Mit Anfang September erhielt das Tierschutzgesetz einen neuen Zusatzparagrafen. Dieser besagt, dass das Entfernen oder Kürzen der Vibrissen bei Hunden strengstens untersagt ist und mit Verwarnungen und hohen Geldstrafen belegt wird. Eine Gesetzesänderung, die für Diskussionsstoff zwischen Hundebesitzern, Hundefriseuren und Tierärzten sorgt.
Tierfriseure dürfen Tasthaare nicht mehr kürzen
Silvia Traussnig, Inhaberin der Pfotenlounge in Lendorf, erklärt, dass es sich bei Vibrissen um die Tasthaare der Hunde handelt: "Jahrhundertelang, seit es anerkannte Hunderassen und Hundeausstellungen gibt, wurden sie gekürzt. Demnach hätte der Pudel zum Beispiel eine frei geschorene Nase. „Ich darf sie nicht mehr so schneiden, weil die Vibrissen im Weg stehen. Auch wenn zum Beispiel ein Malteser verklebte Gesichtshaare hat, muss ich diese so belassen.“ Betroffen sind Bereiche rund um die Augen, am Hals, an den Backen. Die Tasthaare können gröber und feiner ausgeprägt sein. Sie beim Scheren einfach „auszusparen“ sei in der Praxis unmöglich, so die Expertin. Viele Hunde würden ohnehin das Schneiden der Behaarung am Kopf nicht dulden.
Contra: Verklebte Tasthaare als Entzündungsherde
Liegt eine medizinische Notwendigkeit vor, dürfen die Tasthaare von Tierärzten gekürzt werden. Die Hundefriseurin ist besorgt, dass die langen und verklebten Haare ohne die Rasur zu Entzündungen führen könnten: „Das gut gemeinte Tierschutzgesetz fördert eigentlich eine Krankheit, wenn sich zum Beispiel ein Lefzen-Ekzem bildet. Das Tierschutzgesetz soll ja die Tiere schützen, aber eigentlich kann es sie auch krank machen“, so Silvia Traussnig.
Wie sollte man mit verdreckten und verklebten Gesichtshaaren also zukünftig umgehen? Johannes Riepl, Tierarzt aus Klagenfurt, empfiehlt, diese mit klarem Wasser zu reinigen: „Auf keinen Fall sollte man sie so wegkürzen, wie das bei Pudeln früher der Fall war. Man nimmt ihnen damit eine Wahrnehmung weg.“

Ohne „Sinushaare“ sehen Hunde Umgebung schlechter
Die Tasthaare dienen bei allen Säugetieren – abgesehen vom Menschen – als weiteres Sinnesorgan. Sie haben auch beim Hund eine wichtige Aufgabe. Laut Johannes Riepl dient die sogenannte Sinusbehaarung zur Umgebungswahrnehmung. „Die Sinushaare sind so sensibel, dass damit auch Luftbewegungen wahrgenommen werden können. Man weiß, dass der Hund ohne Sinushaare Futter in der Umgebung nicht so gut sieht. Die Sinushaare an den Lippen dienen dazu, es zielgenau greifen zu können. Folglich ist dieses Organ wesentlich wichtiger, als allgemein angenommen wird.“

Tasthaare liefern Hunden „wesentliche Information“
Die Vibrissen im Kopfbereich des Hundes sind nicht mit dem restlichen Fell zu vergleichen. Hundebesitzer können ihren Hund also mit gutem Gewissen weiterhin beim Hundefriseur verwöhnen lassen, nur auf das Kurzscheren des Kopfes muss zukünftig verzichtet werden. Sollte man einem Hund mit frei geschorener Schnauze begegnen, empfiehlt es sich, die Besitzer darüber aufzuklären.
„Viele wissen das nicht, weil wir Menschen dieses Sinnesorgan nicht haben. Man sollte den Besitzern klar machen, dass sie ihrem Hund eine wesentliche Information vorenthalten“, sagt Tierarzt Riepl.