt es in einer Aussendung, und wolle niemanden von der Grundversorgung ausschließen, der aufgrund seiner Schutzbedürftigkeit einen Anspruch darauf hat.

Die Kelag habe ihren Grundversorgungstarif Anfang November non 60 Cent pro Kilowattstunde auf 10,87 Cent netto gesenkt. Von den höheren Tarifen für Neukunden oder Floater-Tarifen seien aktuell etwa 20.000 Kunden (acht Prozent) betroffen. Der Großteil – die sogenannten Normalkunden im Bestandkundentarif (etwa 92 Prozent) – zahlten ohnehin 10,87 Cent netto für die Kilowattstunde.

Opposition: Anrecht auf Grundversorgung

Die Kärntner FPÖ forderte in einer Aussendung, dass der günstige Strom-Grundversorgungstarif allen Kärntner zugutekommen müsse, „so wie es das Gesetz vorsieht und nicht nur einem eingeschränkten Personenkreis, so wie es die KELAG praktiziert“. Das Recht auf den Strom-Grundversorgungspreis stehe allen Privatkunden und Kleinunternehmen zu. Die Landesregierung solle dafür gegebenenfalls den Klagsweg beschreiten.

Auch vom Team Kärnten hieß es in einer Aussendung, es müsse sichergestellt werden, dass die Grundversorgung gesetzeskonform umgesetzt werde und ein Anrecht nicht nur einigen Beziehern offenstehe. Die E-Control als staatliche Regulierungsbehörde
stelle klar fest, dass der Grundversorgungstarif den Privatkunden sowie den Kleinst- und Kleinunternehmen zugänglich sein müsse.