Szene zwischen Johanna und Marie
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Kultur

Theater: Starke Frauen in Extremsituation

Zwei Frauen treffen einander in einer Berghütte auf der Windhöhe. Eine lebt als Eremitin in den Bergen, die andere ist auf der Flucht vor ihrem Ehemann. Das Theaterstück „Windhöhe“ von Katharina Köller zeigt verschiedene Welten, zwei Frauen in einer extremen Situation und ihre Beziehung zueinander.

Die Windhöhe liegt inmitten der Koschuta und ist 1.965 Meter hoch. „Windhöhe“ heißt auch das Theaterstück von Katharina Köller, das zuerst in Villach und dann in Klagenfurt zu sehen ist. Johanna und Marie sind zwei Frauen, die verschiedener nicht sein könnten. Johanna zog sich völlig aus der Welt zurück. Waren in ihrer Kindheit die Hunde ihre Geschwister, sind jetzt die Tiere ihre Freunde. Einmal sagt sie es ganz laut: „Ich hasse Menschen“. Doch plötzlich steht Marie vor der Tür, blutig und vor Angst völlig außer sich.

Marie und Johanna werden mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert
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Maria flüchtet sich zu Johanna

Kein Weglaufen möglich

Die beiden Frauen, die einander seit ihrer Kindheit kennen, finden sich in einer extremen Situation wieder, denn weglaufen kann man auf der Windhöhe nicht. Zwei Sichten auf die Welt prallen aufeinander, hässliche Geschichten aus der Kindheit kommen zur Sprache. Für Regisseurin Susanne Draxler geht es um die Beziehung dieser beiden Frauen: „Das Stück funktioniert für mich hauptsächlich über die Beziehung der beiden, über den Konflikt und den Raum, der losgelöst ist, man kann nicht aus der Berghütte flüchten.“

Regisseurin Susanne Draxler
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Regisseurin Susanne Draxler

Ganz am Anfang des Stücks steht, dass die Darstellerin der Johanna, Sandra Pascal, „Märzengrund“, ein Stück von Felix Mitterer über einen Eremiten in den Zillertaler Alpen, gelesen hatte: „Ich habe noch nie bei einem Buch so geplärrt, aber das war hauptsächlich wegen der Naturdarstellung, wegen dem Einssein mit der Natur, raus aus der Leistungsgesellschaft und dem Stress. Nichts mehr müssen, hoffen oder sollen, nur noch sein.“

Zuerst floh Johanna aus der Welt der Menschen, jetzt tut es auch Marie. Für beide gibt es dort keinen Platz mehr, an dem sie leben können. Beide leiden an den Folgen eines Aufwachsens bei Eltern, denen die Bedürfnisse ihrer Kinder nebensächlich waren.

Katharina Köller ist Autorin und Darstellerin der Marie
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Katharina Köller

Flucht und männliche Gewalt

Katharina Köller schrieb mit „Windhöhe“ ein hoch aktuelles Stück. Es geht um die Flucht aus einer unerträglich gewordenen Welt und männliche Gewalt an Frauen. Aber es geht auch darum, was aus dem Kind Johanna wird, das nicht dazupasst und lieber mit dem Großvater in den Bergen ist, als sich hübsch anzuziehen und zu lächeln, wie das liebe kleine Mädchen eigentlich tun sollten.

Jetzt passt Marie nicht in die Bergwelt von Johanna. Sie kann die einfachsten, für das Überleben notwendigen, Dinge nicht und ist völlig auf die andere Frau angewiesen. Marie hat einen Ehemann, der sie seit Jahren quält und schaffte es nicht, ihn zu verlassen. Von ihm stammt auch die Wunde an ihrem Kopf. Irgendwann kann sie einfach nicht mehr, so Regisseurin Draxler. Solange die Frau oder der Mann nicht tot sei, mache man nichts. „Wenn man schutzlos ist, wehrt man sich und das kann dann so ausgehen. Das ist tragisch, oder auch nicht. Das Mitleid hält sich in Grenzen.“

Sandra Pascal
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Sandra Pascal

Nicht nur Opfer

„Windhöhe“ ist gesellschaftskritisch und spricht sich deutlich gegen Femizide aus. Es wäre aber zu einfach, Marie nur als das Opfer zu sehen. Sie hatte schon als Kind Mordphantasien, allerdings nur bei einem Tier, das Johanna gepflegt und geliebt hatte. Katharina Köller bringt auf den Punkt, worum es in diesem Stück geht: „Als wir angefangen haben, das Stück zu entwickeln, war die Ausgangsfrage, wie kann man in einer kaputten Welt gut und richtig leben.“

Drei starke Frauen

Die beiden Frauen lernen langsam miteinander zu reden, einander auszuhalten und immer wieder auch zu verstehen. Am Ende stellt sich die Frage nicht mehr, ob Marie wieder hinunter ins Tal gehen wird. Katharina Köller spielt mit der Marie zum ersten Mal in einem ihrer eigenen Theaterstücke mit. Eine großartige, aber auch sehr anstrengende Erfahrung, wie sie sagt. „Windhöhe“ ist eine Theaterproduktion, an der ausschließlich Frauen beteiligt sind, so Pascal: „Wir sind starke Frauen, unterschiedlich, stur, wir haben unseren eigenen Schädel und das ist gut so.“

Sandra Pascal spiel Johanna
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Manchmal passen Rollen wie die der Johanna auch gut zum Leben einer Schauspielerin: Sandra Pascal zog wegen der Berge sogar vor fünf Jahren nach Kärnten. Sie fühle sich nirgends glücklicher als auf einem Gipfel und überlege selbst, ob sie nicht auf eine Alm abhauen solle. Der Theaterverein TatWortTheater zeigt Windhöhe mit Sandra Pascal und Katharina Köller bis 3. November im Kulturhof:Villach und ab 25. November im Ventil in Klagenfurt.