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Junge Kärntner Forscherin zu Energiewende

Veronika Dworzak, eine junge Wissenschaftlerin der Universität Klagenfurt, beschäftigt sich in erster Linie mit nachhaltigem Energiemanagement. Immer noch gebe es Personen, die alternative Energieformen kritisieren, es werde aber kein Weg daran vorbeiführen, sagt Dworzak. In Ägypten startete am Wochenende die UNO-Klimakonferenz.

Von 6. bis 18. November 2022 findet im ägyptischen Scharm al-Schaich die UNO-Klimakonferenz (COP 27) statt. Am ersten Tag der Konferenz gab es beunruhigende Zahlen zur Erderwärmung, aber auch kleine Erfolge – mehr dazu in ORF.at. Gerade mit diesen Themen rund um den Klimaschutz beschäftigte sich Veronika Dworzak am Institut für Energie- und Umweltmanagement der Alpen-Adria-Universität.

Veronika Dworzak
Privat
Veronika Dworzak

Jeder muss seinen Beitrag leisten

In der Abteilung für nachhaltiges Energiemanagement werden Forschungen zu erneuerbaren Energieträgern, aber auch zu Themen wie E-Mobilität und sozialer Akzeptanz von Klimaschutz durchgeführt. Ihr Interesse, in diesem Bereich zu forschen, entstand schon während des Studiums, sagt Veronika Dworzak: „Ich habe mich für Klimaschutz interessiert und versucht, selbst viel mit dem Fahrrad unterwegs zu sein und Plastik einzusparen.“

Sie belegte den Studienzweig Energie- und Umweltmanagement und blieb dann auch in Klagenfurt, weil sie in diesem Bereich weiter tätig sein wollte. „Wir wissen, dass jeder seinen Beitrag leisten muss – sowohl ganz Österreich, aber auch jede Einzelperson. Ich finde es ganz spannend, in diesem Bereich etwas zu machen.“

Tendenzen innerhalb der Bevölkerung werden erhoben

Zu ihrem Aufgabengebiet zählt es, qualitative und quantitative Untersuchungen durchzuführen, erklärt die Wissenschaftlerin: „Einerseits führt man Interviews und befragt die Leute dazu, wie sie unterschiedliche Maßnahmen finden und was sie sich zum Beispiel von Windkraft- oder Photovoltaikanlagen in der näheren Umgebung finden.“

Andererseits werden Entscheidungsexperimente durchgeführt, sagte Dworzak, wobei sich die Probanden zwischen zwei vorgegebenen Antworten entscheiden müssen: „Am Ende wird daraus die Tendenz innerhalb der Bevölkerung abgeleitet.“

Auch Kritik an erneuerbaren Energiesystemen

Oft ist derzeit davon die Rede, dass sich die Welt an einem Wendepunkt befinde und dass die Energiewende jetzt passieren müsse, da es keine Zeit zu verlieren gebe. Eine Studie der Universität Klagenfurt, der WU Wien, Deloitte und der Wien Energie, die seit mittlerweile sieben Jahren jährlich durchgeführt werde, untersuche, wie sich die Denkweise der Menschen diesbezüglich im Laufe der Zeit verändere. „Man muss sagen, dass die Bereitschaft nicht unbedingt gestiegen ist, sondern sich sogar teilweise in einem Rückwärtstrend entwickle. Es gibt durchaus noch Personen, die dem Ganzen kritisch gegenüberstehen.“

Der Hauptgrund für Kritik sei laut Dworzak der Eingriff in das Landschaftsbild: „Die Menschen haben Angst davor, dass solche Anlagen die Natur ‚verschandeln‘ oder dass Pflanzen und Tiere beeinträchtigt werden. Auch Lärm oder andere Beeinträchtigungen werden oft befürchtet, wenn sie in ihrer näheren Umgebung stehen.“

Erneuerbare Energie beschäftigt alle Generationen

Das Thema Energie rückt durch den Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Russland immer wieder in den medialen Fokus. Die Wahrnehmung der unterschiedlichen Energieträger habe sich dadurch sicher verändert, sagt die Expertin, auch wenn es kurzfristig schwer zu sagen sei, in welche Richtung die Entwicklung gehe: „Medienberichte und aktuelle Ereignisse können sehr wohl Einfluss haben, meistens aber eher kurzfristig.“

Erneuerbare Energie sei ihrer Erfahrung nach ein Generationenthema: „Wir kennen das schon durch ‚fridays for future‘, wo viel dafür gekämpft wird. Es gibt aber auch ’Omas und Opas for future" und ältere Menschen, die sehr dahinter stehen. Auch aus der Wissenschaft gibt es viel Unterstützung. Ich selbst bin Mitglied von ‚scientists for future‘, eine Gruppe, die in Österreich immer mehr Anhänger findet.“

