Eine Fichte wächst auf einem Kalkfelsen
ORF/Irmgard Ceesay
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Umwelt

Der Urwald am Fuße des Dobratsch

Am Fuße des Dobratsch, oberhalb der Weinitzen auf ca. 800 Metern, liegt ein naturbelassener, schwer zugänglicher Wald, in dem es auch den wärmeempfindlichen Fichten noch gut geht. Sie wachsen dort auf sehr felsigem Gelände und passten sich über die Jahrhunderte an die kargen Böden der Schütt an.

Der Wald befindet sich im steilen Gelände, große Felsbrocken aus Kalk ragen heraus. Auffällig sind die Fichten, die aus diesen riesigen Felsköpfen herauswachsen. Der pensionierte Bezirksforstinspektor und Naturliebhaber Peter Honsig-Erlenburg sagte, die Weinitzen liege im Bereich der Schütt und sei ein besonderer Bereich. Sie hießt Weinitzen, weil dort einmal Wein angebaut wurde, es gibt dort südliches Flair, mediterranen Einfluss über Tarvis her." Der Naturwald dort sei fast urwaldähnlich, ein Buchen-Fichtenwald, der die letzten 100 Jahre nicht bewirtschaftet worden sei, so Honsig-Erlenburg.

Buchen in der Schütt
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Gesunder Mischwald

„Hier hat die Fichte keinen Hitzestress“

Der Wald befindet sich im steilen Gelände, große Felsbrocken aus Kalk ragen heraus: „Die Fichte leidet unter Hitzestress aber hier hat sie offenbar keine Probleme. Sie bildet hier Stelzwurzeln und ist auf einem natürlichen Standort.“ Die Fichten passten sich über die Jahrhunderte an die kargen Verhältnisse an: „Möglicherweise schon vor dem letzten Dobratschabsturz 1348 war hier ein Fichtenwald bzw. ein buchenreicher Wald. Der Boden hat guten Humus, es gibt Braunerdeböden, der schon sehr alt ist.“

Auch die eine oder andere Kiefer gedeiht hier. Honsig-Erlenburg nennt den Wald einen „mystischen Zauberwald“. Hier könnte man ein Märchen drehen, sagte er. Es sei auch im Sommer recht dunkel, es gebe kaum Bodenvegetation, nur die Kalkfelsen ragen weiß heraus. Die bizarre Ausgestaltung der Buchen sei auch für einen Forstmann interessant.

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Der Urwald in der Schütt
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Der Urwald in der Schütt
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Buchen in der Schütt
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Parasol im Laub
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Bäume wachsen auf Felsen
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Wurzeln sind mit dem Felsen verwachsen
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Baumschwamm am Totholz
Peter Honsig Erlenburg
Bäume wachsen auf Felsen
Peter Honsig Erlenburg
Blick in die Krone einer Buche
Peter Honsig Erlenburg

Vielfalt durch Nicht-Bewirtschaftung

Der Urwald über der Weinitzen ist überhaupt sehr artenreich. Man findet hier auch Parasole, das Lungenkraut und Zyklamen. Diese Vielfalt sehe man in bewirtschafteten Wäldern selten, so Honsig-Erlenburg. Es gebe kaum Wanderer, denn der Wald ist sehr schwer zu erreichen. Zum Unterschied zu herkömmlichen Wäldern sieht man hier auch viel Totholz, das Insekten, Vögel und Wildtiere nutzen. „Den letzten Winter hat es viel Schnee gegeben, es gab viel Schneebruch. Das spielt aber keine Rolle, die Bäume, die ihre Lebensende erreicht haben, brechen zusammen. Dann gibt es wieder mehr Licht und Jungwuchs kommt nach. Es ist eine ganz dynamische Entwicklung, das sollte Vorbild für eine naturnahe Waldwirtschaft sein.“

Keine Käferschäden trotz Totholz

Die Fichten haben keinerlei Käferschäden, die Mischung sei gut. Solche Wälder seien stabil gegen Sturm, Schnee und Käfer, sagte Honsig-Erlenburg. Da viele umgestürzte Bäume und Äste herumliegen, ist der Wald ober der Weinitzen uninteressant für Mountainbiker. Auch für Touristen sei er im Vergleich zu anderen Gebieten nicht interessant. Herkömmliche Wälder wurden im letzten Jahrhundert vor allem mit Fichten bepflanzt.

Der Klimawandel zeige aber, dass man wieder mehr in Richtung naturnahe Bewirtschaftung gehen müsse, so der Forstexperte. In den letzten 20 bis 30 Jahren habe sich aber schon etwas verbessert. Ein Mischwald wäre wünschenswert. In den 1980er Jahren schnitt man jedoch die Laubhölzer heraus und erhielt dafür Förderungen. Sogar Moore seien umgepflügt worden, um Fichten zu pflanzen, „ein Wahnsinn“, so Honsig-Erlenburg. Derzeit gebe es schon Förderungen für Mischwälder, die Kahlschläge werden geringer, auch das Forstgesetz sei dafür verantwortlich. Für Honsig-Erlenburg ist das österreichische Forstgesetz das beste überhaupt, denn es sei eigentümerfreundlich, ziele aber auch auf die Ökologie ab.

„Waldbesitzer werden nicht reich“

Die Hälfte der Fläche Österreichs ist bewaldet, zwei Drittel der Tiere und Pflanzen haben hier ihren Lebensraum. Die Biodiversität sei besser geworden, auch die Forststraßen, die verteufelt werden, seien nötig, weil sie die Bewirtschaftung ermöglichen. Auch für die Waldbesitzer hat der Forstexperte Verständnis: „Sie haben es nicht leicht, die Holzpreise liegen bei denen von 1980 bei gestiegenen Kosten. Reich wird man als Waldbesitzer nicht.“

Die Wälder müssen weiterhin fit für die neuen Klimabedingungen gemacht werden, es sollen naturnahe Mischwälder entstehen. Es gebe immer Verbesserungsbedarf, aber die Wälder seien in einem guten Zustand, so Honsig-Erlenburg. Es gebe keinen Raubbau, es wachse mehr, als benötigt werde.