Szene Herr im Garten
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Kultur

„Herr im Garten“: Mechanismen der Macht

Das klagenfurter ensemble zeigt derzeit ein Theaterstück, das sich mit Waffenproduzenten wie Gaston Glock beschäftigt. Spielszenen werden überprüfte Zitate aus Vorfällen mit Waffen gegenüber gestellt. Insgesamt zeigt das Stück „Herr im Garten“ das Psychogramm eines reichen Machtmenschen, der sich nur vor Wespen fürchtet.

„Herr im Garten“ entstand nach einem Hörspiel von Verena Dürr und ist nichts für schwache Nerven. Es zeigt, wie zynisch jemanden Macht werden lässt und wie gleichgültig gegenüber einem Menschenleben. Der Name Glock und die Glock-Pistole sind weltweit bekannt. Über Gaston Glock selbst und das Unternehmen wird gerne der Mantel des Schweigens gehüllt.

Der Name Glock wird in dem Stück aber kein einziges Mal genannt. „Unser Protagonist ist ja auch nicht Glock, sondern er steht stellvertretend für die Waffenlobby und all die Unternehmer, die dubiose Geschäfte machen, die unkontrollierbar sind und die Geschäfte im Graubereich machen“, sagte der junge deutsche Regisseur Stefan Schweigert.

Herr im Garten Regisseur Stefan Schweigert
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Regisseur Stefan Schweigert

Ereignisse erfunden: Zwölf Spekulationen

„Alle Ereignisse sind frei erfunden, könnten aber in ähnlicher Form stattgefunden haben. Manche Informationen sind gesichert, andere nicht. Es handelt sich um eine Spekulation in zwölf Szenen“, so der Regisseur. Schweigert beschäftigte sich monatelang mit dem Thema. Einen erhobenen Zeigefinger wird man in diesem Stück nach einem Hörspiel von Verena Dürr nicht finden.

Eine Stimme im Stück: „Ein Mann tötet 53 Menschen. Er sieht seine Tat als Verteidigungsmaßnahme. Es gelte die Grenzen Europas zu schützen. Die Pistole, die der Massenmörder verwendete, ist aus deiner Produktion.“

Szene Herr im Garten
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Trügerische Idylle in Grün

Protagonist ist alt, traurig und verbittert

Der Bühnenraum erscheint auf den ersten Blick fast wie eine Idylle: Ein kleines weißes Sommerhaus, viel Grün und ein alter Mann mit Gehstock und Hausmantel. Nur trügt dieses Bild, so Schweigert: „Da ist der Garten Eden, in den aber immer wieder eingebrochen wird und zum Thema Glock sind ja diese Einbrüche auch Fakten, dokumentiertes Material. Und das stört diese Vorstellung von Harmonie.“

Der gebürtige Villacher Gernot Piff spielt den alten Herrn in dem Stück. Die Figur ist reich und mächtig, dauernd begleitet von einem Personenschützer, der vor allem ein Auge auf die vielen Wespen hat. Für Piff versteht es sich von selbst, dass ein international erfolgreicher Waffenhändler keine sympathische Figur sein kann: „Er ist alt, traurig, verbittert und paranoid. Für mich ist er eigentlich eine tragische Figur. Wer ist schon sympathisch, der mit Waffen handelt.“

Schauspieler Gernot Piff
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Schauspieler Gernot Piff

Theater kann auch verschwiegene Themen anpacken

Das Unternehmen exportiert weltweit Waffen. In Filmen und Krimis hat die Pistole längst einen Fixplatz. Und das hat alles sehr viel mit Kärnten und seinen Menschen zu tun, betont Schweigert: „Es gibt hier am Haus einige Statistinnen und Statisten, die zum Beispiel bei Glock arbeiten, die waren immer sehr verschwiegen und meinten, sie können und wollen dazu nichts sagen. keiner redet darüber und das ist immer im Hintergrund. Und Theater ist auch teilweise spannend, weil es diese Themen auch ansprechen kann.“

Text einer Szene: „Zwei Kinder finden eine Pistole im unverschlossenen Waffenschrank ihrer Mutter vor und erschießen einer Spielgefährten aus der Nachbarschaft. Bei der Mordwaffe handelte es sich um eine zartrosafarbene Pistole aus deiner Produktion. Eine Spezialversion und kosmetische Maßnahme zur Erschließung neuer Kundenkreise.“

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Kleines Insekt tötet Giganten

Die Figur, die Piff spielt, ist für ihn rein spekulativ. Theater als Ort, der auch ein Spiegel sein und einen Anstoß zum Nachdenken bringen kann: „Ich sehe das als Schauspieler ja als Auftrag, ohne dass ich mich da jetzt zu sehr hineinknien muss, wie die Realität ausschaut. Deswegen ist ja das Stück ja so konzipiert, dass sich der Betrachter seine eigenen Gedanken machen kann. Es ist ja kein erhobener Zeigefinger da. Es ist einfach eine Spekulation in zwölf Szenen.“

Das Theater kann für Gernot Piff nur im eigenen Umfeld wirksam werden und einen anderen Blick auf bisher Gewohntes bieten. Und das gelingt dem sehr engagierten Team rund um Regisseur Stefan Schweigert sehr gut: „Wenn dieser Gigant oder selbst ernannte Gott dann von diesem kleinen Insekt getötet wird, das ist dann vielleicht Zufall oder Erlösung oder – ich weiß es nicht.“ Kein Geld der Welt kann verhindern, dass den Herrn am Ende eine Wespe sticht und er an den Folgen stirbt.

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Die Pistole zielt ins Publikum: „Was wir da immer für ein Aufheben um jedes einzelne Menschenleben machen…“

„Geschäft mit dem Tod meist im Verborgenen“

„Das Geschäft mit dem Tod läuft meist im Verborgenen.“ Dieser Satz steht am Anfang des Programmhefts. Es ist ein Programmheft als sorgfältig zusammengestellte Presseschau von Artikeln die seit 2002 zum Thema erschienen sind. Das Stück ist noch bis Ende Oktober in der Theater Halle 11 in Klagenfurt zu sehen.