Windrad auf der Soboth wird aufgebaut
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Kärntens erster Windpark im Lavanttal

Errichtung von Windkraftanlagen ist Ländersache

Niederösterreich hat Ende des Vorjahres bereits 700 Windkraftanlagen, Kärnten verfügt bis jetzt über zwei Anlagen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern seien auf die gesetzlichen Grundlagen zurückzuführen: „Das ist ein Thema der Bundesländer. Jedes Bundesland kann eigene Regelungen treffen. In Kärnten gibt es die Sichtbarkeitsverordnung, in der zum Beispiel sehr große Mindestabstände vorgesehen sind. Es gibt hier auch nicht – wie in anderen Bundesländern – Vorrangs- und Eignungszonen. Es ist also sehr schwierig, das durchzubringen und ein Windrad aufzustellen.“

Solche Verordnungen seien durchaus OK, meint Dworzak. Es gebe Standorträume, die vorsehen, dass durch die Anlagen zum Beispiel nicht die Trinkwasserversorgung beeinträchtigt werde. „Man baut sie auch nirgendwo hin, wo vielleicht militärische Einrichtungen einen Schaden nehmen könnten. Ich würde sagen, es ist in Ordnung, dass es auch Ausschlusszonen gibt.“

Zur Errichtung solcher Anlagen in touristisch genutzten Gebieten müsse laut der Wissenschaftlerin die Frage gestellt werden, ob eine Errichtung nicht sinnvoll wäre, da dort ohnehin viel Energie benötigt werde: „In Skigebieten zum Beispiel wäre es vielleicht sogar ganz sinnvoll, etwas hinzustellen.“ Personen, die Erfahrungen mit solchen Anlagen haben und in der Nähe dieser wohnen, würden mit der Zeit etwaige Vorurteile ablegen. „Auch gerade was den Lärm betrifft, gibt es Standortprüfungen, um zu schauen, dass der Lärm nicht Bewohnerinnen und Bewohner beeinträchtigt.“

„Windkraft-Potenzial nicht vollständig genutzt“

In der Gemeinde Reichenfels wurde unlängst über ein Windkraftprojekt im Gemeindegebiet abgestimmt. Fast 69 Prozent der Bevölkerung stimmte zu. Das zeige – im Gegensatz zu einer etwas älteren Befragung – dass ein gewisses Umdenken passiere, sagt Dworzak.

In Kärnten sei ein großes Potenzial gegeben, um 400 Windräder zu errichten. „Der Energiemasterplan sieht bis 2025 25 Windräder vor. Der weitere Plan ist, auf 140 aufzustocken. Es wird gerade zugebaut und bis Ende des heurigen Jahres werden wir zehn haben. Das ist immer noch sehr wenig“, so die Expertin.

Der Pyramidenkogel aus der Vogelperspektive
Gert Steinthaler
Der Pyramidenkogel hätte laut der Expertin Potenzial für eine Windkraftanlage

Windrad am Pyramidenkogel wäre „lässig“

Die Interessensgemeinschaft Windkraft (IG Windkraft) regt an, auf dem Pyramidenkogel eine Anlage zu errichten. Diesem Vorstoß pflichtet Dworzak bei: „Der Pyramidenkogel ist so gebaut, dass man ihn weithin sieht und dass er ein Wahrzeichen darstellt. Bei Windrädern ist es so, dass man sie nicht sehen darf. Das ist in der Sichtbarkeitsverordnung festgelegt. Ich denke, wenn es ein Umdenken gäbe, dass man das als etwas Positives sieht, als eine Energie-Zukunft, wäre das lässig.“

Dworzak: PV-Anlagen auch auf Freiflächen wünschenswert

Die Solarenergie oder Photovoltaik werde in ganz Österreich von der Bevölkerung eher befürwortet und angenommen, sagt Dworzak: „In Kärnten liegen wir bei einem Anteil von 89 Prozent der Bevölkerung, die einer Photovoltaikanlage zustimmen würden, im Gegensatz zu 54 Prozent, die wir bei Windenergie haben.“

In Österreich gibt es die Initiative unter dem Titel „One Million Roofs“. Sie besagt, dass auf einer Million Dächern PV-Anlagen installiert werden sollen. In Kärnten werde versucht, sogenannten Auf-Dach-Anlagen den Vorrang zu geben. „In manchen Bereichen wäre es aber ganz sinnvoll, dass man vielleicht auch Freiflächen erlauben würde. Gerade bei Betrieben, die große Flächen haben, die ohnehin versiegelt sind, kann das sehr von Vorteil sein.“

Solche Anlagen könne man in weiterer Folge auch rasch wieder abbauen. „Sie stehen dann nicht für die nächsten hundert Jahre, sondern sie können durchaus in 20 Jahren wieder abgebaut werden“, gibt die Forscherin zu bedenken.

Photovoltaikanlage
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PV-Anlage

Netzausbau trotz Dringlichkeit vernachlässigt

Auch immer mehr Privatpersonen möchten sich an der Energiegewinnung durch PV-Anlagen beteiligen: „Wenn es viele einzelne Erzeuger gibt, die aus unterschiedlichen Bereichen den Strom in das Netz einspeisen wollen, kann es zu einer Netzüberlastung kommen. Es wird zwar gerade stark ausgebaut, aber es ist in den letzten Jahren – obwohl die Dringlichkeit schon bekannt war – ein bisschen vernachlässigt worden.“

Die Energiewende im Kleinen wird von den globalen Krisen massiv befeuert. Termine bei Photovoltaikbauern sind zum Teil ein Jahr im Vorhinein ausgebucht. Dies sei zum einen auf die guten Förderungen in diesem Bereich zurückzuführen, sagt die Expertin: „Trotzdem muss man es sich erst einmal leisten können, sich so etwas zu installieren. Es ist ein gutes Zeichen, dass etwas passiert, aber wir hätten schon viel früher schauen können, dass in diesem Bereich zum Beispiel mehr Arbeitsplätze geschaffen werden und es viel mehr Elektriker und Elektrikerinnen gibt, die solche Anlagen montieren können.“ Gleichzeitig bestehe im Moment aber auch ein Lieferengpass bei den Modulen.

Arbeiter auf der Photovoltaik-Anlage
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„Für Blackout-Vorsorge hilfreich“

Immer wieder ist von einem möglichen Blackout die Rede. Erneuerbare Energie könne diesem Szenario entgegenwirken, so Dworzak: „Sie sind eher eine sicherere Quelle. Wenn eines von vielen großen Kraftwerken ausfalle bestehe ein großes Problem. Wenn wir aber viele Windräder und Einzelerzeuger mit Photovoltaikanlagen haben ist ein Ausfall nicht so schlimm, wenn ein Teil davon ausfällt, weil es die anderen abfedern können.“

Auf die Frage von ORF Kärnten-Redakteur Bernd Radler, wie Unternehmen die von der EU vorgegebenen Klimaschutz-Ziele erreichen können, meint die Wissenschaftlerin: „Wir haben diesbezüglich auch Forschungen betrieben – gerade in Unterkärnten, wo wir eine energieintensive Industrie haben. Im Moment ist es sehr schwierig für die Unternehmen, überhaupt etwas zu machen. Da werden die Ziele bei weitem noch nicht erreicht.“ Die Pandemie habe viele Einbußen mit sich gebracht und auch die Energiekrise oder nicht verfügbare Rohstoffe erschweren die Lage. Vielfach sei dadurch auch nicht die Bereitschaft gegeben, etwas zu machen.

Pärchen im Gegenlicht vor Außenpool
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Tourismus sollte auf erneuerbare Energieträger setzen

Der Klimawandel bringe mit sich, dass es in Kärnten weniger Schnee gibt und dadurch mehr Strom für die Erzeugung von künstlichem Schnee benötigt werde: „Wenn wir das nicht hinbekommen, wird es einerseits teurer, andererseits werden wir große Verluste im Tourismus haben. Der Tourismus wird eher sinken, als steigen, wenn wir nichts dagegen unternehmen.“

In einem ihrer Forschungspapiere schreibt Dworzak diesbezüglich: „Der Wintertourismus ist nicht nur Betroffener des Klimawandels, sondern auch Verursacher.“ Gerade weil der Tourismus kein unwesentlicher Wirtschaftsfaktor in Kärnten sei, müsse in Skigebieten auf die Nutzung erneuerbarer Energieträger geachtet werden. „Der Energieverbrauch ist sehr hoch – Hotels, Saunen, Liftanlagen. Wenn man es schaffen würde, erneuerbare Energieträger einzusetzen, wäre das sehr positiv.“

„Jeder kann seinen Beitrag zur Energiewende leisten“

Es sei noch nicht zu spät, um die Energiewende voranzutreiben, sagt die Forscherin: „Man kann ja in vielen Bereichen einsparen. Wenn jeder einen Beitrag leistet und wir erneuerbare Energien ausbauen, gehe ich davon aus, dass wir es schaffen, das Ruder noch herumzureißen.“ Ein optimistischer Blick in die Zukunft von einer jungen Klagenfurter Wissenschaftlerin in einem sehr spannenden Forschungsbereich.